Gastbeitrag von Mathias Siebold
Donnerstag, 27.02.2020 – 19:00 Uhr – El Paso – Westseite – 540 m Höhe
Temperatur: 23 Grad – Niederschlag: 0 mm – Luftfeuchte: 75 % – Luftdruck: 1022 hPa
Höchsttemperatur gestern: 24,5 Grad – niedrigste Temperatur: 15,4 Grad
An die zwei Stunden habe ich gestern Abend meinen täglichen Taburiente-Trail verlängert. Ich war mit einem Nachbarn auf der Suche nach einer möglichen Leckage an unserer Wasserleitung. – Wir haben keine faule Stelle gefunden, wo die Leitungen kaputt wären. – Schade eigentlich, denn dann wäre unser Problem eigentlich auch leicht zu beheben. Im Moment wäre es auch ziemlich einfach, einen solchen Rohrbruch zu erkennen, man müsste nur die einzige grüne Fläche im Umfeld finden. – Der positive Umkehrschluss lautet: Noch nie in einem Winter wurde so wenig Glyphosat verwendet, wie 2019/2020. – Klar, keiner muss Herbizide spritzen, da es kein Herb zum ziden gibt. – Die Suche nach der möglichen Leckage am Rohr hat auch mit der momentanen Dürre zu tun. Jetzt fällt halt noch schlimmer auf, wenn die gewohnte Menge an Wasser nicht den Endverbraucher erreicht. – Früher, als alles nasser war, und nur manches besser, da reklamierte niemand im Winter die ankommende Wassermenge, da ja niemand gießen musste. – Jahrelang lief in den Monaten zwischen Oktober und März unser Gießwassertank über, seit ein paar Jahren nun, muss ich laufend Wasser zukaufen. – Meist Stadtwasser, welches über eine Wasseruhr abgerechnet wird. Oder das Druckwasser einer „Comunidad de Regantes“, einer „Gießgemeinschaft“. – Allerdings liegt bei dem Wasser der Preis für einen Kubikmeter auch bereits bei über 60 Cent und es handelt sich dabei um Wasser aus offenen Tanks, also nicht um Trinkwasser. – Das gechlorte Stadtwasser ist allerdings Trinkwasser, aber hier steigt der Preis bis zu 1,60 Euro pro Kubikmeter, wenn man mehr als 30 dieser Einheiten im Zweimonatstakt verbraucht. Das mag Ihnen jetzt günstig vorkommen, aber wer Landwirtschaft betreibt und das im Einflussbereich der Sahara, der kommt mit ein paar Kubikmetern nicht weit. – Allerdings ist das „Bananenwasser“ noch günstiger, aber auch hier steigen die Preise und sinken die Zuteilungen, da man einfach den dritten Dürrewinter nicht ungesehen wegstecken kann.
Mein Nachbar und ich waren aber auf der Suche im verworrenen Netz des „Privatwassers“, welches man als Anteile oder Aktien kaufen kann und mieten. – Dieses Wasser wird ja nicht per „Uhr“ berechnet, sondern man bekommt die erworbenen Anteile stetig zugeleitet. – Das geschieht durch die Abertausenden Leitungen, meist aus galvanisiertem Metall, welche sicherlich auch bereits jedem Inselgast aufgefallen sind. – Wie Adergeflecht liegen diese Leitungen auf der Insel und erfüllen auch eine ähnliche Funktion. – Die Wasserfirmen, welche irgendwann mal einen Stollen in den Berg gegraben haben und auf eine wasserführende Schicht gestoßen sind, die leiten nun das Wasser an große Verteilerstellen, welche sie selbst betreiben. – Vor dort aus allerdings muss der Eigentümer des Anteils, oder des Wasserrechts selbst für den weiteren Transport in sein Heim sorgen. – In fast allen Fällen bedient man sich hierzu eines privat organisierten „Ramal“, welcher meist aus einer Gemeinschaft von Hauseigentümern der zu beschickenden Umgebung besteht. – Diese nun sorgen gemeinschaftlich dafür, dass aus den großen „Cajitas“ der Wasserversorger das Wasser zunächst in Sammelrohren in die unmittelbare Nähe der Gemeinschaft gelangt. Von dort aus, durch kleinere „Cajitas“ (Kästchen, hier aber Wasseraufteilungsstation) weiter verzweigt, dann den einzelnen Häusern geschickt. – Auch unternehmen diese „Ramales“ das Mischen von Wasser aus mehreren Firmen, da es durchaus üblich ist, nicht nur das Wasser einer Firma (z.B. Aguas de Aridane, oder La Plata) zu besitzen oder zu mieten.
