Ortsumfahrung El Paso, jetzt aber wirklich. Lange vergessen oder erfolgreich verdrängt, ist die Schnellspurbahn ums Dorf rum so richtig aktuell geworden. Heute hatte ich mit einem Hausbesitzer einen Termin beim Inselpräsidenten, der Mann lebt von seinen Häusern und die Straße soll geradewegs an der Terrasse vorbei gehen. In dem Inselplan war ja so einiges drin bislang, aber alle haben das nicht so ernst genommen. Der Schreck fuhr durch die Glieder, als die Umfahrung namentlich beim Besuch des neuen Consejals für Verkehr der kanarischen Regierung, als gesichert finanziert benannt wurde, das mit dem Zusatz, dass ja die Anbindung der, vom Vulkan verschütteten Gebiete damit wieder hergestellt würde. Das ist freilich exorbitanter Blödsinn, schließlich verläuft die komplette Umgehung nördlich der Lava, und das ein ganz schönes Stück. Aber es geht ja um die Finanzierung, und hier bestätigt sich die Angst, dass da ein paar Leute versuchen werden, so einiges, was man schon immer gerne gehabt hätte, mit der vulkanischen Begründung an zu schieben. Jedenfalls hat der Sergio im Gespräch gesagt, dass die Sache durch sei und das Projekt, nach der Küstenstraße auf Platz 2 auf der insularen To-Do-Liste rangieren würde. Man komme zu spät und die Ankündigung, dass man auf die Barrikaden gehen würde, die ließen den Präsi eher kalt. Selbst wenn er wollen würde, könnte er da nichts mehr dran machen, weil das ja in der Entscheidungsgewalt der kanarischen Regierung liegen würde. Ich dachte stets, dass es ein Inselplan sei und man könnte da also auch auf der Insel drüber entscheiden, zudem ja eben, laut Sergio, nur der obere Teil, also bis zum Fußballplatz in seinem verlauf unumkehrbar sei, der zweite, untere Teil, der stehe irgendwie noch mehr zur Verhandlung, was schon irgendwie komisch ist, weil die Straße ja in einem kompletten Plan auftaucht. Ohne jetzt das als Tatsache zu behaupten, aber es geht wohl eher darum, dass die Sache in der Form eben bezahlt wird. Der Hinweis, dass die Verlängerung der Küstenstraße auch am Protest der Anwohner gescheitert sei, lief ins Leere. Da wurde ganz offen gesagt, dass es eben kurz vor der Wahl gewesen sei, und so wie es aussehen würde, käme das nun dennoch.
Man kann natürlich zu dem Schluss kommen, dass eine anständige Ortsumgehung gewissermaßen unumgänglich sei. Der Sergio meinte, dass da 14.000 Autos am Tag durchfahren, was 7.000 pro Richtung entsprechen würde. Und die Ortsumfahrung würde natürlich für die Leute im Dorf eine Erleichterung bringen. Deshalb darf man da gerne darüber reden. Ich lehne auch das Sankt-Florians-Prinzip komplett ab, nach dem Motto, ich will die Straße, aber bitte nicht in meinem Vorgarten, bzw. so, dass die Häuser, die wir in dem Gebiet haben, über Jahre nicht mehrt vermietbar wären. Allein die Bautätigkeit wäre da ein Argument. So gesehen war die Straßenplanung irgendwann vielleicht sogar die beste Lösung, wenn man denn schon unbedingt eine Umgehung haben möchte. Nach dem Vulkan ist aber eben alles anders und man muss sich wirklich fragen, ob da nun nicht doch eine alternative Streckenführung angebracht wäre. Ganz direkt könnte man doch nun eine Stichstraße entlang der Lava bauen und das nach oben hin noch etwas verlängern. Am Sombrerokreisel zurück auf die Straße, zack fertig ist die prima Umgehung, die momentan möglichst wenig Leute zusätzlich beeinträchtigen würde. Gleichzeitig plant man ja immer noch eventuell das verschüttete Industriegebiet wieder zu errichten, da wäre dann die Verbindung direkt hergestellt. Der Teil, der da nach unten geplant ist, also bis zum Kreisel am Holzhändler