Es wird immer ruhiger

Das liegt aber nicht nur am fehlenden Tourismusaufkommen, sondern auch daran, dass mit dem Beginn der Schule, der Alltag wieder eingesetzt hat. Das sommerliche Treiben hat ein Ende, jeder geht wieder seiner Wege und Kneipen und Bars werden leerer. Vielleicht liegt das aber auch jetzt daran, dass den Leuten langsam das Geld ausgeht. Meine Frau wurde diese Woche, innerhalb kürzester Zeit mehrfach auf offener Straße angesprochen, ob sie nicht einen Job zu vergeben hätte. Auf dem Parkplatz vom HiperDino läuft auch ab und an eine Frau rum, die versucht selbstgemachte Stoffarmbänder zu verkaufen. Früher war das auch hin und wieder so, aber eher selten. Das sieht alles also gar nicht so gut aus.

Ruhig ist es aber auch, weil ganz einfach der größte Teil der Veranstaltungen abgesagt wurde. Fiestas finden keine statt, und auch Konzerte gibt es kaum noch. Die Kulturschaffenden, die ja im Normalfall selbstständig tätig, also sogenannte „Autonomos“ sind, darben immer mehr, und fangen jetzt auch das Protestieren an. Während des totalen Lockdowns haben Selbstständige ebenfalls eine Unterstützung erhalten, die gibt es jetzt aber nicht mehr. Aber das mit den Kulturschaffenden ist ja gerade überall das Selbe.

Wir in El Paso machen aber weiter Veranstaltungen. Nächste Woche, am 3. Oktober finden hier die spanischen Trailrunningmeisterschaften statt. Normalerweise läuft das im Rahmen des Reventón-Trails, aber der fällt ja, genauso wie die Transvulcania, dieses Jahr aus, da das mit der internationalen Teilnehmerschaft eben nicht hinhauen kann. Allerdings sollen jetzt tatsächlich alle Teilnehmer PCR-getestet werden, und man sieht sich schon als ein Pilotprojekt. Gut, die Veranstaltung findet draußen statt, aber wenn man da so durch den Wald läuft und die Konkurrenz einem schweratmig in den Nacken hechelt, dann scheint das ja eine recht gute Idee mit dem Testen zu sein. Zuschauer am Wegesrand sind auch nicht willkommen und es gibt auch kein feierliches Rahmenprogramm. Das ganze ist also rein sportlicher Natur.

Weniger sportliche Relevanz hat dagegen das für diesen Samstag anberaumte Fußballspiel hier im Dorf. Wir haben nämlich den Platz renoviert, und der neue Kunstrasen soll eingeweiht werden. Ursprünglich war das schon vor ein paar Wochen angedacht und es sollte dazu eigentlich UD Las Palmas, also 2. spanische Liga, anreisen. Wegen den hohen Infektionszahlen dort, wurde das dann aber nichts. Jetzt hat man sich UD Tamaraciete geangelt, rein sportlich gerade wahrscheinlich die Nummer 3 auf den Kanaren. Die Zuschauerzahl wurde limitiert und die Tribüne in 4 Sektoren eingeteilt und der Club macht dafür eifrig Werbung. Allerdings wirkt es schon ein wenig albern, weil man den harten Kern der partymachenden Anhängerschaft dazu aufgefordert hat, sich im selben Sektor einzufinden. Wegen der Stimmung und so. Ich selber bin schon ganz gespannt auf das neue Team, schließlich bin ich da ja auch Vereinsmitglied und es ist jetzt sogar einer mit Erstligaerfahrung dabei. Hingehen werde ich aber nicht. Sportlich geht es um nichts und Brot und Spiele ist nicht so meins. Der Bürgermeister/Caesar hält dann sicherlich noch eine Rede und alle beweihräuchern sich selbst. Es ist halt auch nicht so, dass wir gerade viel zu feiern hätten. Erst heute hat der palmerische Touristenverband „Tedote“ wieder gemahnt, was uns drohen wird, wenn wir nicht bald wieder Urlauber auf der Insel haben. Solange uns hier ernsthafte der gesellschaftliche Brotentzug droht, möchte man vielleicht das mit den Spielen einfach mal bleiben lassen.

Wir sind mittlerweile aber nah dran an den vom RKI geforderten 50 pro 100 000 Einwohner pro Woche. 53,31 waren es heute bei kanarenweit 136 Neuinfizierten. Mein Taschenrechner hat mir verraten, dass wir morgen sogar 160 neue haben könnten, und wären dann immer noch unter 50, weil morgen nämlich 228 aus der 7-Tagesstatistik fallen. Hier gilt aber ganz klar, dass weniger mehr ist. Außerdem habe ich gestern festgestellt, dass das RKI in der Risikobewertung immer den Mittwoch nimmt. Das nächste mal wäre dann also der 30. September. Mit einem IA-Wert von 49kommairgendwas sind die Chancen eher mau. Zwischen 40 und 45 wäre ganz toll. Dann hätten wir vielleicht tatsächlich eine realistische Option, dass die uns wieder als „sicher“ einstufen.