Unsere Ureinwohner sind Ökos

Das Rumspekulieren unserer Inselregierung und des IAC (Instituto Astrofisico Canarias), die das 30-Meter-Teleskop „TMT“ gerne auf das Dach von La Palma, also auf den Roque de los Muchachos, bauen möchten, hat gerichtlich einen gewaltigen Dämpfer bekommen. Eigentlich möchte das Betreiberkonsortium das Riesending ja auf Hawaii bauen. Aber das geht jetzt nicht so einfach, weil die Ureinwohner das nicht auf ihrem heiligen Berg haben möchten und da seit Jahren Rabatz machen. Die Baugenehmigung dort, lange erteilt, ist legal, aber die Maori sperren teilweise einfach die Straße, so dass die Bagger da gar nicht anrücken konnten. Als alternativer Standort kam dann La Palma ins Gespräch und man hat von Seiten der verantwortlichen immer wieder betont, dass man wirklich gute Chancen hätte, das Riesenteil hierher zu bekommen. Man war natürlich nicht ganz untätig und das Cabildo Insular und die Gemeinde von Puntagorda, wo das Teleskop dann beheimatet wäre, haben alles getan, die notwendigen Genehmigungen zu besorgen. Von einigen Beteiligten des internationalen Konsortiums kam dann auch direkt die positive Rückmeldung, dass das auf La Palma ja komplett problemlos laufen würde und man machte sich, je länger das hin und her auf Hawaii dauerte, immer größere Hoffnungen. Fast alle hier wollen das Ding hier unbedingt haben. Neben dem Renommee, dass eines der weltweit größten Teleskope für La Palma bedeuten würde, kommt da nämlich auch noch der wirtschaftliche Aspekt hinzu. Allein der Bau würde etliche Millionen auf die Insel bringen und unzählige Arbeitsplätze schaffen. Und auch der langfristige Betrieb bedeutet Arbeitsplätze, da eben nicht nur Forscher dort arbeiten werden, sondern auch Techniker, Hausmeister und so weiter. Wirtschaftlich wäre so etwas ein absoluter Hauptgewinn. Gerade wo uns doch immer wieder erzählt wird, dass wir von der bloßen Fixierung auf Tourismus und subventionierter Landwirtschaft, wegkommen sollen. Wie gesagt, fast alle würden sich über den Zuschlag für La Palma freuen und insgeheim feuern wir die Ureinwohner in ihrem Widerstand an. Je länger dort nichts vorwärts geht desto besser sind unsere Chancen hier. Die Baugenehmigung haben wir also flugs erteilt und dachten, dass wir da nur noch warten müssen. Allerdings gibt es auch hier Menschen, die das Teleskop hier nicht haben wollen. Die Umweltschützer haben nämlich vor dem obersten kanarischen Gericht gegen die Baugenehmigung geklagt und haben Recht bekommen. Man hat sich da auf Formfehler konzentriert und damit auch in verschiedenen Punkten recht bekommen. So hat das Gericht zum Beispiel festgestellt, dass die Analyse zur Abwägung des wirtschaftlichen Nutzens und der Kompensation für den Schaden den das betroffene Ökosystem nehmen würde, in der eingereichten Form, meilenweit von der Realität entfernt sei. Auch die Übertragung des Geländes, zu einem Preis von € 120.000,- an das Betreiberkonsortium sei nicht realistisch. Zudem, und das ist der gravierendste Punkt, sei eine solche Genehmigung eben an die Absichtserklärung der Betreiber gebunden, das Teleskop überhaupt auf La Palma zu errichten. Die wollen zum jetzigen Zeitpunkt aber ja nach Hawaii und haben La Palma eben nur als Alternativstandort benannt. Für das Gericht reicht das jetzt nicht als Absichtserklärung. Aber, und das hat das Gericht ausdrücklich betont, würde die Vereinbarung indem Moment in Kraft treten, wenn die Betreibergesellschaft endgültig erklären würde, dass sie nach La Palma kommen möchte. Da aber die Umweltschutzgruppen jetzt schon weitere Klagen angekündigt haben, wird die Sache zusehends unrealistischer.

