Wieder mal zuhause bleiben

Weite Teile von El Paso dürfen wieder nicht nach draußen. Der Grund ist die Zement-bzw. Bloquefabrik im Industriegebiet, die heute im Laufe des Tages in Flammen aufgegangen ist.  Was da so verbrannt ist, scheint nicht klar zu sein, und da hat PEVOLCA die Leute erstmal nach drinnen geschickt. Man ist da wohl immer noch mit der Analyse beschäftigt. Dass das Zeug nicht gesund ist, erscheint logisch. Und wir haben gerade wenig Wind, deshalb bleibt das hier im Tal hängen. Man hat aber versprochen, dass man sich meldet, sobald man näheres über die auftretenden Gase wissen würde. Im Moment raucht es von da unten gar nicht mehr, also nicht wie am frühen Nachmittag, als eine große schwarze Wolke zu erblicken war. Wir wohnen an der Grenze zum Hausarrestgebiet und können raus, um das zu beobachten. Bisher gab es für die Eingesperrten aber keine Entwarnung. Man wartet auf Wind, der das Zeug einfach wegträgt, dann ist es auch nicht mehr wichtig, ob das jetzt giftig ist oder nicht. Der Punto Limpio darunter ist aber schon „limpio“ gemacht. Auf den Drohnenaufnahmen ist zu sehen, dass da nichts mehr rumsteht, was bei Feuer für schlechte Luft sorgen könnte. Die Lavazunge, die den Brand verursacht hat, scheint ordentlich langsam geworden zu sein, und ist seit gestern nur wenige Meter vorwärts gekommen. Das ist die, die am nächsten an La Laguna ist. Und das ist erstmal wieder beruhigend.

Der Vulkan ist ruhig und rauchig. Außer dem vorderen Lavaaustritt ist nicht wirklich etwas zu sehen. Lava fließt aber, und das macht einen irgendwie stutzig. Es scheint, als ob es an allen Stellen nicht mehr wirklich voran gehen würde, und man stellt sich die Frage wo das Zeug hinläuft. Wohl eher in die Breite, was wieder richtig schlimm ist. In Pedregal unterhalb des Industriegebietes, hat es heute wieder einige Häuser erwischt.

Ansonsten wird man gerade als Ferienhausvermittler von der Presse gefragt, wie man das denn in der Zukunft sehen würde und ob wir noch Arbeit hätten. Die Arbeit beläuft sich gerade auf das Stornobeantworten, bzw. den Gästen mitzuteilen, dass man ja noch gar nicht wisse, wie das im Januar hier aussehen würde. Wenn der Vulkan weiterspuckt, dann ist hier im Tal ja nicht an Urlaub zu denken. Das geht einfach nicht und wir wollen auch nichts verkaufen, was wir gar nicht haben. Wir können gerade gar nichts machen außer auf das Ende zu warten und dann muss man mal sehen, welche Häuser noch stehen, bzw. ob die, die es überlebt haben, erreichbar sind. Selbst den Hartgesottenen La Palma-Freunden muss man gerade sagen, dass es einfach nicht geht. Selbst wenn die meinen, dass ihnen Asche, Gestank und vulkanisches Gebrüll nicht wirklich etwas ausmachen könnten. Dennoch glaube ich, dass auch derzeit ein Aufenthalt auf der Insel möglich ist. Die Ferienhausbesitzer, die ihre Unterkunft dem Cabildo Insular zur Verfügung gestellt haben, haben das längst getan, der Rest wird das wohl jetzt auch nicht mehr machen, wobei das eben auch nur eine Erfahrung ist, die wir mit unseren Hausbesitzern gemacht haben. Aber oben im Nordwesten kann man theoretisch schon sein. Auch die Ostseite (Mazo nicht gerade, wegen der Beben), ist mehr oder weniger wie immer. Klar, es ist auch dort möglich, dass man Asche auf sein Haupt bekommt. Aber unsere Fluchtversuche, die wir in den letzten Wochen mit den Kindern unternommen haben, zeigen ein ganz anders Bild. Allein das Kaffeetrinken in der Bar im Zentrum von La Punta war eine ganz andere Welt. Die Männer, die dort an der Theke gestanden haben, waren am feixen und es gab Gelächter. Die wissen alle, was hier gerade passiert, aber es existiert auch noch ein normales Leben, von dem hier im Tal gerade nichts zu spüren ist. Vielleicht sollten die, die einen Flug mit unkulanten Fluggesellschaften gebucht haben, sich die Nordvariante dann doch mal durch den Kopf gehen lassen. Es ist natürlich nicht wie immer, aber wenn man weiß, worauf man sich da einlässt, dann kann das schon klappen. Erstbesucher, die nicht wegen dem Vulkan kommen, wird es gerade eher nicht nach La Palma ziehen. Und das mit dem Vulkantourismus bleibt ja auch heikel. Dass es Menschen gibt, die so etwas mal miterleben wollen, kann man sicher verstehen, für die Betroffenen, die unter dem Vulkan leiden, ist das allerdings kein Naturereignis, sondern ein Drama. Aber eine Verurteilung dessen, kann es auch nicht pauschal geben. Wer hier anreist um den Vulkan zu sehen, und dem bewusst ist, dass es sich diesmal eben nicht um den Teneguia handelt, sondern um ein zerstörungswütiges Aas, der kann ja eigentlich auch kommen. Die Empathielosen mögen bitte wegbleiben. Die Frage, ob das in der momentanen Situation passend ist hier seinen Urlaub zu verbringen, kann man sicher nicht so einfach beantworten. Vielleicht hängt es davon ab, wen man fragt. Jeder der sagt, dass das kein Problem sei, hat sicher nicht recht, der, der sagt, dass es gar nicht gehen würde liegt aber vielleicht auch daneben. Für manche hat der finanzielle Überlebenskampf nämlich schon begonnen. Ich meine nicht uns damit, wir haben ja nur Häuser im Tal, und da sollen Sie ja gerade gar nicht hinkommen. Aber fragen Sie mal eine Kioskobetreiberin in Puerto Tazacorte, die einem erzählt, dass Sie evakuiert wurde und damit rechnet, dass das Haus, das ihr Vater ihr gebaut hat, demnächst weg sein wird. Die sperrt aber dennoch ihren Laden jeden Tag auf und obwohl die ganze Konkurrenz zu hat, kommt einfach niemand zum Fischessen vorbei. Es gibt einfach keine pauschalen Wahrheiten gerade.