Ángel Victor Torres
Presidente de Gobierno Canarias
Plaza Dr. Rafael O’Shanahan, 1
35071 Las Palmas de Gran Canaria
Lieber Ángel Victor,
Wie du ja aufgrund deiner Position sicher mitbekommen hast, sieht das alles gar nicht mehr so rosig aus. Gut, ich möchte gerade nicht in deiner Haut stecken, zumindest möchte ich nicht die Entscheidungen treffen müssen, die du gerade treffen musst. Aber ich schreibe Dir, weil ich denke, dass wir so wie bisher nicht weiter machen können. Klar, die Sache mit den Britten war Kacke, da war ja von den Fallzahlen noch alles gut und es gab also gar keinen Grund dafür Reiserückkehrer von den Kanaren in Quarantäne zu schicken. Jetzt ist es aber so, dass uns jetzt auch noch die Deutschen wegbleiben und wir sind selbst schuld daran. Wir haben hier den ganzen Sommer über gefeiert, uns mit Freunden und der Familie getroffen und für eine wunderbare Ausbreitung des Virus gesorgt. Jetzt kommt halt gar niemand mehr, und wenn wir die Sache mit den Fallzahlen nicht in den Griff bekommen, sprich uns die europäischen Entsendeländer nicht von der schwarzen Liste nehmen, dann gehen hier die Lichter aus.
Die Situation ist so ernst, dass wir hier diesmal der Armut nicht mal mehr nach Venezuela entfliehen können, da sieht es ja perspektivisch auch nicht so toll aus. Klar, du hast uns in den letzten Wochen immer wieder ermahnt, dass wir uns an die Spielregeln halten sollen, Deine Kollegin Yaiza Castilla hat auch gesagt, dass uns ein soziales Drama drohen würde, wenn der Tourismus auf null gesetzt wird. Dabei geht es ja nicht mal nur um die Menschen die direkt oder auch nur indirekt von diesem Tourismus leben, sondern die wegfallenden Einnahmen, wir haben ja keine andere Möglichkeit an Geld von außen zu kommen, sorgen dafür, dass die gesamte Region zahlungsunfähig sein wird, und das schon bald. Es gibt kein Geld mehr für die Verwaltung (das betrifft auch Dich), Lehrer können nicht mehr bezahlt werden, lokale Behörden werden die Arbeit einstellen usw.
Jetzt war es ja so, dass es trotz aller Warnungen nicht funktioniert hat, dass wir in Eigenverantwortung die Fallzahlen niedrig halten. Und wenn Du ehrlich bist, lieber Ángel, dann war das ja auch klar. Ich muss Dir das gar nicht erzählen, du kennst die Leute hier besser als ich, schließlich lebst Du, im Vergleich zu mir, schon etwas länger auf den Kanaren. Aber gut zureden hat ja nichts gebracht, deshalb wollte ich Dir eine pragmatischere Herangehensweise ans Herz legen. Du hast ja heute, bereits härtere Sanktionen bei Nichteinhaltung der Abstands- und Hygieneregeln angekündigt. Nur müsstest Du halt auch noch dafür sorgen, dass die auch durchgesetzt werden. Irgendwie habe ich immer noch den Eindruck, dass das uns gar nicht so richtig juckt. Ja, natürlich hast du die Bürgermeister der Gemeinden schon mehrfach aufgefordert die Regeln mit Hilfe der Policia Local durch zu setzten. Aber die wollen nicht so richtig, weil die sich beim eigenen Volk auch nicht unbeliebt machen möchten.
Deswegen jetzt meine Bitte an Dich: Hau da mal richtig rein. Wir brauchen eine Harte Hand, die uns so richtig rannimmt, weil wir sonst zu blöd sind es zu kapieren. Zusätzlich zu den Strafen, fände ich es in der momentanen Situation auch recht gut, wenn Du über Las Palmas de Gran Canaria und über Lanzarote, eine vielleicht 14-tägige Ausgangssperre verhängen würdest. Dein Genosse Pedro aus Madrid hat das im März schon mal ganz effektiv hinbekommen, und das Resultat war gar nicht so schlecht. Es ist ja nicht nur so, dass damit das völlig aus dem Ruder gelaufene Infektionsgeschehen unterbrochen werden würde. Die Zahlen von heute mit mehr als 220 Neuinfizierte in Las Palmas und über 50 auf Lanzarote, bei gerade mal 60 000 Einwohnern kennst du ja, nein, es hätte auch für uns alle einen pädagogisch wertvollen Effekt. Wenn wir uns nicht zusammenreisen werden wir eben eigesperrt. Echt jetzt, uns muss es erst richtig wehtun, bevor sich was ändert. Die Argumentation mit den wirtschaftlichen Folgen die ein solcher Lockdown mit sich bringt, zählen glaube nur bedingt, wenn der Dienstleistungssektor mal für 14-tage stillgelegt ist, dann ist das natürlich für die betroffenen übel, aber da fällt Dir sicher was ein. Fällt aber der Tourismus, als einziger Wirtschaftsmotor der Kanaren weg, dann ist es auch mit dem Dienstleistungssektor vorbei. Wer kein Geld mehr hat, der geht auch nicht zum Friseur und bestellt auch keine Pizza.
Achso, noch was: Die neue Diskussion um die PCR-Tests bei der Einreise, und wer die Kosten übernimmt, könnten wir übrigens auch mal lassen, dass wirkt schon etwas peinlich gerade. Solange niemand mehr kommt, brauchen wir ja auch keine kostenlosen Tests für die Urlauber
Also nochmal, lieber Ángel, würg uns bitte richtig eine rein, es muss weh tun!!! Im Moment scheint es kaum jemanden zu interessierten was in einem halben Jahr ist. Deswegen ist jetzt der richtige Zeitpunkt für Dich nach vorne zu gehen. Ich glaube, dass Du das kannst.
Viele Grüße aus El Paso und pass bitte gut auf dich auf
Simon
P.S.: Könntest Du auch noch unserem Bürgermeister Sergio mal mitteilen, dass Konzerte und Pferderennen in der momentanen Situation eher unpassend sind, wegen gutem Beispiel und so. Außerdem können wir die Kohle, die der grad dafür raushaut in der Zukunft für etwas sinnvolleres gebrauchen. Aber das nur, wenn Du mal kurz Zeit hättest. Also kein Stress, die andere Sache ist wichtiger.