Blick zur Sonne und kann das weg?

Eigentlich war das ja klar, aber jetzt ist das amtlich: Das EST (European Solar Telescope) kommt auf den Roque de los Muchachos. Man war sich eben noch nicht ganz sicher, weil das da oben ja auch langsam ein wenig voll wird, ob man sich da mit anderen Himmelsbeobachtern ins Gehege kommen würde, aber alles geklärt, man hat jetzt ein Plätzchen in der Nähe der Schweden und der Holländer gefunden. Die haben da oben nämlich schon jeweils ein Solarteleskop und das neue kommt eben jetzt daneben. Man erzählt sich, dass das EST technisch gesehen einzigartig sei auf der Welt, aber zumindest das größte Sonnenteleskop in Europa. Hauptaufgabe des Apparates soll die Erforschung von Magnetfeldern der Sonne indem die untere Atmosphärenschicht untersucht wird. Man verspricht sich auch Phänomene wie Sonnenflecken besser erklären zu können. Ab 2023/2024 soll da gebaut werden. Es sind 26 Institutionen aus 18 europäischen Ländern an dem Projekt beteiligt und man hofft 2028/2029 den Betrieb zu starten.

Das ganze erfreut aber natürlich nicht nur die Wissenschaft, sondern auch den Normalo hier auf der Insel. Solche Projekte sind ja nicht ganz billig und Infrastruktur schafft eben auch Arbeitsplätze. Allein für die 6 Jahre Bauzeit, für die 200 Millionen Euro kalkuliert sind, wird mit 250 Arbeitsplätzen gerechnet. Für die 30 Jahre, die das EST mindestens laufen soll, werden 364 Millionen Euro Betriebskosten veranschlagt und 450 zusätzliche, direkte und indirekte, Arbeitsplätze.

Aber nicht nur die Technik, auch die Kunst kommt auf die Insel. In Tijarafe wird nämlich ein Museum errichtet werden, in der man zeitgenössische Werke des 20. und 21 Jahrhunderts begutachten kann. Die Stiftung 20/21 hat sich für die Nord-West-Gemeinde entschieden und der lokale Bürgermeister Marcos Lorenzo ist überglücklich und spricht von einer „Weltreferenz für zeitgenössische Kunst“ und von einem Geschenk für die Gemeinde, die Insel, ja für das gesamte Archipel Schließlich hätten die Verantwortlichen der Stiftung sich auch für jeden anderen Standort in einer europäischen Großstadt entscheiden können, statt in ein „Kaff“ auf einer kleinen Insel. Der Grund soll, aber laut Bürgermeister genau darin liegen. Man möchte wohl nicht, dass da Leute zufällig durchlaufen, weil Sie beim Bummeln den Eingang entdeckt haben, sondern der Besuch der Ausstellungen soll ein bewusster Akt sein. Ob das ein Kompliment für Tijarafe ist, da bin ich mir nicht so sicher. Übersetzt bedeutet das nämlich, dass es außer dem Museum keinen vernünftigen Grund geben würde, dort hin zu gehen. Das ganze Projekt, das auch eine Bibliothek zum Thema Kunst beinhaltet und aus privaten Spenden finanziert werden wird, soll 1,2 Millionen kosten und bereits Ende diesen Jahres soll es fertig sein.

Und jetzt gleich nochmal Kunst. Beim Festivalito wurden verschieden Preise vergeben. Der Publikumspreis, also der Film, den die Zuschauer, die die über 100 Werke gesehen haben, zum besten gewählt haben, heißt „Padre nuestro“ und stammt von Gerson Ramos. Übergeordnetes Thema war „Algorithmus“. In „Padre nuestro“ geht es um 3 Priester, die fürchten, dass Sie wegen der sozialen Netzwerke arbeitslos werden, darum räumt einer die Jungfrau Maria aus dem Weg. Wenn die tot ist, dann braucht man einen Priester um mit Ihr in Kontakt zu treten, ansonsten kreiert die Jungfrau nämlich einen Socialmedia-account und die Gläubigen können einfach auf „gefällt mir“ drücken. Der Film ist echt nett gemacht. Das verwendete Werkzeug ist übrigens ein „Quataca“ unser Ackergerät für alles. Das ist sowas wie Hacke und Schaufel in einem. Allerdings bin ich mir nicht so sicher, ob das hier allen so gefallen wird. Der Film wurde nämlich in der Kapelle der Virgin del Pino gedreht. Folglich ist die erschlagene Jungfrau auch eben die se Virgin del Pino. Generell verstehen die Leute schon Spaß, auch was die Heiligen angeht. In El Paso ist das aber mit einer Heiligen nicht wirklich so. Die Dorfheilige ist nämlich wirklich unantastbar. Vor ein paar Jahren haben einige „Umweltaktivisten“ die Kapelle äußerlich mit politischen Forderungen beschriftet. Die Reaktionen waren wirklich erschreckend. Man hat in der Öffentlichkeit über eine Bürgerwehr diskutiert und von Selbstjustiz fantasiert, dass am Ende der Gemeinderat zur Mäßigung aufrufen musste.