Da oben im hohen Norden, also in Puntagorda scheint man jetzt wirklich dicke Brötchen backen zu wollen. Nach der Geschichte mit dem Baubeginn der Seilrutsche über den Barranco de Izcagua, wurden nun die Pläne für das touristische I-Tüpfelchen, wie man es selber nennt, vorgestellt. An gleicher Stelle soll jetzt noch ein Restaurant aus dem Boden bzw. über den Abhang gestampft werden. 1,2 Millionen soll der Spaß kosten, bezahlt werden soll die Geschichte vom kanarischen Entwicklungsfond für touristische Infrastruktur. 15 Monate soll es brauchen, zwischen Baubeginn und Fertigstellung, wobei bis dato ein Baubeginn nicht zeitlich genannt wurde. Geplant ist ein Restaurant das gewissermaßen über dem Abgrund hängt, bzw. schwebt. Der geneigte Gast, den man sich international und auch vom Rest der Insel verspricht, soll also in einem durchsichtigen Glaskasten hockend seine Speisen einnehmen und sich in freier spektakulärer Umgebung mit Blick über die Schlucht und, so wird es extra erwähnt, die Seilrutsche, haben.
Mit der Renovierung des Bauernmarktes, der Seilrutsche und dem jetzt geplanten Speiselokal sollen sich die Investitionen auf insgesamt 4 Millionen Euro belaufen. Die Frage ist ja, ob die sich damit nicht wieder mal in das eigene Bein schießen werden. In den letzten Jahren, also in vorcoronaler Zeit, als die Kanaren einen gewissen touristischen Boom erlebten, weil eben auch Griechenland und Nordafrika nicht so als Urlaubsdestination ganz vorne mit dabei waren, sind viele der Gäste die normalerweise hier unten im Tal waren in den hohen Norden ausgewichen. Gerade Puntagorda hat in der Zeit unter den La Palma Stammurlaubern einen gehörigen Zulauf gehabt, weil dem Ruhe suchenden Stammgast der „Trubel“ hier unten zuviel wurde, so hat das auch unser vermiettechnisches Vorgängermodell berichtet. Wer also Ruhe und Ursprünglichkeit sucht, der ist in der Gegend um Puntagorda bisher prima aufgehoben.
Die Glasemporen, auf denen man einige Meter über die Schlucht laufen kann sind ja auch eine schöne Sache, der Blick über die Schlucht ist da auch wirklich gigantisch. Die Frage ist jetzt, ob das nicht schon großartig genug ist und ob man nach dem Ausblick nicht einfach 20m vom Abgrund entfernt und über die Straße, unter den Kiefern sitzend, sein mitgebrachtes Essen in freier Natur zu sich nehmen möchte. Natürlich wird da fast jeder, auch die hier wohnhaften mal hingehen, weil das Konzept ja auch wirklich spektakulär ist. Die Frage bleibt dann aber, ob es nicht am Ende bei dem einmaligem Besuch bleiben wird. Zumindest wenn ich essen gehe, zählt für mich vor allem die Qualität der dargebotenen Nahrung. Und da weiß man ja noch nicht wirklich was einen da erwarten wird. Ansonsten ist das ja eben nur Erlebnis- und nicht Qualitätsgastronomie. Wobei mit Qualität hier nicht irgendein schickimicki Schmackofatz gemeint ist, sondern eben einfach nur lecker, gerne zu typisch palmerischen Preisen in typisch kanarischer Atmosphäre. Da kommt nämlich unsere inseltypische Eigenheit ins Spiel. Der Palmero als solcher zahlt nämlich ungern touristische Preise solange er sich in heimischen Gefilden bewegt. Eine Flasche (0,33l) Dorada oder Tropical kostet nunmal € 1,20,- . Im Restaurants auch mal € 1,50,-, aber dann auch nur mit Zähneknirschen. Ähnlich verhält es sich mit dem Kaffee, der irgendwas um die 70 Cent kostet. Nur Don Manuel darf teurer sein, weil der Kaffee extrem lecker ist, was aber direkt zur Folge hat, dass da nicht jeder hingeht. Wenn also am Wochenende da oben Markt ist, dann kann es also gut sein, dass die Palmeros weiterhin um den Kiosk vor der Markthalle lungern und, Motorsport schauend, Bocadillos essen und gar kein Interesse am Blick in den Abgrund haben.