Daher kommt auch immer die Notwendigkeit, nicht nur eine Wasseraktie zu besitzen, sondern zudem noch das Durchlaufrecht durch den lokalen „Ramal“. Man bezahlt also die Aktie, Kauf oder Miete, dann zusätzlich die jährlichen Instandhaltungsbeiträge und auch noch das Durchlaufrecht, sowie die Beiträge für den regionalen „Ramal“. Wenn das alles geregelt ist, dann laufen einem die erworbenen Anteile des Galeriewassers permanent zu und man muss eben im Haus auch darauf achten, dass man die notwendigen Gefäße und Tanks hat. – Es gibt übrigens kein Recht auf eine bestimmte Menge, sondern immer nur das Recht auf einen bestimmten Anteil des Gesamtwassers der Firma. So habe ich zum Beispiel zwei Anteile von 1.600. – Siehe Bilder unten. – Die zugeleitete Menge an Wasser kann durchaus über die Jahre und Jahreszeiten schwanken und nur vage bekommt man Auskunft darüber, wie viel einem denn momentan eigentlich zustehen würden. – Diese Menge wird meist in Gramm pro Minute angegeben und mal als Beispiel: Im Jahr 1978 rechnete man für einen Anteil an der „Empresa Hidraulica de Aridane“ mit gut einem Kilo pro Minute, also etwas mehr als einem Liter, heute erwartet man knappe 400 Gramm. – Wer deutlich weniger erhält, der muss sich an seinem „Llavero“ wenden, also den Schlüsselmann. – Sollte der Zeit und Lust haben, dann geht der mit einem zusammen zur „Cajita“ und führt dann vor, dass alles in Ordnung ist. Weniger Wasser gäbe es nur, weil eben weit oberhalb gerade ein Rohr kaputt sei und daran gearbeitet wird. – Deswegen kommt gerade weniger Wasser in der Cajita an als gefordert und so müssen sich alle mit weniger zufrieden geben. – Natürlich gibt es dann auch noch angeschwemmte Blätter oder Eidechsenschwänze, welche den einen oder andern Auslass im Wasserverteiler blockieren und meist bleibt dem Llavero auch nichts anderes übrig, als nur ein bisschen das Moos vom „Fiel“ zu kratzen, um den Anschein zu erwecken, doch noch dienstbar gewesen zu sein.
Das „Fiel“ (der/die Treue) ist die, hoffentlich komplett waagrechte Ablaufrinne, über welche das Wasser dann in die einzelnen Rohre fließt. – Als „Fiel“ wird übrigens auch das Zünglein an der Waage genannt und irgendwie ist es für mich selbstverständlich, gerade in diesem Moment an die Familie Balek zu denken. – Wie viel Wasser nun in die einzelnen Rohre läuft, das wird, zum Teil abakusbrechend errechnet. Mit Hilfe von Holzklötzchen, welche auf dem „Fiel“ liegen, bildet man nun vor jedem Ablaufrohr einen Kanal, welcher von der Breite her eben dem entsprechenden Anteil des Wassers in die einzelnen Rohre leitet. Diese Lücke zwischen den Holzklötzchen steht für die Menge an Wasser, der dem Beglückten eben am Ende des Rohres zustehen soll. – Das Verschieben dieser Holzklötzchen (Tacos) gleicht einem hoheitlichen Akt und erinnert mich immer an die, meist nächtlich stattfindenden Grenzsteinwanderungen im Bayrischen Wald. – Das kann alles höchst kompliziert sein und die Nachbarn, welche einen solchen „Ramal“ betreiben, sollten sich auch gut verstehen, sonst passiert das, was bei uns vor vielen Jahren bereits geschehen ist:
Die Nachbarn haben sich verkracht und es gibt für uns keinen offiziellen „Ramal“ mehr. Damit auch niemanden, der dafür zuständig ist, die „Tacos“ über das „Fiel“ zu schieben oder überhaupt, dem man sein Leid mit viel zu wenig Wasser klagen könnte. – Es gab durchaus Bemühungen, das wieder in geordnete Bahnen zu bringen, allerdings schmissen es manche einfach wieder hin, weil man an die 50 Nachbarn in Einklang bringen musste und das in Sachen Wasserversorgung auf der Insel nicht ganz simpel ist. – Andere wiederum zogen es vor, einfach zu sterben und