Canaryfly, Krankenhaus und Fassungslosigkeit

Canaryfly, unsere zweite inselhoppende Fluggesellschaft, stellt zum 22. März die Propeller wieder an. Die hatten im Herbst den Flugbetrieb, mangels Flugwilligen erstmal eingestellt, kommen jetzt aber dicke zurück ins Geschäft. Insgesamt werden 34 Flüge zwischen den Inseln aufgenommen und wir werden mit Preisen ab € 5,- geködert. Urlauber kommen mit den 5 Euronen nicht hin, das bekommen nur die Residenten, weil wir, vom spanischen Staat eine Ermäßigung von 75% erhalten. Natürlich kalkulieren die jetzt auch mit dem Osterurlaubsgeschäft, es ist jetzt nämlich kein verreisen Richtung spanischer Halbinsel drin, weil die einzelnen Regionen an Ostern dicht machen. Das betrifft natürlich nicht den internationalen Tourismus, aber für die Leute hier, sind dann eben nur interinsulare Reisen drin. Die vom Festland, dürfen aber nicht kommen, wir alle hier in Spanien fürchten uns nämlich vor der 4. Welle und sind gerade auf einem ganz guten Weg das Ding auf niedrigem Niveau zu halten. 62,4 ist die Inzidenz gerade auf das ganze Land gerechnet.

Wir auf La Palma bekommen das aber gerade gar nicht mal so gut hin. Die Infektionszahlen sind weiterhin niedrig, aber wir haben seit heute 7 Leute im Inselkrankenhaus. Sogar 2 auf der Intensivstation, und das ist schon richtig ungewöhnlich, wir hatten quasi 6 Monate gar keine Covid-Patienten und jetzt eben gleich 7.

Meine Fassungslosigkeit bezieht sich auf meinen lokalen Fußballverein. Die Sind nämlich gerade recht erfolgreich hier in El Paso und haben den großen Plan in diesem Jahr in die dritte spanische Liga auf zu steigen. Als Tabellenführer hat man da eine ganz gute Ausgangsposition. Allerdings sorgt das gerade auch für etwas Größenwahn. Man hat hier jetzt mehr oder weniger professionelle Strukturen geschaffen und hat auch genügend Geld dafür in de Hand genommen. Einhergehend damit macht man aber gerade gewaltig einen auf dicke Hose. Kürzlich gab es hier im Stadion eine Präsentation der Mannschaft und der Jugendabteilung mit Pauken und Trompeten bzw. mit Nebelmaschine und Feuer sowie Cheerleaderinnen und leadern. Das ganze hat dann auch gleich für politische Verwerfungen gesorgt, weil die Abgeordneten der PSOE, an der, von der Gemeinde organisierten Veranstaltung, Kritik geübt haben. Es wurde angemerkt, dass es gerade unter Umständen, aufgrund der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Lage, etwas unangebracht wäre, eine solche Feier für viel Geld aus zu richten. Das wollte der Bürgermeister nicht auf sich sitzen lassen und hat die Opposition dann in der Gemeinderatssitzung (live im Netz übertragen) entsprechend rund gemacht. Wofür diese dann an die Presse gegangen ist um dem Sergio (Bürgermeister) ein Defizit in Sachen Demokratieverständniss zu attestieren und eine Entschuldigung gefordert hat.

Den Anhängern der beiden großen Traditionsclubs hier auf der Insel, C.D. Mensajero und S.D. Tenisca, beide in Santa Cruz beheimatet, stößt das Gebaren des Emporkömmlings Atl. Paso auch sauer auf. Mir persönlich gefällt diese Entwicklung auch nicht wirklich. Schnell viel Geld in einen Verein zu pumpen, kann nämlich auch gefährlich sein. Wenn der sportliche Erfolg mal ausbleibt, dann ist es nämlich auch ganz schnell wieder so, dass nur noch 150 Zuschauer ins Stadion kommen, und dann ziehen sich die Sponsoren zurück. Der Niedergang geht dann ratzfatz. Diese Erfahrung mussten auch schon Tijarafe und Tazacorte machen.

Nun aber zurück zur Fassungslosigkeit: Wir haben hier morgen ein Inselderby gegen Tenisca. Zu diesem Zweck hat der Verein jetzt für die Anhängerschaft eine Busfahrt nach Santa Cruz organisiert. Da sitzen dann also 60 Mann/Frau gemeinsam im Bus und werden singen. Da es davor schon zum organisierten Umtrunk kommen soll, kann man schon erahnen wo die Reise hin gehen wird. Wir sind also gerade dabei uns ein Superspreaderevent, in einem aerosolgeschwängerten Bus zu kreieren. Ich habe im ersten Moment gedacht, dass die Verantwortlichen sie nicht mehr alle haben und habe auch den Vereinspräsidenten mit meiner Haltung konfrontiert. Die Reaktion war ein Schulterzucken, und wir könnten ja dann, wenn es einen positiven Fall geben würde, ja nochmals mit dem Bus gemeinsam zum Krankenhaus fahren um uns alle testen zu lassen. Wie gesagt, wir sind als Verein mit viel Geld, der den anderen Vereinen der Kanaren gerade die Spieler wegkauft, eh nicht die beliebtesten, wenn wir jetzt noch durch Ignoranz einen astreinen Coronaausbruch produzieren verkommen wir endgültig zu den Oberhonks in Sachen Fußball auf den Kanaren.

Ich bin so angesäuert, dass ich da tatsächlich morgen nicht hinfahren werde. Ich habe in den letzten 10 Jahren jedes Spiel geschaut, manchmal nur mit 50 anderen Zuschauern. Und verdammt nochmal, das ist ein Derby. letztes Jahr war das der Hammer. Strömender Regen, hin und her, am Ende ein 3:3 und jede Menge Emotionen wie Euphorie und Hass. Kurzum, das war das schönste Fußballspiel meines Lebens. Und dieses Jahr werde ich zuhause sitzen und mir das im Radio anhören, weil ich die Selbstbeweihräucherung der Eventfans gar nicht mehr ertragen will.

Letztes Jahr im Estadio Virgin de las Nieves gegen Tenisca.