So enden Heldengeschichten

Fast eineinhalb Jahre haben wir es geschafft und dem Virus standgehalten. In ganz Spanien und auch auf allen anderen Inseln des Archipels ist die Sache regelmäßig eskaliert. Hier auf La Palma war im Prinzip nichts. Im Januar mal eine Inzidenz von knapp über 40, aber die Ausbrüche wurden schnell lahmgelegt. Mercedes, die Chefin des Krankenhauses war da immer hinterher und wir haben auch immer brav auf Sie gehört. Gewitzelt haben wir, dass wir zwar nicht alle an Gott glauben würden, dafür aber alle an die Frau mit der goldenen Brille und dem weißen Kittel. Und im Prinzip war die Sache schon ausgestanden. Wir impfen hier schnell und die Bereitschaft zur Immunisierung ist hier groß, in 3 Wochen haben wir die 70% Prozent Komplettgeimpften sicher durch. Noch vor wenigen Wochen hatten wir sogar die komplette Null stehen: keine aktiven Fälle mehr und dazu eine Nullerinzidenz. Stolz war man wie Bolle und meinte hochmütig, dass die sich auf Teneriffa da gern mal eine dicke-fette Scheibe bei uns abschneiden könnten. Dann fiel die Maskenpflicht im Freien, und die meisten haben das Ding einfach aufbehalten. Klar war uns auch, dass die Entwicklung auf Teneriffa und mittlerweile auch auf Gran Canaria den ein oder anderen Fall zu uns überspülen würde. In unserer Selbstsicherheit und Hochnäsigkeit war uns das aber egal. Wir sind Musterschüler und waren nie über einem IA-Wert von 50.

Wer aber gestern noch in die digitale Lokalpresse geschaut hat, dem schwante gar Übles. Gestern, nach dem Meldeschluss für die offizielle Statistik, wurden hier auf La Palma 2 Ausbrüche gemeldet. Anfangs war von 17 Betroffenen die Rede, am späteren Abend waren es dann 4 Ausbrüche mit 32 Infizierten und heute Morgen waren es dann 38 mit über hundert direkten Kontakten, die noch nachverfolgt werden mussten. Zum Meldeschluss kam dann noch einer drauf, was uns im Moment 53 aktive Fälle auf die Habenseite bringt, in ängstlicher Erwartung dessen, was da die nächsten Tage noch so dranhängt. Unsere 7-Tages-Inzidenz liegt nach diesem schwarzen Donnerstag somit bei sagenhaften 57,51. Wir haben es also tatsächlich noch hinbekommen die 50 zu reißen.

Im Mittelpunkt der für uns schmachvollen Geschichte ist Los Llanos. 3 der 4 Ausbrüche hängen nämlich miteinander zusammen. Ausgangspunkt war eine Geburtstagsfeier, bei der einer der geladenen Gäste einen kleinen fiesen Begleiter hatte. Die Feierlichkeit endete dann in einer Loungebar in Los Llanos. Und so werden aus einem Ausbruch dann eben drei, weil die Lounge als virales Verteilerzentrum fungiert hat. Die Betreiber der Bar sind jetzt natürlich für alle die Buhmänner/Frauen und gehen mittels Presse in die Offensive. Man habe sich stehts an alle Vorschriften gehalten und sogar mehr gemacht als verlangt wurde. Außerdem sei man bei der Nachverfolgung der Kontakte sehr hilfsbereit gewesen. Auf der anderen Seite hat man aber auch Wasserpfeifen im Verleih. Bei so einem gemeinschaftlichen Rauchen wird der Rauchschlauch samt Mundstück ja gerne weitergereicht. Das ist jetzt nicht wirklich sonderlich clever, da kann man sich ja auch gleich gegenseitig in den Mund spucken.

Das gute ist, dass es auf den Kanaren gerade vor allem die Jungen erwischt. Der vulnerable Bevölkerungsanteil ist ja weitgehend geimpft. Auch in den Krankenhäusern gibt es zwar einen leichten Anstieg, aber sehr wenig schwere Verläufe. Aber die Jugend ist halt, und im Prinzip ist das auch deren Vorrecht, extrem unvernünftig. Und es sind jetzt Ferien, man hat 18 Monate mehr oder weniger die Füße stillgehalten, aber jetzt scheint es vorbei zu sein. Die Geschichte bekommen wir in Spanien nicht mehr eingefangen. Das ist in jeder Region dasselbe Muster. Ein paar Wochen noch, dann geht dem Virus das Futter aus. Dann haben wir knapp 80 Prozent Geimpfte plus die die erstmal immun sind. Klar auch geimpfte können den fiesen Gesellen bekommen, aber die Virenkonzentration ist entsprechend niedriger. Dann ist Schluss mit exponentiell.

Nicht nur La Palma hat heute einen Rekord in Sachen Virus hingelegt, auch die Kanaren als solche glänzen heute mit suma sumarum 513 neuen Fällen. So viele wie noch nie. Jetzt hocken gerade wieder die Politiker zusammen und überlegen was man uns auferlegen könnte. Die Hochstufung der einzelnen Inseln ist aber gar nicht so wirkungsvoll. Die Maßnahmen, die da drohen wurden nämlich von den Gerichten teils kassiert. Ohne Alarmzustand ist kaum etwas wirklich möglich. Jetzt überlegt man aber tatsächlich bei den Chefs in Madrid das wieder einzufordern. Für den „Normallebenden“ würde das gar nichts ändern. Aber man könnte damit zum Beispiel Discotheken schließen oder auch Bars mit Wasserpfeifen. Auch nächtliche Ausgangssperren wären dann vielleicht wieder drin, und man könnte, und das ist das wichtigste, den interinsularen Grenzverkehr mir Testvorschriften regeln.

Auch der Gesundheitsbereich reagiert, und man ist etwas von seinem Impfmuster von alt zu jung abgekommen. Man ruft jetzt gezielt die Pandemie- und Parytreibene Alterskohorte zwischen 20 und 29 Jahren auf sich zügig in den Arm pieken zu lassen.

Delta spielt da mittlerweile aber auch schon etwas mit. Gran Canaria ist mit 41 % dabei und Teneriffa mit 23,1 %. Dennoch muss man sich als potentieller Urlauber da noch keine Sorgen machen. Delta führt ja nicht mehr zum Virusvariantengebiet und damit droht dann auch keine Quarantäne bei der Rückreise nach Deutschland.