Der Björn macht das

Wir haben ja gerade das Problem mit dem Nulltourismus. Irgendwas ist da seit geraumer Zeit im Gange, das dafür sorgt, dass hier die Urlauber ausbleiben. Auch die, die kommen wollen, tun sich mächtig schwer, Quarantäneregeln, maue Flugverbindungen und der ganze Spaß spucken uns gewaltig in die Suppe. Die einfachste Lösung um die Situation zu verbessern wäre natürlich ein konsequentes Drücken der Fallzahlen. Dann wäre das Thema des Risikogebietes vom Tisch und, wie man an den Balearen sieht, die Leute würden kommen.

Wir denken aber offensichtlich zukunftsorientiert, also so in einigen Monaten, so ab nächsten Winter dann. Das erklärte Ziel ist es wieder auf vorcoronales Niveau zu gelangen, oder am besten noch drüber. Man träumt hier so ein wenig von den Jahren 2015-2017. Da war hier nämlich richtig was geboten. Die Kanaren haben da Rekordbesucherzahlen gehabt. Das lag aber eher daran, dass andere Ziele, wie Nordafrika und Griechenland da krisenbedingt als Urlaubsziel nicht hoch im Kurs waren. Von dem Boom hat La Palma einige Krümel abbekommen, was bei den sowieso geringen Besucherzahlen im Vergleich zu den anderen Inseln, für uns eher ein großes Tortenstück war. Von den Leuten, die damals da zusätzlich aufgeschlagen sind, haben sich aber wahrscheinlich die wenigsten in die Insel verliebt, also wurden nicht zu Wiederholungsurlaubern. Genau die sind aber unser Kapital, und nicht wenige waren auch etwas irritiert, ob der „neuen“ in diesen Jahren. Manch einer liebäugelte dann plötzlich mit Inseln wie El Hierro, weil ihm hier das alles zu „überlaufen“ war. Natürlich haben wir noch Wachstumspotential, das passiert aber ganz von selbst. Viele Stammgäste bringen dann beim 4. oder 5. Besuch Freunde mit und die werden dann eben auch Stammgäste. Wachstum um des Wachstums willen ist aber da vielleicht eher kontraproduktiv. Der normale La Palma Urlauber kommt ja hier her, weil La Palma eben La Palma ist und nicht Lanzarote oder Gran Canaria. Wir sind das Nischenprodukt der Kanaren und machen da vielleicht einiges richtig, ohne es überhaupt zu merken. Die momentane Pandemiegeschichte wird uns eher nach vorn bringen. Ich glaube ganz fest daran, dass wir hier gegen den Massentourismus gewinnen werden. Masse und Abstand halten verträgt sich nämlich nur mäßig und ein Ferienhaus irgendwo auf dem Land gibt ein sichereres Gefühl als ein Hotelshuttle. Und neben der grandiosen Natur haben wir hier etwas, das die anderen nicht haben. La Palma ist eine Insel der Palmeros. Die Infrastruktur hier ist mehr auf die Bewohner als auf die Besucher ausgerichtet. Aber genau deswegen kommen die Besucher ja hierher. Der Urlauber weiß ganz genau, dass es das beste Essen in den Restaurants gibt, in denen keine bebilderte Speisekarte hängt sondern möglichst viele Nichtmietwagen vor der Tür stehen. Auch das herrlich unperfekte und etwas ratzelige macht den Scharm der Insel aus. Natürlich sind die Bananenmauern hässlich, aber sie gehören dazu und sind ein Ausdruck einer gewissen Ursprünglichkeit und das ganz ohne Kitsch. El Remo als Urlaubsdestination mag nicht attraktiv sein, aber für einen Ausflug ist das super, weil es eben eine Wochenendsiedlung der Einheimischen ist.

Das ist auch La Palma. Man muss die Schönheit nur sehen
Das alte Kino in El Paso. Seit Jahren leer. Sieht immer heruntergekommener aus, hat aber auch was.
wunderbar unperfekt
Die Bar von Emilio, neben dem Kino. Wahrscheinlich der am wenigsten genießbare Kaffee der Insel, aber da trifft man das ganze Dorf.

Aber egal, der Touristenverband und der Inselrat für Tourismus rühren jetzt die Werbetrommel. Man hat einen Vertrag geschlossen und gibt dafür 80.000 € an den Werbe- und Touristenfachmann Björn Mildner. Der soll uns jetzt als Ziel bekannt machen. Das kann übrigens auch richtig gut sein. Nicht wenige gehen ja immer noch nach Gomera und halten das für den Inbegriff der Ursprünglichkeit, obwohl da ständig die Tagestouristen aus Teneriffa in organisierten Bussen über die Insel gekarrt werden. Denen mal La Palma nahe zu legen ist vielleicht gar nicht mal so doof. Allerdings bleibt die Frage ob der gute Mann La Palma versteht. Der kommt nämlich aus der Hotelbranche und hat in der Vergangenheit Luxushotels auf Teneriffa geleitet, also mit ganz anderem Zielpublikum zu tun gehabt. Ziel muss es sein, dass die Nachfrage steigt, nur dann bekommen wir entsprechende Flugverbindungen. Der Kreislauf des Kapitalismus eben. Neben den Gesprächen mit den Fluggesellschaften möchte Herr Mildner auch gezielt Blogger und Influenzer ins Boot holen. Von den Beeinflussern sind auch gerade einige schon da und teilen ihr Leben hier mit den zuhause gebliebenen, um entsprechend Neid zu erzeugen, da man hier ja gerade ein halbwegs „normales“ Leben führen kann. Der Selbstdarsteller wird aber sicher gar nicht so lange bleiben sondern bald weiterziehen. Das liegt ja im Begriff des digitalen Nomaden. Es geht da bei der positiven Darstellung ja gar nicht um die Insel La Palma sondern um die eigene Person. Das ist ja die Grundidee des Influenzertums. Irgendwie komme ich mir gerade stockkonservativ vor. Mit dem Instagramquatsch möchte ich gar nicht in Berührung kommen. Die Beeinflusser sollen ihren Ausfluss bitte für sich behalten. Ein wenig „locker machen“ täte mir vielleicht auch ganz gut, aber ich komme mit dem ganzen glattgebügelten nicht zurecht.