Wir möchten es haben …

Wir wollen es haben, unbedingt, das TMT. Es ist so toll und so riesig. Für unser Ego wäre es super nicht nur den größten Senkkrater sondern auch die (fast) größte Schüssel zu haben. Wir sollen es aber gar nicht bekommen. Vorgesehen ist nämlich Hawaii, vielmehr dort der Mauna Kea. Dort ist das Dreißig-Meter-Teleskop, auf Englisch ergibt sich dadurch der Name TMT, nämlich geplant und auch seit geraumer Zeit bewilligt. Gebaut werden soll das TMT von der University of Califonia und dem California Institut of Technology (Caltech), sowie einigen kanadischen Universitäten. Auch Japan und China sind an dem Projekt beteiligt. Wissenschaftliche Ziele des Projektes sind unter anderem die Suche nach dunkler Materie, Charakterisierung der ersten Sterne und Galaxien im Universum und auch die Suche nach Leben außerhalb des Sonnensystems.

La Palma wäre wohl als alternativer Standort, die erste Wahl. Und genau darauf beruht die Hoffnung der TMT-Begeisterten hier vor Ort. Die polynesichen Ureinwohner auf Hawaii wollen das Ding überhaupt nicht haben. Denen ist der Mauna Kea nämlich heilig und deshalb protestieren die vehement dagegen. Nur noch 27% der Ureinwohner unterstützen das Projekt noch, in 2016 waren es noch 39%. Und Sie protestieren eifrig, laut der Zeitung „Hawaii News Now“, haben die Kosten, die die Proteste verursachen, Ende letzten Jahres die Marke von 10 Millionen US$ überschritten. Im Moment sieht es so aus, als müsste man die protestierenden vom Berg herunter prügeln, und den verantwortlichen für das 14 Milliarden Projekt geht das auch mehr und mehr auf den Senkel, dass Sie da gar nicht mit dem Bagger nach oben fahren können, weil die Straße einfach blockiert bleibt.

Wir haben hier zwar jede Menge Heilige, aber ein heiliger Berg ist uns komplett fremd. Proteste wären vielleicht möglich, wenn man für ein Infrastrukturprojekt die Pino del Virgin umhauen würde, aber da oben auf dem Berg, ist es uns komplett schnuppe.

Da auf dem Roque de los Muchachos also keine protestierenden Guanchen zu erwarten sind, hat man hier prophylaktisch schon mal die „vorläufigen“ Genehmigungen zum Bau erteilt. Und das wäre schon was, so ein Riesending auf dem Berg stehen zu haben. Das GranTeCan, auf das wir ja auch schon mächtig stolz sind, hat gerade mal einen Durchmesser von 10 m.

Auf La Palma gibt es mächtig Unterstützung für den eventuellen Bau. Politiker aller Parteien werden nicht müde immer wieder öffentlich zu betonen, dass der Bau vollumfänglich unterstützt wird. Es gibt eine eigens eingerichtete Internetseite namens tmtlapalma.org, mit zugehöriger Facebookseite und Twitter-Account, der über den aktuellen Stand der Dinge informiert. Auch die Federacion Municipios Espanoles, vergleichbar mit dem Städtetag, unterstützt unser Vorhaben öffentlich. Die regionalen Kanarischen Zeitungen berichten regelmäßig vom Stand der Dinge und wollen uns in regelmäßigen Abständen Glauben machen, dass nun aber wirklich eine realistische Möglichkeit besteht, dass La Palma doch noch den Zuschlag erhält. Hier wird mal von 900, mal 1400 Arbeitsplätzen gesprochen, die durch das Projekt entstehen sollen. Lustig ist auch, dass man sich vor einigen Jahren bitterlich darüber beklagt hat, dass das ELT (Extreme Large Telescope), welches ein europäisches Projekt ist, eben nicht auf La Palma und somit in Europa, sondern in Chile gebaut wird. Dann nehmen wir eben das der Amerikaner, das ist dann so eine Art ausgleichende Gerechtigkeit. Aber selbst wenn wir das TMT bekommen sollten, wäre es nicht die größte Schüssel der Welt, weil das ELT ganze 39 m Durchmesser haben wird. Aber wir sind ja hier bescheiden.

TMT-Entwurf
So könnte es mal aussehen, das TMT (Bild: Courtesy TMT International Observatory).

Ganz objektiv gesehen wäre solch ein Projekt natürlich für die Insel ein Gewinn, nicht nur die Arbeitsplätze die den Bau und den Betrieb entstehen würden, wie viele auch immer das am Ende sein mögen, hätten eine wirtschaftliche Bedeutung, sondern auch die Tatsache, dass La Palma dadurch noch einmal anders auf der globalen Landkarte in Erscheinung treten würde.

Mittlerweile gibt es aber schon Meldungen, nach denen es am Ende gar kein TMT geben wird, da die bisherige Planung komplett auf Hawaii ausgerichtet war, und die Sache dort aber halt nicht voran geht. La Palma, als Alternativstandort, war und ist zwar immer noch im Gespräch, die Planungen müssten dann aber nochmal bei Null beginnen und das würde dann eben auch entsprechend Geld kosten. Bisher hat sich von Seiten des verantwortlichen Konsortiums jedenfalls noch keiner für La Palma ausgesprochen. Mir erscheint unsere Insel eher als eine Art Notnagel, aber solange niemand ausdrücklich „Nein“ gesagt hat wird man hier noch ein bisschen träumen dürfen.