Zwanzig, aber eben weit weg

Lange haben wir Angeles nicht mehr gesehen. Angeles, das ist unsere Ex-Bürgermeisterin von El Paso. Die, die nach dem Sergio kam, und nach 3 Monaten die Biege gemacht hat und zurückgetreten ist, um ihren Job als Conseja für Soziales im Cabildo anzunehmen. In El Paso trifft man sie nicht mehr, und irgendwie würde ich sie gerne fragen, ob die ganze Scharade es wert war, bei der man die Bevölkerung hier hinters Licht geführt hat, und wegen der sie sich nun nicht mehr im Dorf blicken lassen kann. Immerhin wohnt die da und sie war eben wirklich beliebt. Mit einer Mehrheit von rund 70% hat man die hier zur Bürgermeisterin gewählt, das sind Werte, die einen Markus Söder in Angst und Schrecken versetzten würden. Nur glaubt hier gerade niemand mehr, dass der Rücktritt als Bürgermeisterin ein Versehen war.  Denen war einfach klar, dass man mit Angeles richtig viele Stimmen holt, und damit haben nun eben mehr von der Coalición Canaria ein gut dotiertes Pöstchen im Gemeinderat. Und Angeles wird nun tatsächlich in Los Llanos gesehen, wie sie dort Kaffee trinkt, weil es im Heimatdorf nicht mehr geht. Natürlich wurde in den Wochen vor ihrem Rücktritt berichtet, dass die Frau krank sei, und wenn dem wirklich so gewesen sein sollte, dann ist es auch durchaus verständlich, dass man nicht zwei Jobs in Verantwortung gleichzeitig machen kann oder möchte. Der Punkt ist aber, dass man sie in El Paso als Person gewählt hat, während sie im Cabildo eben über die Liste ganz hinten noch reingerutscht ist. Das Resultat daraus wäre dann aber, dass sie sich der Bevölkerung, die sie als Person gewählt hat erklärt. Diejenigen, die toben, dass die Krankheit nur vorgeschoben gewesen sei, mögen schweigen. Niemand ist irgendjemanden gegenüber verpflichtet, dass er seine Krankheitsgeschichte offenlegt, das gilt sogar für Politiker, die in der falschen Partei sind. Aber man sollte sich zumindest erklären, warum man den Job im Cabildo vorzieht. Sollte es so sein, dass es nicht geplant war, dann wäre es moralisch zu erwarten. War es ein abgekartetes Spiel, dann hätte man 3 Monate Zeit gehabt, sich was zu überlegen, was man der erbosten Bevölkerung als Erklärung bieten kann. Und es ist eben nicht das erste Mal, dass die CC einen Bürgermeisterkandidaten aufstellt, der nach erfolgreicher Wahl gleich wieder zurücktritt um seinem Vize, der sicherlich nicht ganz so abgeräumt hätte, Platz zu machen. Kurz vor dem Wechsel in El Paso, ist dasselbe in Tijarafe passiert.

Kommen wir aber nun zu der Tätigkeit von Angeles. Im Prinzip ist sie tatsächlich eine der wenigen, die Fachfrau in ihrem Politikgebiet sind. Bevor die Dame in die Lokalpolitik ging, arbeitete Sie als Sozialarbeiterin. Und in der Vergangenheit hat man das schon irgendwie gemerkt. Nach dem Vulkan und dem Feuer in El Paso waren die Verantwortlichen aus dem Rathaus recht schnell den Menschen Hilfe zukommen zu lassen. Angeles hat da als Stadträtin für Soziales und gleichzeitig als Vizebürgermeisterin eine recht gute Figur gemacht. Irgendwo muss so ein 70%-Stimmenanteil ja auch herkommen. Während sie im Rathaus noch recht nah an den Betroffenen war, ist das sicher nun im Cabildo etwas anders. Viele Dinge sind eben Teil der Gemeindearbeit und deshalb ist die Tätigkeit nun weitaus theoretischer geworden. Aber auch hier gibt es nun Projekte, und wir bekommen wieder etwas Neues, was im Prinzip schon lange überfällig war, wenn man sich die schiere Bevölkerung anschaut. Geplant ist nämlich eine psychiatrische Wohneinrichtung für insgesamt 20 Menschen, denen es den Schalter soweit umgelegt hat, dass man ohne alltägliche Unterstützung nicht mehr zu Rande kommt. Akutpatienten waren bislang in der Klinik auf der psychiatrischen Station untergebracht. Was es aber nicht gab, war eine Wohneinrichtung der Sozialpsychiatrie. Geplant war sowas schon länger, allerdings hat man nur mit 6 Klienten kalkuliert, und das Angeles nun sagt, dass man auf ein Angebot von 20 Plätzen aufstocken möchte, dann ist das eine prima Sache. Ich habe selber lange in diesem Bereich gearbeitet und glaube, dass bei der Einwohnerzahl der Insel auch das Angebot von 20 Plätzen mit professioneller Betreuung viel zu wenig ist. Das mit den 20 ist dennoch schon mal ein guter Anfang, aber die Opposition, die 14 Plätze weniger geplant hat, motzt schon wieder rum. Es gibt nämlich eine kleine Auffälligkeit in den Plänen. Öffentlich hat man berichtet, dass man von der Kirche ein Gebäude zur Verfügung gestellt bekommen würde, um dort die Wohnplätze unterzubringen. Das Gebäude soll in der Gemeinde Mazo sein, und wer nachforscht, was da zur Überschreibung ansteht, der kommt unten in Salemera raus. Also ganz weit weg, von der eigentlichen Zivilisation da unten am Leuchtturm, welcher verdächtig an ein Spielzeug für Erwachsene erinnert. Die Gelegenheit zu dementieren, dass man eine räumliche Trennung von Ganzverückten zu Normalverückten im Sinn habe, hat man bereits verstreichen lassen. Wohlgemerkt gibt es dort unten nicht mal einen Bus, keine Geschäfte und sonst auch keine Infrastruktur. Eine Unterbringung würde also sämtlichen fachlichen Gepflogenheiten im Sinne der „Normalisierung“, was auch immer das sein soll, widersprechen. Und nicht nur fachliche Aspekte würden da gerissen werden. Auch die Europäische Union hat Richtlinien, die eine Unterbringung fernab der Zivilisation von Menschen mit Behinderung oder psychischer Erkrankung untersagt. Die Geschichte hat integrativ und inklusiv zu sein.