Wir warten gerade gebannt, was am Montag passieren wird. Der Grund für die Warterei sitzt in Madrid und hört auf den Namen Pedro Sanchez. Seines Zeichens spanischer Ministerpräsident und Chef der sozialistischen Partei PSOE. Der hat nämlich angekündigt, dass er sich gerade überlegt die Brocken hin zu schmeißen und kokettiert öffentlich mit seinem Rücktritt. Hintergrund dafür ist die Tatsache, dass gegen seine Ehepartnerin Begoña Gomez von einem spanischen Ermittlungsrichter wegen Vorteilsnahme ermittelt wird. Grundlage dafür war wiederum eine Anzeige der rechtsradikalen Pseudogewerkschaft Manos Limpias (saubere Hände), die gerne Anzeigen gegen Ihnen unliebsame Personen und Institutionen am laufen haben. Nicht die einzige Sperrspitze war eine Klage gegen das Kinderfernsehen, weil da angeblich die Kinder zu Homosexuellen umerzogen werden sollten. In der Vergangenheit hat dieser Verein auch mehrfach „Sachverhalte“ zur Anzeige gebracht, und den Angezeigten, angeboten, die Anzeige gegen Bezahlung zurück zu ziehen, was wiederum Ermittlungen gegen die blitzsauberen Händchen nach sich zog. Mittlerweile kommen auch immer mehr Inhalte der Anzeige fegen die Ehefrau von Sanchez ans Licht, und es handelt sich fast ausschließlich um eine Wulst von zusammengetragenen Zeitungsausschnitten. So dermaßen ungeprüft, dass sogar ein Teil der Anzeige auf Anschuldigungen gegen eine andere Person, mit dem gleichen Namen beruht. Die Vertreter von Manos Limpias waschen da ihre Fingerchen unschuldig und geben grinsend zu Protokoll, dass es ja gar nicht ihre Aufgabe sei, das inhaltlich zu prüfen, das müssten ja dann Gerichte und Staatsanwälte machen. Und die zuständige Staatsanwaltschaft hat sich nun auch zu Wort gemeldet und hat die Einstellung des Verfahrens gegen Begoña Gomez gefordert. Man geht sogar einen Schritt weiter und hat nun Beschwerde an höherer Stelle gegen den Richter, der das Verfahren angenommen hat, eingelegt. Zwar sei das formaljuristisch gedeckt, aber findet in der Praxis so gut wie niemals statt, dass ein Richter ein Verfahren einleitet, ohne zuvor mit der Staatsanwaltschaft zu sprechen. Vor dem Hintergrund der Tatsache, von wem die Anzeige kommt, und eben auch, dass diese, bei einfachem Durchsehen vor Fehlern (andere Person) nur so strotzt, laufe man Gefahr sich politisch instrumentalisieren zu lassen, was eines Rechtsstaats unwürdig sei. Das sagt wohlgemerkt die Staatsanwaltschaft.
Sanchez wiederum ist abgetaucht, nachdem er mit einem Schreiben an die Öffentlichkeit ging und da mitteilte, dass er gerade am Überlegen sei, ob er sich und seiner Familie, diese Schikane noch weiter antun soll. 5 Tage legt er seine Amtsgeschäfte auf Eis und will am Montag seine Entscheidung verkünden. Der Ministerpräsident teilt aber mit, dass er den Rechten der Volkspartei PP und den Rechtsradikalen von VOX die Verantwortung dafür gibt, wie gerade im Land miteinander umgegangen wird. Ganz unrecht hat der Mann nicht. Wenn man schon in Deutschland feststellen kann, dass der Ton in der Politik zunehmend populistischer und schreihalsiger, dafür aber weniger inhaltsvoll wird, dann sind wir hier schon lange drüber. Fakenews und Propaganda gehören hier nach trumpschen Vorbild längst zur Normalität, und im momentanen Ablauf zeigt sich das besonders. Ob an der Klage wirklich etwas dran ist, das muss sich zeigen, momentan wirkt es aber eben gar nicht so, wenn selbst die Staatsanwaltschaft behauptet, dass das alles Blödsinn sei. Der kurzfristige Rückzug von Pedro Sanchez sorgt aber auf konservativer Seite direkt für mächtig Ärger. So fordern die Vertreter von PP und VOX, dass der Mann wirklich zurücktreten soll, weil gegen seine Frau ermittelt wird, und aus den 5 Tagen Überdenkzeit macht man eine offizielle Show, bei der der Ministerpräsident nur versuchen würde sich als Opfer einer Kampagne zu generieren anstatt Konsequenzen aus dem Fehlverhalten seiner Frau zu ziehen. Die rechte Presse, hier in Spanien haben fast alle Zeitungen eine Tendenz, zieht da richtig mit und hat den Tag der Entscheidungsverkündung auch gleich noch dramatisiert. Obwohl man ja erstmal ganz einfach nachvollziehen kann, dass man nach dem Wochenende bescheid sagt, schließlich gehören zu einem möglichen Rücktritt auch die Meinungen von Familienmitgliedern, ist erstmal nicht so wichtig. Den 29 April hat man als Datum durch die Suchmaschinen oder die alten katholischen Bücher getrieben und festgestellt, dass das der Tag des „heiligen Petrus von Verona“ ist. Zumindest schreibt man da gerade einhellig und scheinheilig, weil man ja behauptet, dass Pedro Sanchez gerade ein Drama abziehen würde um sich zum Opfer zu machen. Wie toll ist es also, dass er seinen möglichen Rücktritt, den sich so einige so sehr wünschen, am Tag des „San Pedro“ bekannt geben will. Das passt in die Erzählung, dass sich der häutige Pedro, ganz nach heiligem Vorbild, ebenfalls zum Märtyrer machen will. Man unterstellt da nun eine Absicht. Allerdings gibt es diesen Heiligentag am 29. April gar nicht mehr. Den hat die Kirche im zweiten vatikanischen Konzil in den 60gernauf den 6 April, den Todestag des Heiligen verlegt. Die Dominikaner, bei dessen Verein der Mann Mitglied war, haben einen eigenen Ehrentag am 6. Juni. Aber Fakten sind gerade nicht so wichtig, sondern Stimmung machen. Die PSOE wiederum veranstaltet gerade landesweit Solidaritätskundgebungen um den Chef zum Weitermachen zu bewegen. Was an der Rücktrittsankündigung wirklich dran ist, kann man nicht sagen. Zum einen hat der Pedro ein ganz gutes Machtgefühl und auf dem Hintergrund fällt es schwer an einen Rücktritt zu glauben. In der Vergangenheit hat Sanchez aber auch immer wieder völlig unerwartete Geschichten durchgezogen, dass es ihm eben zuzutrauen wäre. Was im Falle eines Rücktritts, ob sofort oder in einigen Monaten passieren wird, muss man abwarten. Allerdings muss man auch an die staatspolitische Verantwortung appellieren. Bei Neuwahlen würde uns hier eine Regierung mit offen rechtsextremer Beteiligung von 20 % ins Haus stehen. Brandmauer gibt es hier schon lange nicht mehr. Es geht komplett nur noch „wir gegen die“.