nicht nur das Wissen um die Belegung der Rohre und wer wie viel Wasser bekommen soll, einfach mit auf den letzten Weg nahm. – Inzwischen wird es kritisch mit der lächerlichen Menge, welche bei den einzelnen Nutzern ankommt und das hat auch einen erklärbaren Grund. – Manche haben ihr Wasser inzwischen verkauft, vermietet oder umleiten lassen, da sie weggezogen sind. – Das teilt man der Muttergesellschaft mit, in Zukunft gehört mein Wasser Don Fulanito, oder ich ziehe um, schickt meine Anteile bitte an den Verteiler mit der Nummer Dingenszahlen. – Das machen die Firmen dann auch und kürzen entsprechend das Wasser, welches nun in den „Ramal“ geleitet wird, welcher bislang damit beschickt wurde. – Da sich aber niemand mehr darum kümmert, das nun weniger gewordene Gesamtwasser des nachbarschaftlichen Leitungssystems anzupassen, erhalten schlichtweg alle Rohre weniger Wasser. – Derjenige, welcher nun weitergezogen ist, oder sein Wasser verkauft hat, der hängt dennoch weiter am „Ramal“ und bekommt weiter Wasser, da ja niemand zuständig ist, sein Rohr zu kappen oder zu verstopfen. – Böse Zungen behaupten sogar, das habe sich inzwischen herumgesprochen und so würde man, Jesusähnlich zwar nicht Wein aus Wasser machen, aber eben aus wenigen Anteilen einfach ein paar mehr. – Böse Zungen gibt es allerdings in dieser Webseite nicht, denn beim Wein und beim Wasser sind auf La Palma immer alle ehrlich und ich werde niemals etwas anderes behaupten und schon gar nicht das Gegenteil vom Gegenteil des Gegenteils.
Wie man nun aus dem Schlamassel wieder herauskommt? – Man müsste eine neue „Ramalverwaltung“ gründen. – Aber mit allem Drum und Dran, Steuernummer, eingetragener Verien, Name, Präsident, Vize, Sprecher, Kassenwart und dann müsste man eben alle Zapfstellen identifizieren. – Diese Namen dann mit der Einleitung des Wassers der den „Ramal“ beschickenden Firmen vergleichen und dann den vielen „Fremdzapfern“ sagen: „Morgen habt ihr kein Wasser mehr, denn wir sägen euch das Rohr ab.“ – Begeisterungsstürme heben an und die Schar Freiwilliger, die sich in der Nachbarschaft dauerhafte Feinde machen wollen, ebbt einfach nicht ab. – Klar, dass da jeder, noch weit vor Drei, im Tank verschwunden ist und immer mehr Leute drohen so, ihren Wasseranteil zu verkaufen oder zu verleihen. – Das gibt natürlich eine weitere Spirale nach unten, aus den oben genannten Gründen und wie das nun schließlich weitergeht, wir wissen es noch nicht.
Ganz persönlich werden wir wohl den Großteil des Grundstücks nicht mehr bewässern und so mit dem wenigen Wasser und zusätzlichem Stadtwasser unsere beiden Ferienhäuser beschicken und einen kleinen Hausgarten. – Das ist natürlich absolut unbefriedigend, aber leider auch kein Einzelfall und lässt mich den Wunsch in die Welt schicken, Leute, vertragt euch mit euren Nachbarn. – Und natürlich verstärkt die Dürre den Druck auf alle Beteiligten und langsam, aber gewiss, bricht das System mit den Wasseraktien auf der Insel zusammen. – Nicht, dass nun diese Aktien damit plötzlich an Wert verlieren würden, aber irgendwann wird dieses Verteilungssystem nicht mehr bedient werden und die Aktionäre ihren Wasseranteil wohl über die öffentliche Wasserversorgung erhalten müssen. – Wann das sein wird und ob man überhaupt so viel Vernunft aufbringen will, das kann ich nicht sagen. – Vielleicht nicht verkehrt, die Verluste über die unzähligen Verteilerstationen und privaten Rohrverbindungen sind enorm und nur in Zeiten des Wasserüberschusses noch skurril oder gar als schrullig zu betiteln. – Jetzt, wo das Wasser an allen Ecken und Enden fehlt, ist ein solch archaisches Verteilersystem deutlich obsolet.
