Hurra wir werden mehr!!!! – oder eben auch nicht

Unsere Insel verzeichnete in 2019 einen Bevölkerungszuwachs von sage und schreibe 808 Einwohnern. Alle zusammen sind wir jetzt 81.863 Menschlein die hier dauerhaft auf der Insel leben. Das jedenfalls hat das nationale Statistikamt laut der Internetzeitung „El Apuron“ am 29.12.2019 verkündet. Da wird dann auch fein säuberlich aufgeschlüsselt, in welcher Gemeinde es welche Veränderung gab. Nur Tijarafe und Tazacorte sind geschrumpft, alle anderen haben teils ordentliche Bevölkerungszuwächse zu vermelden. Und das alles, obwohl doch angeblich junge Menschen die Insel regelmäßig verlassen und auf den großen Inseln, auf dem Festland oder im Ausland ihr Glück suchen. Und das stimmt ja auch, nur ist kaum einer so blöd sich hier abzumelden. So ein Residentenstatus ist ja von Vorteil. 75% ermäßigte Flüge sind schließlich kein Pappenstiel, und so kann man die zurückgelassene Familie auch mehrmals im Jahr besuchen. Wer sich also nicht abmeldet, bleibt als Einwohner erhalten, und die einzelnen Gemeinden profitieren auch von diesen Karteileichen. Die Zuteilung öffentlicher Gelder ist auch hier teilweise von der Einwohnerzahl abhängig.

Vielleicht hatten wir auch nur ein besonders fruchtbares Jahr, und die Inselbewohner waren im letzten Jahr etwas reproduktionsfreudiger. Aber massenhaft schwangere Frauen sind mir im vergangenen Jahr nicht über den Weg gelaufen, und die fallen ja auch irgendwie auf. Ich habe aber auch nicht darauf geachtet, verspreche aber es dieses Jahr zu machen. Da aber ständig geklagt wird, dass die Insel hier überaltert, durfte die Sterberate eher höher liegen als die Geburtenrate.

Also stellt sich die Frage, wo kommen die „Neuen“ her. Gut, seit einigen Jahren zieht es vermehrt Italiener nach La Palma, teilweise waren die zuvor auf den einer der anderen Inseln, einige kamen aber auch direkt aus Italien zu uns. Gerade in Tazacorte bildet sich nach und nach eine italienische Community. Es gibt mittlerweile nicht nur immer neue Pizzabäcker, sondern auch ein italienisches Lebensmittelgeschäft. Tazacorte hat aber ja einen Bevölkerungsrückgang, passt also auch nicht wirklich zusammen.

Mathias Siebold hat noch geschrieben, welche Zuwanderungswellen es in den vergangenen Jahrzehnten aus Deutschland gab. Die Letzte hat er nicht wirklich erwähnt. Auffallend war zumindest für mich, dass es einen verstärkten Zuzug von Deutschen gibt, die sich hier auf La Palma vor dem „Moslem“ verstecken. Der Muselmann, den solche Leute ja auch gern als „Messermann“ bezeichnen macht denen irgendwie Angst, drum rettet man sich kurzerhand auf eine abgeschiedene Insel und fühlt sich, in der hier herrschenden abendländischen Kultur entsprechend sicher. In den vergangenen 2-3 Jahren musste ich mich mehrfach mit Leuten auseinandersetzten, die der Überzeugung sind, dass in Deutschland ein Bürgerkrieg bevorstehen würde, weil nämlich der „masseneingewanderte Moslem“ versuchen würde, die Herrschaft in Deutschland zu übernehmen. Aus Angst vor dem syrischen Bürgerkriegsflüchtling werden solche Menschen also zum Präventivbürgerkriegsflüchtling – der kluge Mensch flieht schließlich vor. Von den Deutschen gehen auch jedes Jahr wieder welche zurück, so dass das auch eher ein Nullsummenspiel ergibt.

Diese Verschwörungstheorien, nachdem also der „Moslem“ die Herrschaft in Deutschland an sich reißen möchte, und dem deutschen Volke der Garaus gemacht werden soll, finden sich aber auch bei einigen Residenten, die sich schon länger auf La Palma befinden. Das sind dann aber welche, die sich selbst irgendwie links verorten, größtenteils supergesund und streng biologisch ernähren und bisher eher Angst hatten, dass Ihre Gesundheit, wahlweise von der bösen Lebensmittelindustrie oder auch durch Chemtrails oder was ähnliches zugrunde gerichtet werden könnte. Aber vielleicht liegen die Wünsche nach dem Erhalt eines gesunden Körpers und einem gesunden Volkskörpers gar nicht so weit auseinander.

Aber auch unter den Palmeros gibt es einige, die bestimmten Bevölkerungsgruppen eher ablehnend gegenüberstehen. Dabei ist spannend sich die Kommentare unter dem Artikel in der „El Apuron“ zu lesen. Bei einigen wurde schnell klar, woher der Bevölkerungszuwachs vermutet wurde. Es ist nämlich immer noch so, dass es einen starken Zuzug von Südamerikanern, und hierbei vor allem von Menschen aus Venezuela aber auch aus Cuba nach Spanien gibt. Die Kanaren sind hierbei, gemessen an der Einwohnerzahl, am stärksten betroffen. Das liegt natürlich auch daran, dass in der Vergangenheit, die Leute von hier, in diese beiden Länder gereist sind, auch um dort ein besseres Leben zu suchen. Mit der momentanen politischen und wirtschaftlichen Krise, in Venezuela, läuft die Wanderung nun in die umgekehrte Richtung. Mit einem Aufenthaltsstatus ist es für viele gar nicht so schwer, so mancher hat direkte spanische bzw. kanarische Vorfahren. Bei gar nicht so wenigen sind aber die Südamerikaner hier recht unbeliebt. Pauschal wird denen dann vorgeworfen, hier nicht arbeiten zu wollen und sich von der Gemeinschaft alimentieren zu lassen. Wenn sie jedoch arbeiten, dann wird ihnen vorgeworfen, dass sie das zu so niedrigen Löhnen machen würden, dass die „echten“ Palmeros keine Anstellung finden würden. Also auch hier in unserem kleinen Paradies gibt es unter den Palmeros welche, die einem widerlich rechten Gedankengut nachhängen und das, zumindest anonym im Internet, auch rauslassen.

Es kann also sein, dass wir in der Summe tatsächlich ein paar mehr geworden sind, aber an die angegebene Gesamtbevölkerungszahl glaubt hier eigentlich niemand. Da wie schon erwähnt, viele sich gar nicht abmelden, übrigens auch von den rückwandernden Deutschen. Aber keiner weiß eben so richtig Bescheid, da ja immer nur die offiziellen Zahlen genannt werden.

So jetzt noch eine Sache: Dieser Beitrag stammt nicht von Mathias Siebold, ich erwähne das, weil es in wohl den letzten Tagen zu Verunsicherungen kam, wer jetzt eigentlich regelmäßig auf dieser Seite schreibt. Deshalb habe ich mit M. Siebold besprochen, dass seine Beiträge, wenn sie hier erscheinen, auch als „Beiträge von Mathias Siebold“ gekennzeichnet werden.