von Los Llanos, der ist ja noch gar nicht fest, so wie der Sergio sagt und man könnte sich den einfach schenken. Die Argumentation für die ganze Geschichte ist, dass man nicht auf einzelne Bereiche Rücksicht nehmen könne, sondern dass große ganze sehen müsste, und da sei eine direkte Verbindung von Hafen zu Hafen wohl das absolut gelbe vom Ei von dem ganz La Palma massiv profitieren würde. Freie Fahrt für freie Palmeros ist das Motto. Die Frage ist, ob man da nun noch was machen kann, und natürlich sagt der Sergio nein, der will ja gar nicht, dass sich irgendjemand auf die Hinterfüße stellt. Dennoch kann bei sowas nur Druck, und vor allem schlechte Presse funktionieren. Die ureigenste Aufgabe des Politikers ist die Wiederwahl, und dass ist die Stelle, wo man die drankriegen kann. Und vielleicht haben wir ja schon bald wieder Wahlen in Spanien und auch wenn es nicht auf der regionalen, also der entscheidenden Ebene ist, bei einer Neuwahl des spanischen Parlaments, wollen die von der CC eben doch ihren Sitz behalten. Die rühmen sich ja gerade, dass sie es seien, die fest an der Seite der Bürger stehen würden und vor allem mit dem Vulkan ist das so, dass man da Positionen beziehen muss. Der Sergio hat während und nach dem Ausbruch auch wirklich in El Paso als Bürgermeister recht gut agiert, auch wenn die Tätigkeit vor der Wahl vom Agieren ins Agitieren gewechselt hat. Bei all dem Verständnis, dass die Volksnahen der vulkangebeutelten Bevölkerung entgegen bringen, könnte man die an der Stelle vielleicht dranbekommen. Es geht ja nicht nur um den finanziellen Verlust des einzelnen, sondern für die CC ist ja die Identität und natürlich ist der Verlust von ganzen Siedlungen in der Summe noch einmal heftiger, als die ganzen Einzelverluste zusammen. Jetzt könnte man doch so argumentieren, dass Tacande eh schon Federn an den Vulkan gelassen hat, dass man nun die ganze Gegend zusätzlich mit einer Hauptstraße verhackstückt, ist nicht zumutbar. Auch, dass man den ganzen Leuten, die sich gerade in der Gegend ein neues Zuhause gebaut haben oder noch bauen, nicht durch eine jahrelange Großbaustelle behelligen kann, wäre ein potentielles Argument, bei dem man auf die populistische Drüse treten könnte, schließlich möchten und müssen diese Menschen eine neue Heimat finden. Das Ganze erschließt sich mir nicht wirklich und hat so einen All-You-Can-Eat-Charakter. Wenn andere das Projekt bezahlen, dann mach ich das auch, ganz gleich ob ich nachher Bauchschmerzen habe, weil ich mich überfressen hab. Die Frage ist nun eben, ob die Bevölkerung tatsächlich profitieren würde, oder ob man da nicht mehr kaputt macht als man denkt. Auch die wirtschaftlichen Einnahmen sollten dabei nicht außer Acht gelassen werden. Ein riesiger Teil der touristischen Infrastruktur des Tales ist weg, nun sägt man noch an einem weiteren Teil rum. Überall dort sind kleine Ferienunterkünfte verteilt. Mit einer Jahrelangen Großbaustelle können die alle zumachen. Wenn die Straße dann mal lärmend fertig wird, dann kommt da auch keiner mehr wieder. Aber bei den ganzen Projekten mit Golfressort und Wellness, sind das alles Peanuts. Großdenken ist angesagt. Schließlich ist Wachstum erste Bürgerpflicht. Wenn Sergio im Gespräch sagt, dass er das machen würde, weil er den Kindern auf der Insel einer Perspektive geben möchte, dass die nicht mehr wegziehen müssen, dann ehrt ihn das. Für die zukünftigen Zimmermädchen und Poolboys ist es sicher praktisch, wenn sie weiterhin bei Mama wohnen können und nicht nach Teneriffa müssen. Schließlich kann man sich unterbezahlt eh nicht eigenes leisten.