Ein wenig wie früher und Bagañetes laufen die Kinder weg

Wir haben hier das erste Wochenende nach ablaufen des spanischen Alarmzustandes hinter uns und irgendwas war komisch hier bei uns im Dorf. Letzte Woche hat man schon gesehen wie total bescheuerte Vögel in Madrid und Barcelona das Ende der nächtlichen Ausgangssperre gefeiert haben und, unter Verzicht sämtlicher AHA-Regeln, ihrem Hedonismus gefrönt haben und da wurde so manchem hier zu Lande gleich Angst und Bange. Also hat die lokale Politik uns quasi eine Woche eingeschworen, dass die ganze Geschichte ja noch gar nicht vorbei sei und man doch bitte weiter Vorsicht walten lassen sollte und man hat kanarenweit 7.000 Ordnungshüter für dieses Wochenende zum Aufpassen motiviert. Aus Gran Canaria kamen dann aber doch Bilder zu uns, die weniger schön waren. Da haben sich Menschenmassen in einem Einkaufszentrum, dicht gedrängt und ohne Maske feierlich amüsiert. Abstandsregeln und Maskenpflicht gelten aber hier weiterhin und so hat die Ordnungsmacht das kontrolliert und die Namen zum Zwecke der Multation notiert. Und siehe da, beim größten Teil der Bagage soll es sich doch tatsächlich um Touristen ausländischer Abstammung gehandelt haben, so berichtet zumindest „CanariasAhora“. Hier in El Paso war die letzten zwei Tage aber auch ein bisschen was geboten auf der Straße. Schon am Freitag Nachmittag waren Grüppchen von Juvenilen Dorfbewohnern mit tauringeladenen Dosen auf der Straße unterwegs aber alle schön mit Maske und in Einheiten von 6-7 Personen, also immer brav unter den maximal gestatteten 10. Das Wetter, wir haben es schön warm und sonnig, hat da auch geholfen. Außerdem gab es mit der Transvulcania Bike und der Eröffnung des jählichen Filmemacherfestivals „Festivalito“ gleich zwei Veranstaltungen, die Volk von außerhalb angezogen haben. So manch einer hier aus dem Dorf hat sich sicher gewundert, wo die ganzen Leute herkamen. Als es dann dämmerte, war es vor den Kneipen voll und auch laut. Es gab sommerliches Leben auf der Straße und irgendwie war es ganz komisch, als einem plötzlich bewusst wurde, dass es vor langer und vorcoronaler Zeit mal etwas wie ein nächtliches Leben in Spanien gegeben hat, dass schlagartig zurückgekehrt schien. Also noch schnell mit Oscar und Alberto bei Emilio ein Tropical getrunken und im Anschluss noch ein wenig mit Gustavo über Fußball gequatscht und dann komisch-glücklich um 21:30 Uhr nach hause gegangen. Und weil bei mir ja nichts uneingeschränkt toll sein darf, kamen dann auch gleich die Zweifel zurück: Sind wir den überhaupt schon wieder bereit für so viel Normalität? Rächt sich das dann wieder in potentiellem Wachstum? Setzt uns das RKI wieder auf die schwarze Liste, hämmerte es durch meinen Denkapparat und am schlimmsten war die Frage: Warum kann ich nicht einfach mal froh darüber sein, dass so viele Menschen nach dem ganzen Quatsch, einfach ein bisschen unbeschwert waren und das selber genießen? Alle hatten doch eine Maske auf und selbst auf die Umarmungen zur Begrüßung wird weitgehend verzichtet. Ein kurzes, verschämtes Rückenstreicheln ist das Maximum, ansonsten gibt es, bei Leuten die man mag, einfach eine lässige Faust.

So jetzt noch ein anderes Thema: Die schulpflichtigen Kinder aus der Gemeinde Tazacorte, so berichtete heute ElTime.es, gehen zu 62% nicht zur Schule. Zumindest nicht in Tazacorte. Von 475 Kindern sind nur 180 in den beiden Schulen in Tazacorte eingeschrieben. Davon entfallen 165 auf das C.E.O. Juan XXIII im Dorf, welches eine Grund- und weiterführende Schule ist, sowie ganze 15 auf die Grundschule in Puerto de Tazacorte. Diese Tendenz, dass man die Kiddies zwecks Bildung wohl eher nach Los Llanos schickt, gibt es schon länger aber es werden wohl immer mehr. Jetzt sucht man hierbei nach Gründen, weil man das natürlich gerne anders hätte. Für die Schule im Dorf kommt man gerade noch auf durchschnittlich 12,7 Schüler pro Jahrgang, und damit wird die Sache natürlich auch zum Selbstläufer. Dann werden für eine Klasse auch mal die Jahrgänge zusammen gelegt, und darauf hat dann auch wieder keiner Lust. Dann lieber nach Las Llanos, hier gibt es pro Jahrgang gleich mehrere Klassen. Wer hier einen studienfähigen Abschluss machen möchte, der müsste dann im Anschluss eh noch nach Los Llanos um dort das spanische „Abitur“ zu machen. Da kann man also doch auch gleich von Anfang an dort hin gehen, dann muss man sich im jugendlichen Alter nicht nochmals schulisch neu eingewöhnen. Auf längere Sicht wird das sicher nicht so einfach, dass man das wieder ans laufen bekommt.