Europa wieder aufmachen

Unsere Gesundheit und unser Wohlergehen steht an erster Stelle, so wir uns von der EU auf der neuen Internetseite https://reopen.europa.eu/de versichert. Ich finde das schön, wenn sich jemand um mich sorgt, man hat direkt das Gefühl als Mensch wichtig zu sein. Aber man möchte doch das Chaos verhindern und bei der Wiedereröffnung des Ladens eine einheitliche Linie fahren. Und weil der europäische Bürger sich informieren möchte, darf er das auf eben jener Seite und kann sich dann, jetzt noch nicht, die Karte gibt es noch gar nicht, darüber informieren, wie riskant seine Heimatregion oder sein Reiseziel sein wird.

Mit der einheitlichen Linie wird das aber wohl eher nichts, weil die einzelnen Staaten der Union machen dürfen was sie wollen. Nur wenn eine Region grün ist, soll es keinerlei Beschränkungen geben. Bei der derzeitigen Infektionslage wird es aber kaum ein grünes Fleckchen in Europa geben. Die angelegten Kriterien sind nämlich gar nicht ohne:

GRÜN: Regionen mit einem IA-Wert von unter 25 in 14 Tagen, bei einer gleichzeitigen Positivrate der PCR-Tests von 4%

ORANGE: Gebiete in denen der IA-Wert unter 50 liegt aber die Positivrate bei über 4%. / Regionen mit einem IA-Wert zwischen 25 und 150 bei gleichzeitiger Positivrate von unter 4%

ROT: Gebiete mit einem IA-Wert von 150 oder mehr / Regionen mit einem IA-Wert von über 50 bei gleichzeitiger positiver Testrate von 4% oder mehr

GRAU: Gebiete die nicht ausreichend Daten zur Verfügung stellen

Die Kanaren wären mit einer Positivrate von 3,6% und einem IA-Wert von 82,75 (14-Tage) damit als einzige Region Spaniens orange. La Palma als Insel wäre mit einem IA-Wert von 9,7 als einzige Insel grün.

Jetzt kommt noch das lustige an der Geschichte: Zwar ist die Seite online, aber die Karte noch gar nicht gemacht. Unabhängig davon müssen die einzelnen Länder dieser europäischen Vereinbarung erst noch zustimmen, bevor diese umgesetzt werden kann. Das gilt sowohl für Deutschland, wenn es um die Handhabe mit orangenen Regionen geht, als auch für Spanien, wenn es um etwaige Einreisebeschränkungen geht. Zwar könnten alle weiterhin eigene Spielregeln verfassen, müssten die dann aber teilweise wieder anpassen. Die Korridorgeschichte mit vorgeschriebenen PCR-Tests für Urlauber auf, die auf die Kanaren kommen, wackelt da dann auch wieder. Zudem diese Verordnung nach wie vor nicht in Kraft getreten ist, da bisher nichts auf der Seite der Regierung veröffentlicht wurde. Angel Torres, der kanarische Oberboss meinte aber heute, dass wir am besten auch die Festlandspanier mit in die Verordnung packen. Ich wage mich jetzt etwas aus dem Fenster und behaupte, diese Verordnung wird wohl nicht in Kraft treten, man wartet auf die europäische Lösung. Das wäre gut, weil vermutlich der Großteil von Deutschland eben auch orange sein wird, und man muss dann gar nix machen.

Ähnliches befürchte ich aber auch in die andere Richtung. Wir sitzen nämlich immer noch auf der Risikogebietsliste des RKI, obwohl wir jetzt fast 2 Wochen unter dem geforderten Wert von 50 sind. Gestern waren es offiziell 38,08 Neuinfizierte pro 100 000 Einwohner in den letzten 7 Tagen. Mit dem ganzen Ministerpräsidententreffen und dem Beherbergungsverbotsheckmeck waren die aber wohl auch beschäftigt. Jedenfalls gab es bisher keine Aktualisierung der Risikogebiete auf der Seite des RKI. Das letzte Update war am 7. September.

Nachtrag so gegen halb 8 Ortszeit:

Mittlerweile hat das RKI die neue Liste draußen. Und siehe da, es kommen etliche Regionen innerhalb der EU drauf. Runter kam aber nur Namibia. Ich kenne deren Infektionszahlen nicht. Aber es sei jedem gegönnt, wenn er nicht auf der schwarzen Liste steht. Langsam fragt man sich aber dennoch, was das alles soll. Schließlich hat man ja transparente Zahlen aufgerufen, wenn es um die Bewertung von Risikogebieten geht und wir sind da jetzt weit drunter. Es ist aber gerade so, dass man nicht möchte, dass verreist wird, das geben die Herrschaften, die die Entscheidungen tätigen ja mehr oder weniger unumwunden zu. Schließlich sind ja immer noch Herbstferien und man hat sich, siehe Beherbergungsverbot, wohl auf Reisende eingeschossen. Auf der Web-Seite des RKI steht, dass alle Entscheidungen mit dem Innen-, dem Gesundheits- sowie dem Außenministerium abgesprochen werden. Ebenso soll die Auslandsvertretung vor Ort angehört werden, die sich, so hat es zumindest die Presse gemeldet, für eine Aufhebung des Risikogebietes ausgesprochen hat. Ich rieche da mittlerweile eher eine politische Entscheidung. Das schlimme dabei ist aber, dass man die Verschwörungsfanatiker mit so etwas eben auch füttert. Die Bereitschaft sich dann wiederum an die wirklich sinnvollen Maßnahmen, wie Kontaktvermeidung und Abstandsregeln zu halten sinkt dadurch dann bei so manchem zusätzlich.