Ich habe ein bisschen ausführlicher über das Thema Wasser geschrieben, weil es einfach akut ist und auch viele Leute das Innenleben der Wasserverteilung auf der Insel gar nicht kennen. – In anderen Regionen der Insel gibt es übrigens auch durchaus andere Systeme der Verteilung, aber auf alle Fälle lernen wir: Das Gut Wasser in privater Hand funktioniert nur einseitig. – Wer Wasser hat, der hat. Wer nicht, der ist ein armer Tropf und hängt an diesem.
Hier nun auch wieder die inselweite Diskussion, noch deutlich vor dem gekrönten Virus, ob man denn nun den Wasservorrat hinter dem „Túnel de Trasvase“ auch noch anbohren soll, oder nicht. – Da fahren Interessengruppen nun Wasserbesserwisser bunter Provenienzen auf und jede Gruppe hat ihre Losungen und Lösungen. Wer irgendwie am Wasser verdient, der ist gegen eine Öffnung und wer durch den hohen Wasserpreis bedroht ist, der ist für eine größere Abschöpfung der „Inneren Werte“ der Insel. – Wobei in der ganzen Diskussion nur teilweise die richtigen Fragen gestellt werden und man natürlich nur auf richtige Fragen hin auch richtige Antworten finden könnte. – Einmal geht es darum, ob das Wasser unter Cumbre Nueva fossilen Ursprungs ist oder nicht. – Das wir wohl diskutiert, allerdings dachte ich schon, diese Frage sei von Spezialisten bereits vor vielen Jahren mit der Aussagen Nein beantwortet worden. – Niemand allerdings fragt, ob denn der dort, mehr oder weniger große Wasservorrat denn „sicher“ ist, oder auch, Tropfen für Tropfen, selbst ohne humanes Zutun durch die Insel in den Atlantik verschwindet. – Das scheint zumindest plausibel, Basalt ist ein sehr poröses und brüchiges Gestein und hat keine guten Eigenschaften, Dichtigkeit gegenüber Flüssigkeiten zu zeigen. – Dritte Frage wäre, warum wir eigentlich so viel Wasser benötigen und hier treffen wir auf ein Tabu-Thema, die Bananen.
Wir brauchen jetzt gar nicht weiter ins Detail gehen. Ohne langfristig ausgelegten und gegenfinanzierten Strukturwandel können wir auf die Einnahmen aus dem subventionierten Bananenanbau überhaupt nicht verzichten. – Darum ja immer die, fast schon verkrampfte Suche nach, mindestens einem weiteren Standbein neben Landwirtschaft und Tourismus. – Wir sehen ja auch, wie schnell das gehen kann, im Geschäft mit den käuflichen Besuchern. – Nach den vielen Pleiten der Fluggesellschaften, welche nach La Palma fliegen, bekam man ja plötzlich wieder a LOT of hope. – Aber der weiße, polnische Adler hat dem Kondor die Flügel gestutzt und schon bricht unserer touristischen Branche ein Zacken aus der Corona und fühlt sich unpässlich. – Mal sehen, ob andere Fluggesellschaften die nun geöffneten Lücken in unserer Einflugschneise ausfüllen wollen. – Dabei dürfen wir eben auch nicht vergessen, dass Billig-Carrier nicht mit den Reiseveranstaltern kooperieren und wir hier auf der Insel noch lange nicht auf Pauschaltourismus gänzlich verzichten können. – Da war dann auch noch der Zacken und die Krone, also das, was die Leute dazu bringt, plötzlich Masken zu tragen und sich nach dem Pinkeln die Hände zu waschen. – Je nachdem wie das läuft, schließt man da schnell mal ganze Destinationen und ich weiß gar nicht so recht, ob ich da unseren Verantwortlichen mehr Glück, oder mehr Verstand wünschen soll. – Schon haben wir das nächste Tabu-Thema und in der Tat scheint man ja, nicht das Virus, wohl aber die negativen Folgen für Gesellschaft und Wirtschaft herbeireden zu können. Aber das wird wohl eher eine vorübergehende Geschichte sein und wenn die Chemtrailschutzgruppe Tinizara Nord erst statt der Aluhüte Atemschutzmasken klöppelt, dann kann uns doch sowieso nichts mehr passieren.
