Der Engländer spuckt uns gewaltig in die Suppe

Die Situation für den Patienten droht langsam richtig ernst zu werden. In diesem Fall ist der Patient Spanien, vielmehr der Tourismus, und die Briten fummeln da gerade an der Beatmungsmaschine rum. Gestern teilte die Regierung von Boris Johnsen nämlich mit, dass alle sich in Spanien befindlichen Touristen, nach Ihrer Rückkehr ins Vereinigte Königreich, in eine 14-tägige Quarantäne begeben müssen. Das Ganze war nicht mit den spanischen Behörden abgesprochen, sondern wurde einfach mal in die Welt hinausposaunt. TUI hat daraufhin verkündet, dass sämtliche Flüge nach Spanien eingestellt werden, ruderte aber kurz darauf zurück, da die Briten zwar das spanische Festland zum Risikogebiet gemacht haben, aber die Kanaren und die Balearen ausdrücklich davon ausgenommen sind. Also wird weiterhin von der Insel auf die Inseln geflogen werden. Jetzt fragt man sich natürlich, warum denn Reiserückkehrer von den Inseln trotzdem in Quarantäne sollen. Das hat sich auch die Spanische Regierung gefragt, und hat heute darüber verhandelt. Der Britische Botschafter hat aber schon verkündet, dass die Quarantäne für das ganze Land gelten wird. Ein Schelm wer da eine andere Absicht wittert.

Jetzt ist es tatsächlich so, dass in Spanien die Fallzahlen im Laufe der letzten Wochen gestiegen sind, und das ganz ordentlich. Wenn man sich aber die Sache genauer anschaut, merkt man, dass sich der Anstieg vor allem auf Katalonien und Huesca konzentriert. Im größten Teil Spaniens sind so gut wie keine signifikanten Ansteckungszahlen zu finden. Im Gegenteil, von den Zahlen her könnten wir es locker mit Großbritannien und auch mit Deutschland aufnehmen. Frankreich z.B. hat besonnen reagiert und hat seine Bürger gebeten nicht nach Katalonien zu reisen. Der Rest von Spanien gilt also als sicher, und auch in Katalonien hat sich der Anstieg wieder etwas verlangsamt, was aber natürlich mit der entsprechenden Vorsicht zu bewerten ist, da ja Wochenende war.

Dennoch geht uns allen hier gewaltig die Düse. Gut, La Palma ist jetzt nicht gerade ein beliebtes Ziel bei den Engländern, die übrigen Kanaren aber um so mehr. Und natürlich fragen wir uns hier auch, welche Wirkung das hat. Eben nicht nur, dass die Leute verunsichert sind, da solche Meldungen nicht gerade förderlich sind, sondern wir haben auch Angst, dass von deutscher Seite eine ähnliche Aktion kommen könnte, weil das populistisch vielleicht geradeso reinläuft. Wir haben im Moment sowieso nur zwei wöchentliche Flugzeuge aus Deutschland, aber die Diskussion um Coronatests für Urlauber die aus Risikogebieten zurückkommen, trägt jetzt auch nicht zur Beruhigung bei. Wobei man sagen muss, dass es den Reisenden sogar Sicherheit geben kann, schließlich möchte man ja niemanden in seinem sozialen Umfeld gefährden. Und ist der Test negativ, muss man sich auch nicht in die Isolation begeben. Und nochmal, Spanien ist im Moment KEIN Risikogebiet, und die Kanaren schon gar nicht. La Palma ist seit mehr als vier Wochen COVID-19-frei. Wenn man also davon ausgeht, dass Fliegen, wegen der antiviralen Filter, relativ sicher ist, zumindest wurde bisher noch keine Massenansteckung weltweit in einem Flugzeug nachgewiesen, könnte man zu dem Schluss kommen, dass man ruhigen Gewissens in den Urlaub fliegen kann. Jetzt kommt aber der soziale Druck ins Spiel. Schlagzeilen wie „tödliches Urlaubsmitbringsel“, wie bei Spiegel Online, bezogen auf zwei Mallorcaurlauber, von denen nicht mal bekannt ist, ob die Ansteckung wirklich im Urlaub oder bereits davor erfolgt ist, sorgen dafür dass der Auslandsurlauber in diesem Jahr, generell als verantwortungslos und Gemeinschaftsgefährder angesehen wird.

Urlaub hat, wenn schon denn schon, auf einem teutonischen Campingplatz mit 1A-Sanitäranlagen statt zu finden. Dann lieber in Massen durch den Schwarz-, Bayrischen oder Sonstwowald marschieren oder sich in überfüllte Ostseebäder legen. Verlässt man aber gerade aus Urlaubsgründen das eigene Land gerät man unter Rechtfertigungsduck. Man könnte hierbei von „Urlaubsscham“ sprechen. Wobei der Schambereich geographisch in diesem Fall nicht wie sonst in der Mitte liegt, sondern an der deutschen Außengrenze beginnt.

Und nochmal, ich kann jeden verstehen, der in der momentanen Situation nicht ins Ausland reisen möchte, da es natürlich nicht angenehm wäre in einem fremden Land entweder fest zu sitzen oder gar infiziert zu sein. Man kann sich aber auch bei einem Gang in den Supermarkt oder in einer Eisdiele um die Ecke anstecken. Oder, wenn man sich selbst, und der Rest der Menschheit sich auch einigermaßen vernünftig verhält, das Risiko entsprechend minimieren und das gilt auch für den Urlaub, wenn man in ein Gebiet fährt, in dem die Fallzahlen nicht höher als zu hause sind.