Nach Calima kommt Regen

Die letzten Tage war es hier, calimabedingt, recht dunstig, dafür aber angenehm warm. Die Sichtweite ist jetzt, mit dem Verschwinden des Staubs in der Luft, nicht besser geworden, dafür ist es jetzt nasskalt und nebelig, bzw. hängen die Wolken in El Paso so tief, dass man mitten drin ist. Verantwortlich ist der Ausläufer einer Schlechtwetterfront die uns hier, von Westen kommend, streift. Morgen Vormittag soll es dann aber schon wieder vorbei sein mit der Nässe. Draußen ist es unangenehm bis eklig. Deswegen ist heute auch zuhause bleiben angesagt. Ofen angeschmissen und die letzten dicken und schlecht spaltbaren Mandelholzbrocken, die der etwas kalte Winter über gelassen hat, verfeuert. Auch die Befellten liegen einträchtig im Wohnzimmer in der Nähe der Wärmequelle und schlafen vor sich hin.

Auf der Ostseite sieht es wettertechnisch wohl nicht besser aus. Hinzukommen dann auch noch die Fallwinde und schon geht am Flughafen nicht mehr viel bis gar nichts. Dabei ist heute ja der internationale Hauptlandetag. Lufthansa, Edelweiss und EasyJet haben sich, nach mehrmaligem kreisen, aber jetzt nach Teneriffa verkrümelt. Morgen Vormittag soll der nächste Anlauf genommen werden.

Alles dümpelt so vor sich hin und es passiert nichts aufregendes. Allerdings gibt es ein spannendes Thema aus Tazacorte. Da hat nämlich der Gemeinderat in parteiübergreifender Einträchtigkeit Experten zu Rate gezogen, die dem alten Yanes-Lagerhaus, gegenüber der Hafeneinfahrt, eine kulturelle und geschichtliche Relevanz zu sprechen. Hintergrund sind die Abrisspläne seitens der Inselregierung, weil da nämlich ein Kreisverkehr hin soll, in den die sich im Bau befindende Umgehungsstraße münden soll.

Soll weg, oder auch nicht. Altes Lager am Hafeneingang von Tazacorte

Jeder, der schon mal am Hafen von Tazacorte war, ist dieses halb verfallenen und runtergekommene Gebäude sicher schon aufgefallen. Das bildet gewissermaßen einen herrlichen Kontrast zum direkt daneben liegenden Gebäudeklotz, der eigentlich, weil ohne anständige Genehmigung gebaut, höchstrichterlich zu entfernen wäre. Die Experten, die da zu Rate gezogen werden, berufen sich auf ein Gesetzt aus dem Jahr 1999, in dem es um den Schutz des kulturellen kanarischen Erbes geht. Dabei wird dicke aufgetragen so werden die Abrisspläne als ein „irreparablen Angriff auf das historische und kulturelle Erbe von La Palma, dem Aridane-Tal und Tazacorte bedeuten würde; Beitrag zur Depersonalisierung und Banalisierung seines Images und seines Identitätsverlusts für immer, wodurch ihm aufgrund seiner wirtschaftlichen, touristischen und kulturellen Möglichkeiten für die künftige Entwicklung der Gemeinde und des Hafens von Tazacorte unersetzliche Ausrüstung entzogen wird. “ bezeichnet.

Auf den ersten Blick ist das ein ziemliches Bohei um so ein verwittertes und baufälliges Gebäude. zumindest ich kenne das Ding aus den vergangenen 20 Jahren nicht in einem wirklich besseren Zustand, und die Gemeinde Tazacorte hat ja, im Hinblick auf kulturelle und touristische Nutzung, ja nicht wirklich was gemacht. Wenn man aber ein wenig darüber nachdenkt, dann ist das alles gar nicht mal so falsch. Zumindest mir geht es gerade immer mehr so, dass ich das Gefühl habe, dass wir unsere Einzigartigkeit im Kanarenvergleich, nach und nach verlieren. Man denke an den alten Hafen, den schnuckeligen alten Airport, die verloren gegangenen Kioscos in El Remo und Fuencaliente oder an die Entwürfe für den Umbau des alten Monterrey-Hotels in El Paso. Alles wird gerade schick und modern aber eben auch austauschbar. Dass wir uns dabei einen Gefallen tun, bleibt fraglich. Das Urlaubspublikum, dass nach La Palma kommt, sucht ja ein stückweit das Besondere, darum sind die meisten ja Wiederholungstäter.

Jetzt gerade in der Krise, mit quasi Nulltourismus, sind die Politiker, auf Gemeinde- und Inselebene gewaltig am arbeiten. Man hat ja auch Geld, zum Wiederanlaufen de Tourismus bekommen. Und so stellt sich fast jede Inselgemeinde als eigene Marke dar und es wird gewaltig die Werbetrommel gerührt. Massig entstehen dabei wirklich professionell gemachte Werbefilmchen. Diese Sachen sind meist richtig gut gemacht. Vor allem wenn es um schöne Naturdarstellungen, das ist ja unser Hauptkapital, geht, kommt das zielgruppentechnisch auch sicher gut an, und erregt bei so manchem Inselliebhaber, der es pandemiebedingst im letzten Jahr nicht hierher geschafft hat, die entsprechende Inselsehnsucht. Vielleicht bin ich da auch schon ein wenig zu alt für den Quatsch. Aber wenn man zu Werbezwecken das Anlegen eine neuen, symmetrischen Mandelplantage mit einer Drohne filmt und mit Musik unterlegt, dann wirkt das einfach zu dick aufgetragen, zumindest für mich. Die Idee der Mandeln und auch das Bewerben, hier sollen ja schließlich auch die touristischen Wanderer irgendwann mal die eine oder andere Trockenfrucht auflesen, ist ja schön und gut. Sergio der Bürgermeister von El Paso hatte es ganz wichtig, auch im Hinblick der Tradition, die wir hier mit der Mandel haben und der kulturellen Identität. Das beißt sich dann aber mit dem modernen Kleinfluggerät.

Man kann die Geschichte dessen was wir hier sind und was wir darstellen wollen, glaube ich ganz gut mit Automarken vergleichen. Wir sind hier gewissermaßen der Dacia Duster unter den Kanarischen Inseln. Kein übertriebenes technisches Schnickschnack, dafür aber preisleistungstechnisch tiptop. Understatement als Werbestrategie klappt bei Dacia auch ganz prima. Wenn wir jetzt versuchen uns als BenzBomber darzustellen, laufen wir aber Gefahr uns lächerlich zu machen. Vielleicht könnten wir ja auch versuchen Mehmet Scholl als Werbefigur gewinnen.