Neue Fälle und Größenwahn

15 Tage waren wir ohne jeglichen Coronafall, und einig meinten schon, dass wir die Sache erstmal ausgestanden haben, aber dann kam es Schlag auf Schlag. Innerhalb von 48 Stunden gleich dreifach, und alle ohne jeglichen Zusammenhang. Das bedeutet, dass der Virus also hier noch unterwegs ist, aber nicht entdeckt wurde. Vorab, allen beteiligten geht es verhältnismäßig gut und sie befinden sich in häuslicher Quarantäne.

Fall Eins, bereits gestern, war ein Mitarbeiter für das Cabildo Insular, wie es heißt wohl für das Krankenhaus, der aus Teneriffa hierher kam um hier zu arbeiten. Dieser befand sich bereits seit einer Woche auf La Palma und hat einen Test in einem privaten Labor gemacht. Ärgerlich ist, und das wird auch kritisiert, dass das Ergebnis so lange gedauert hat. Der Fall gilt, aber nach offizieller Zählweise nicht als Fall auf La Palma sondern er wird noch Teneriffa zugeschrieben, da die Person dort gemeldet ist.

Heute Morgen wurde dann der positive Test eines Büroangestellten des Cabildos bekannt. Dieser war kurz vor dem Ausnahmezustand noch nach Madrid gereist. Jetzt wird darüber spekuliert, ob er die Infektion von dort hat, oder ob er sich hier angesteckt hat. Bei ersterem würde das bedeuten, dass auch 2,5 Monate nach der Infektion immer noch Viren vorhanden sind. Ob die Virenlast dann ausreicht, dass er jetzt noch ein Infektionsrisiko darstellen würde, ist dabei nicht klar.

Die dritte Person, die am Nachmittag benannt wurde, gibt ebenso Rätsel auf. Diese gehörte nämlich zu der Reisegruppe im Mürz nach Valencia, die mittlerweile als einer der Hauptursachen für die Verbreitung auf der Insel genannt wird. 5 der 6 Todesopfer auf der Insel gehörten just zu dieser Reisegruppe. Als dieser Zusammenhang festgestellt wurde, wurde über die sozialen Medien nach den Reiseteilnehmern gesucht. Die jetzt positiv getestete Person wurde dann, weil symptomfrei, nicht getestet. Auch hier stellt sich nun die Frage, wie lange diese Patientin den Virus bereits in sich trägt. Sie hat, wie die beiden anderen Fälle keinerlei Symptome gezeigt.

Nun noch ein anderes Thema, dass hier im Dorf und auch auf der Insel für mächtig Gesprächsstoff sorgt. Es handelt sich hierbei um Fußball, vielmehr um den Dorfclub Atlético Paso. Dorfclub möchte man nicht mehr sein, und nachdem man bereits im letzten Jahr in die 4. Spanische Liga aufgestiegen ist, wird jetzt das ganz große Fass aufgemacht. Man hat nämlich einen solventen Investoren gefunden, der, in den nächste Jahren nicht nur Geld sondern auch Spieler zur Verfügung stellen will. Dabei handelt es sich um die Spieleragentur „Sports&Life“, die vom Berater von Andrés Iniesta gegründet wurde und diesen auch betreut. Diese sind, neben Spanien auch in Japan und in Mexico tätig, haben aber Spieler aus der ganzen Welt unter Vertrag. Langfristig soll El Paso in die 2. Spanische Liga aufsteigen, für die kommende Saison ist der Aufstieg in die 3. Liga gewissermaßen bereits beschlossen. Die Agentur hat den Plan, junge und talentierte Spieler in El Paso aufspielen zu lassen und diese dann gewinnbringend an die richtig großen Clubs weiterzuvermitteln. Jetzt fragt man sich, wie so eine Firma auf so einen Dorfclub kommt. Der Grund liegt bei unserem neuen Trainer. Jorge Muñoz ist Palmero, hat in der Jugend bei Atl. Paso gespielt und auch schon mehrere palmerische Vereine trainiert. Allerdings ist er vor einigen Jahren als Co-Trainer in die erste kolumbianische Liga gegangen und hat dort die Millionarios Bogota trainiert. Von dort, ging es dann, und hier kommt die Verbindung, nach Japan zu Vissel Kobe wo er Fitnesstrainer war. Hier spielte, bis zum letzten Jahr noch Lukas Podolski. Aber auch die beiden spanischen Weltmeister von 2010, David Villa und eben Andrés Iniesta sind dort noch fußballerisch tätig.

Daher stammt also diese Verbindung. Warum aber bei Atl. Paso dieses Potenzial gesehen wird, bleibt ein Rätsel. Auf der Insel gibt es mit Mensajero und Tenisca (beide aus St.Cruz) zwei Vereine, die zumindest schon viele Jahre in der 4. Liga, teilweise auch schon in der 3. Liga gespielt haben. Ein Grund könnte sein, dass persönliche Freundschaften zwischen der lokalen Vereinsführung und dem neuen Trainer bestehen. Hinzu kommt auch, dass die Verbindungen ins hiesige Rathaus entsprechend eng sind und in diesem Vertragskonstrukt soll eben auch die Gemeinde von El Paso involviert sein. So soll der Sponsor pro Jahr mehrere 10 000 Euro für das gemeindeeigene Stadion zur Verfügung stellen. Es heißt auch, dass es im Aridanetal eine professionelle Fußballschule geben soll in die auch das Cabildo Insular involviert sein soll.

Schon jetzt ist der neuer Trainer munter am Spieler verpflichten und lockt mit einem fetten Gehalt. Die Vereine, von denen die anderen Spieler abgeworben werden, beschweren sich bereits öffentlich, dass Atl. Paso den Markt zerstören würde. Wegen der Coronageschichte werden nahezu alle anderen Vereine wesentlich weniger Geld zur Verfügung haben als in den vergangenen Jahren. Nur eben nicht das Hoffenheim von den kanarischen Inseln, da wird sich der Etat ca. verdreifachen, und es muss wohl für die jungen Talente kein Gehalt übernommen werden.

Mir, als mittlerweile langjährigem Vereinsmitglied, schmeckt das nicht wirklich. Nicht umsonst gehe ich ja zum regionalen Fußballclub, da mich das ganze Geldsystem im professionellen Fußball eher anwidert. Das schöne hierbei ist ja, dass man die Spieler im Dorf trifft, mit denen ins Gespräch kommt und man irgendwie eine große Familie ist. Die Vereinsführung hat da in den letzten Jahren zwar schon einiges getan um den familiären Charakter kaputt zu machen, aber im letzten Jahr war es fantastisch, was aber auch an unserem Trainer lag, der die Mannschaft eben nicht nur nach nomineller Leistung, sondern auch nach Charakter zusammengestellt hat. Letztlich war El Paso die Überraschungsmannschaft der vergangenen Saison und man hat eigentlich über seinen Möglichkeiten gespielt, was im Dorf eine gewisse Euphorie ausgelöst hat. Der Investor bindet sein Engagement aber an den neuen Trainer und so hat man eben dem alten mitgeteilt, dass man mit ihm nicht weiterarbeiten möchte. Dabei war dieser der Grund für das erfolgreichste Jahr in der Vereinsgeschichte. Fußballerisch war El Paso im letzten Jahr in einer Art Rauschzustand. Der Zuschauerschnitt lag bei knapp 900 Personen pro Begegnung und war damit fast doppelt so hoch wie beim Zweitplatzierten Club in diesem Ranking. Vielleicht sehen die Herren Investoren auch hier ein gewisses Potenzial.