Die Inselregierung hat sich auch zu Wort gemeldet und angekündigt gegen das Urteil in Berufung zu gehen. Schließlich habe sich das Gericht nur mit Formfehlern in der Verwaltung beschäftigt. Auch der Umweltaspekt und die Kompensation des durch den Bau und den Betrieb des Teleskopes verursachten CO2-Ausstosses wurde nicht inhaltlich gerichtlich in Frage gestellt, sondern es wurde eben nur das Konzept als völlig unzureichend benannt. Auch das IAC möchte dagegen in Berufung gehen. Man hätte sich bei dem beschleunigten Genehmigungsverfahren an einem spanischen Gesetz orientiert, dass es ermöglicht für wissenschaftliche Projekte, die von Bedeutung sind, eben dieses beschleunigte Verfahren an zu wenden. Die Frage ist nun eben, ob das zum tragen kommt oder nicht. Im aktuellen Urteil kommt das Gericht zu dem Schluss, dass dieses Gesetz nur zur Anwendung kommen kann, wenn es eine eindeutige Absichtserklärung der Betreiber geben würde. Das Cabildo Insular hat auch schon öffentlich mitgeteilt, dass man mächtig von den klagenden Umweltschutzgruppen enttäuscht sei. Man habe bisher hervorragend mit diesen zusammengearbeitet, schließlich wissen auch die Leute der Umweltbehörde des Cabildos von La Palma sehr genau, dass auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten (Tourismus) der Erhalt der Natur von La Palma unser größtes Kapital ist.

Ob die Umweltschützer sich mit der Klage einen Gefallen getan haben, bleibt auch fraglich. Unter rein ökologischen Gesichtspunkten hatte das Gericht gar keine Einwände, sondern eben nur an verwaltungstechnischen Dingen. Mit der Klage haben diese aber so gut wie keinerlei Rückhalt in der Bevölkerung hier vor Ort. Der Roque de los Muchachos ist ohnehin bereits von Teleskopen gepflastert. Selbst der Personenkreis, der großen Bauprojekten gerne kritisch gegenübersteht, hat hier keine Einwände gegen das TMT, und sieht trotz des hohen Aufwandes, im Vergleich zu anderen Möglichkeiten, die solch einen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt verschaffen könnten, nur Vorteile. Im Gegenteil, das Projekt wird von vielen sogar als Teil des Ökologischen Wandels angesehen. Eben weg von wasserintensiver Landwirtschaft und hochtrabenden Massentourismusplänen, hin zu einem bedeutsamen Standort der Wissenschaft. Diese Pläne gibt es eben nicht nur auf La Palma, sondern auf den ganzen Kanaren und man baut auch hier auf Kooperationen unserer beiden Universitäten auf Gran Canaria und Teneriffa mit internationalen Forschungseinrichtungen. Die Insellage lässt nämlich nicht viel anderes zu. Zwar gab es in der Vergangenheit, gerne von Verfechtern einer kanarischen Unabhängigkeit, immer wieder die Idee hier ein internationales Steuerparadies zu schaffen, damit macht man sich aber auch zurecht nicht wirklich beliebt, beim Rest der Welt.

Die ganze Sache ist jetzt etwas verzwickt. Ohne, dass es eine Genehmigung für das TMT gibt, werden die wohl kaum hierherkommen. Zudem die Umweltgruppen schon weiter Klagen angekündigt haben. Gleichzeitig sagt das Gericht aber, dass es keine Genehmigung geben wird, solange das Betreiberkonsortium nicht den Antrag stellt hier zu bauen.

So könnte es mal aussehen, das TMT (Bild: Courtesy TMT International Observatory).

Noch ein Nachtrag zum Feuer: Die spanische Regierung hat die betroffenen Gebiete in Los Llanos und El Paso nun offiziell zum Katastrophengebiet erklärt. Das bietet den Vorteil, dass Hilfsgelder mit weniger bürokratischem Aufwand an den Mann/die Frau gebracht werden können. In diesem Zusammenhang möchte ich auch allen Danke sagen, die auf den Spendenaufruf des Rathauses von El Paso, den ich in der letzten Woche veröffentlicht habe, reagiert haben. Ich wurde von Angeles, der Stadträtin für Soziales in El Paso darauf hingewiesen, dass bereits Geld aus Deutschland auf dem Konto eingegangen sei und darum gebeten, dass ich im Namen der Gemeinde den Spendern danken möge, was ich auf diesem Weg jetzt mache.