Dann war da noch der Clooney Schorsch auf der Insel und das hat wirklich ein paar Tage einen Hauch von Glamour auf unser Eiland gezaubert. – Der und seine Filmtruppe, die hatten übrigens totales Glück mit dem Wetter und waren genau zwischen zwei Calima-Kalamitäten auf La Palma. – Mal sah man den Hubschrauber fliegen, mal sah man komisch verdunkelte Autos und immer ein paar Gerüchte brachten einen näher heran. – Gesehen wurde er kaum, allerdings erlaubte er sich dann doch noch ein paar Spaziergänge samt Familie an der Promenade von Tazacorte und ich kann nur hoffen, dass allesamt genügend Anstand und Manieren bewiesen haben, die Familie dort in Ruhe zu lassen. – Das wäre doch was, La Palma als Ruhepol für wirkliche Promis. – Nicht für den Ibiza-Klüngel oder die neuntklassigen Prollpromis aus dem Prekariatskanälen. – Nein, für die wirklich interessanten Leute, die nicht mit Geld oder Peinlichkeiten um sich werfen müssen, damit sie erst beachtet werden. – Mal sehen. – In Sachen Film gräbt ja La Palma nun bereits sein wenigen Jahren schon an internationalem Flair und ich denke mal, wir können solche Leute nicht mit blinkendem Tand oder garantiertem Paparazzitross locken. Sondern eher mit unserer, fast schon frechen Art und Weise, jeglichen Fortschritt und jede Mode so lange mit Traditionen und Bananen zu bewerfen, bis aus globalem Einheitsbrei Inselfaçon wird. – Schlicht, ehrlich, ein wenig bäuerlich, ein bisschen mehr bauernschlau, aber unverwechselbar und auf alle Fälle authentisch.
Jetzt müssen wir noch schnell die Kurve kriegen und zum Titel kommen. – So dicht war der Saharastaub über den Inseln, dass zum alleresten Mal alle acht kanarischen Flughäfen gleichzeitig geschlossen wurden. – Ich persönlich kann mich nicht erinnern, das bereits einmal erlebt zu haben. – Aber wie heißt es doch immer so schön, nach Calima im Winter kommt Regen! – Es gibt immer noch Bauernregeln. Aber entweder hat das Internet diese kassiert, weil nun plötzlich jeder was vom Wetter versteht, oder aber die kleine Schwedin hat nicht nur ein bisschen, sondern komplett recht. – Diese Regeln sind ja meist das Ergebnis aus den Beobachtungen über Jahrhunderte. – Ab- und aufgerundet durch dämliche Reime und lokale Intensitäten, aber irgendwie auch griffig und meist über 50 Prozent von Erfüllung gekrönt. – Manche Regeln haben sich aber auch über die Jahrhunderte blamiert, allerdings konnten einige dieser bäuerlichen Weissagungen auch in unserer Zeit noch bestehen. – Da war eben diese Geschichte, nach Calima im Winter kommt Regen und das stimmt zumindest seit 3 Jahren nicht mehr. – Allerdings stimmte das früher, vielleicht aber nur, weil es jeden Winter regnete, und halt auch nach Calima. – So kann man eben Bauernregeln auch erklären. – Calima kommt, wenn das Azorenhoch versagt und nach Norden ausbüxt. – Dann kann uns der Saharastaub erreichen, weil eben das Sandstrahlgebläse Passat den Kram nicht in Afrika weiter in den Süden trägt. – Allerdings sorgt ein Erschlaffen des Azorenhoch im Winter sonst meist dafür, dass uns die Tiefs aus dem Westen erreichen und hier nun liegt der staubige Kern des Regelbruchs. – Die Bauernregel, nach Calima im Winter kommt Regen stimmt nicht mehr, da es im Winter nicht mehr regnet. – So wird es zunächst eng für die Regeln, dann für den Bauern und ich schließe mich erneut und dauerhaft den Gebeten der Landwirte an: – Bitte lieber San Miguel oder Virgen de las Nieves, lasst es nur das blöde Wetter sein und nicht bereits der Klimawandel. – Ersteres bekommen wir irgendwie gebacken. Sollte der zweite Fall eintreten, dann brauchen wir keinen Strukturwandel mehr zu versuchen, dann ändern die Strukturen uns.