Über dem Abgrund

In Puntagorda, also oben im hohen Norden, wird jetzt gebaut. Da hat man jetzt nämlich mit dem Bau der „Tirolina de Izcaqua“ begonnen. Dabei handelt es sich um ein über 600m lange Seilrutsche, die, zwecks Bespassung vom Mirador Izaqua über den gleichnamigen Barranco laufen soll. Das ganze wird mit einem Gefälle von 11,5% konzipiert, damit man da auch ordentlich Schwung bekommt. Zwei lange Stahlseile, am einen hängt man, das andere sichert und soll, wie auch immer, Vogelkollisionen vermeiden, sollen da hin. Und eben auch eine Start- und Endstation, die entsprechend „unsichtbar“ in die Landschaft getackert werden sollen. Man verspricht sich hierbei wieder mal einen touristischen Mehrwert von. Der Start erfolgt im Prinzip direkt neben dem Bauernmarkt. Der gewillte und todesmutige Urlauber kann also direkt nach seinem Kauf des traditionellen Käses, eine Sause unternehmen und sich lautkreischend auf Talfahrt begeben. Der ganze Spaß, also der Bau, nicht die Einzelfahrt, soll knappe 235.000 Euro kosten, wovon fast alles vom kanarischen Entwicklungsfond „Fdcan“ übernommen wird. Man plant übrigens schon in 3 Monaten damit fertig zu sein. Ob das Ding so toll ist, wird natürlich jetzt schon wieder diskutiert. Zusätzliche Touristen werden wohl nicht deswegen nach La Palma kommen, aber zumindest geben die dann vielleicht etwas mehr Geld aus, schließlich wird die Fahrt ja nicht umsonst sein. Für die Taxifahrer kann sich das auch lohnen, so mancher möchte dann vielleicht mit wackligen Knien, dann doch lieber wieder zum Ausgangspunkt zurück kutschiert werden. Ein Geschäft für neue Unterhosen an der Zielstation ist noch nicht geplant, könnte aber doch auch rentabel sein. Das sieht man ja dann, wenn die Sache erstmal angelaufen ist. Die Kritiker sind aber auch nicht weit und meinen, dass Action und Vollbespassung nicht so richtig zum ruhigen und besinnlichen Image von La Palma passen würden. Vielleicht liegt da aber auch ein Interessenkonflikt zwischen den Generationen zugrunde. Die Verbindung von Natur und Action kennt man ja klischeemäßig ja aus Neuseeland. Ob man jetzt wirklich glaubt, dass die jungen Leute aus der ganzen Welt, stattdessen lieber nach La Palma kommen glaube ich wirklich nicht. Vielleicht kann man aber auch schon bald von der Brücke in Los Sauces springen, nur mit einem Gummiseil an den Füßen.

Hier im Tal wird der Sommer auch eher ruhiger werden. Unser, im Dreijahresrhythmus wiederkehrendes Großereignis in El Paso, die Bajada der Virgin del Pino, bei der die Statue der Jungfrau von der Kapelle bis ins Dorf getragen wird, wird, nach Absprache mit allen beteiligten Gruppen, diesen Sommer nicht stattfinden, alldieweil eben nicht damit zu rechnen ist, dass Großereignisse im August schon abgehalten werden können. Also muss die Jungfrau dieses Jahr zuhause bleiben und darf erst, ein Jahr verspätet, in 2022 wieder raus. Wer es mit religiösen Gepflogenheiten nicht so hat, dem mag das herzlich egal sein. So einfach ist das in dem Fall aber nicht, weil sich die Bajada unserer Jungfrau in El Paso doch ganz gewaltig von den meisten anderen Romerias unterscheidet. Die Ernsthaftigkeit und feierliche Ruhe ist nämlich nur auf den ersten 100m des Umzuges gegeben. Nach der Heiligen und der Blaskapelle folgen dann nämlich unzählige, meist traditionell und aufwändig geschmückte Wägen, von denen allerlei Kulinarisches in fester, aber vor allem in flüssiger Form gereicht wird. Das ganze ist gewissermaßen ein großer kollektiver Umtrunk, bei dem das ganze Aridanetal anwesend ist. Wer an der Strecke wohnt, darf Getränke aus der eigenen Garage verkaufen muss dafür im Gegenzug aber seine sanitäre Einrichtung dem Volk zur Verfügung stellen. Trotz der Tatsache, dass die allermeisten, bei dieser bis tief in die Nacht gehenden Feierlichkeit, am Ende gewaltig einen im Tee haben, läuft das, ähnlich wie bei Los Indianos, immer alles friedlich und freundlich ab.

mobiler Essensstand
Die Besucher bringen auch eigene Getränke mit