Also doch schon gestern und viele Emotionen

Die Nachricht, dass die LP 211 „nächsten“ (proximo) Samstag eröffnet werden soll, hatte das Cabildo am Freitag veröffentlicht. Zumindest ich habe das so verstanden, dass die Straße dann eben nächsten Samstag eröffnet werden soll, ansonsten hätte da ja „diesen“ (este) gestanden. Spät am Freitag Abend veröffentlichte aber dann die Presse die Meldung noch, und das mit dem Wort diesen. Und siehe da, genauso war es, wir sind da gestern schon rübergefahren. Zum Bilder machen war es zu dunkel, wir haben Gäste nach Puerto Naos gebracht und sind dann über den Majada hoch und dann die neue Strecke runter bis nach La Laguna. Und da war ordentlich Verkehr, wobei uns nicht klar war, ob die ganzen Autos aus San Nicolas kamen oder da hinwollten, weil da ja am Abend die Virgin Station gemacht hat, oder ob die Leute, ähnlich wie wir, die Straße testen wollten. Tempo 30 sind vorgegeben, und es ist auch noch keine endgültige Fahrbahnmarkierung angebracht. Auch fehlen noch Schilder, die auf etwaige Gefahren durch die unter Umständen noch Warme Lavamasse hindeuten. Überall stehen am Rand noch Bagger und LKWs, man ist also noch nicht ganz fertig hat die Strecke aber nun freigegeben, nachdem gestern die Virgin unter viel Tamtam und Emotionen da am Kirchplatz Station gemacht hat. Hier traf die Jungfrau auf die Figur des Schutzheiligen von Todoque Pius X, der mit eigenem LKW zur alten Wirkungsstätte angereist war. Die ehemaligen Bewohner haben dort dann noch Blumen niedergelegt und es wurde am Kirchplatz eine Gedenktafel enthüllt, die an die alte Kirche erinnert. Auch der Pater der während des Ausbruchsgeschehens die Menschen aus Todoque betreut hatte war anwesend, und sorgte, laut Presse mit dem Ausspruch „Ich wünschte, mehr Kirchen wie die in Todoque würden einstürzen, und nicht unsere persönlichen Kirchen, unsere Häuser“, für Aufsehen. Diese Aussage hat es aber auch in sich, wenn man bedenkt, dass die Kirche nicht von der Curie erbaut wurde, sondern von den Bewohnern aus Todoque selbst. Die Sensibilität, dass die individuellen Verluste der Betroffenen nicht nur finanziell, also der rein materielle Wert, sondern eben auch Heimat („persönliche Kirche“), entsprechend höher zu bewerten sind, ist natürlich begrüßenswert. Allerdings kann ein individueller Verlust eben auch weit über das persönliche Eigentum an der eigenen Grundstücksgrenze hinausgehen. Der Verlust des gesamten Ortes kann für die einzelnen auch schwer zu verpacken sein, und betrifft sogar noch mehr Menschen, als die ehemaligen Bewohner von Todoque. Betrachtet man gerade die Neueröffnung der Straße dann geht es um mehr als nur um eine Zeitersparnis für die Menschen, die von A nach B müssen. Zu sehen, dass man dem Vulkan wieder etwas abgetrotzt hat, kann ungeheuer befriedigend sein. Vor 4 Jahren lagen alle hilflos auf dm Rücken und wussten nicht, wie es weitergehen soll, und ob man in absehbarer Zeit jemals wieder von Los Llanos nach Las Manchas kommt. Jetzt gibt es bereits die dritte Straße über die Lava und überall, an den Rändern entstehen Häuser, Plantagen und sogar eine Bananenverpackungshalle. Und natürlich leben immer noch einige in Containern und sind, ob ihrer individuellen Situation frustriert, weil man einfach, mit begrenzten finanziellen Mitteln gerade nichts zum Wohnen findet. Mit dem Problem müssen sich aber gerade auch viel andere rumschlagen und da liegt in Sachen Wohnraum etliches im Argen, was auch unmittelbar mit dem Vulkan zusammenhängt. Die Gruppe der „Verlierer“ ist viel größer als man auf den ersten Blick denkt. Die Diskussion, welche Folgen und Auswirkungen der Vulkan für die Bewohner der Insel und besonders für die Bewohner des Tales als ganzes hatte, findet aber bislang nicht wirklich in der Öffentlichkeit statt. Und wenn es darum geht, dann ist meist nur die Rede von den finanziellen Auswirkungen. Der psychologische Aspekt ist bislang nicht da große Thema.