Keine guten Aussichten auf das Wochenende

Das Wochenende kommt, und wir werden schon langsam stinkig hier im Tal. Dann kommen sie wieder, die Vulkangucker und verstopfen hier die Straßen. Eigentlich sind die schon die ganze Zeit da, am Wochenende wird es dann mehr. Was durch die Presse lief bezüglich des letzten, verlängerten Wochenendes war hanebüchen oder zumindest unglücklich. 10.000 Menschen waren angekündigt, die hierherkommen würden. So weit so gut. Ein beträchtlicher Teil derer, war nicht wegen dem Drecksvulkan da, sondern um die eigene Sippe zu besuchen. Gerade am ritualisieren Allerheiligen ein beliebtes Ritual. Andere kamen als Tages- oder Nachtausflügler und haben sich mit der nächsten Fähre wieder verdünnisiert. Wie viele eine oder vielleicht sogar zwei Nächte hier verbracht haben kann man nicht wirklich schätzen, dass es aber durch die Medien ging, dass es hier eine Bettenauslastung von 80% gegeben hätte, war für viele ein Schlag ins Gesicht. Unzählige hier im Tal sind mit den Nerven schon runter, und man mag sich gar nicht vorstellen, wie es den Leuten gehen wird, wenn sie zum ersten Mal an die Stelle gehen können, wo mal ihr Haus stand. Kilian Sanchez, der Gesundheitsdirektor hat heute mitgeteilt, dass man davon ausgehen würde, dass die wirkliche Belastungsprobe für die Psyche den Menschen noch bevorstehen würde. Derweil werden wir hier von den Medien als eine Art Krisengewinner tituliert, die von dem Vulkan profitieren. Wenn man sich hier im Dorf mit den Leuten unterhält, dann sind die richtig sickig. Nicht nur, weil das in der Presse komplett falsch dargestellt wird, auch wegen dem Gebaren unserer Inselregierung und des Tourismusbeauftragten Raul Camacho. Die Bereitstellung der Busse, erweckte den Eindruck, dass die Vulkanschauer willkommen sind, dass man sogar noch eigens die Infrastruktur dafür herrichten würde, damit es die Leute auch noch möglichst angenehm hätten, das dann auch noch gratis. Am Sonntag dann wurden wegen der dennoch durchgewitschten Autos von der Polizei Sperren errichtet und es wurden nicht einmal mehr die Einheimischen durchgelassen, was bei den Aufgehaltenen die Stimmung von sickig auf hasserfüllt gesteigert hat. Jetzt steht wieder das Wochenende vor der Tür, und man weiß jetzt schon was kommt, bzw. wer da kommt. Deswegen wünschen wir uns Wolken oder auch Asche, die möglichst punktuell an der Kirche in Tajuya regnen möge. Wichtig ist vor allem aber eine Nullsicht. Die Leute rennen auf Privatgrundstücke und erleichtern sich da auch. Sie klettern auf Dächer von Häusern, aus denen sich die Bewohner verkrümelt habe, weil sie nach über 6 Wochen Vulkan, nervlich komplett am Boden sind. Auf der Straße muss man höllisch aufpassen, weil etliche dort in der Nacht mit dunkler Kleidung unterwegs sind. Natürlich kann man verstehen, dass so ein Vulkan ein Magnet ist, und dass viele Menschen so etwas einmal im Leben mit eigenen Augen oder der eigenen Handykamera erleben wollen. Für die Leute hier im Tal, ist das aber kein Naturschauspiel, sondern ein Drama. Unsere Nachbarn und Freunde hier haben Existenzen verloren, wir können seit Wochen nicht mehr vernünftig schlafen und die Asche schlägt nicht nur aufs Gemüt und die Lunge, uns tun auch vom Fegen langsam die Knochen weh. Kurzum, es wird sich hier im Tal kaum einer finden, der diese Tagestouristen hier sehen möchte. Das wäre was anderes, wenn man eine Woche hier verbringen würde und damit die Bevölkerung vor Ort unterstützen würde. Und so gehen hier die fiesesten Fantasien um, vom Reifen an den wildgeparkten Mietautos zerstechen, bis hin zu noch gröberen Dingen. Der ausgestreckte Mittelfinger, bei der Vorbeifahrt an der Aussichtsplattform gehört bei einigen bereits zum guten Ton. Man würde sich wünschen, dass die Politiker der Inselregierung mal den Mund aufmachen und das laut sagen, dass es große Teile der Bevölkerung hier gibt, die mit dieser Geschichte ganz und gar nicht einverstanden sind. Aber es scheint, als ob, aus deren Sicht verständlich, die Hoteliers der Ostseite einen größeren Einfluss habe. Man kann das denen nicht vorwerfen, genauso wie den Vermietern im Norden, wenn die sich freuen wenigsten eine Übernachtung ab zu bekommen. Die Wintersaison sah buchungstechnisch ja prima aus, und die ganze getane Arbeit war ja nun umsonst. Es passt aber auch nicht, wenn die Politik immer wieder mantrahaft erzählt, dass ja nur ein kleiner Teil der Insel vom Vulkan in Mitleidenschaft gezogen wurde. Das mag flächentechnisch hinhauen. Wenn man aber die Bevölkerung betrachtet, dann sind ca.50% betroffen, also all die, die im direkten Umfeld des Ekelberges leben. Das ist dann schon eine andere Hausnummer.

Vulkantechnisch hat man uns heute nochmal gesagt, dass wir von den gestern positiven Signalen, nicht zu viel erwarten sollten. Ein Ende ist nach wie vor nicht abzusehen und man hat uns auch nochmal an den Unterwasservulkan von El Hierro erinnert, der wertetechnisch auch nachgelassen hat aber trotzdem noch lange weiter aktiv geblieben ist. Wir stehen auch nicht besser da las am Anfang der Eruption. Vielmehr ist die Verbesserung im Vergleich zu vor einigen Tagen zu sehen. Kurz gesagt, wir stehen am Anfang einer potentiellen Entwicklung. Trotzdem gilt Bangemachen nicht und die Hoffnung bleibt, dass aus der potentiellen Entwicklung eine richtige wird. Innerhalb der Familie besteht jedenfalls der Plan, dass wir Weihnachten ohne das spuckende Scheusal verbringen werden. Dieser feste Entschluss rührt aber vor allem daher, dass man sich einfach weigert, sich vorzustellen, dass das noch ewig so weitergehen wird.