Wir bleiben in Bereitschaft

Die vulkanische Ampel bleibt, nachdem gegen Mittag die Wissenschaft mit der Politik und dem Katastrophenschutz getagt hat, weiterhin auf gelb. Nach mehreren Stunden Pause, wackelt es jetzt auch wieder. Im Prinzip bleibt damit die Lage also wie Sie war. Das Schwarmbeben hält an, ab und an ist eine Erschütterung mit Stufe 3 dabei, die von einigen wahrgenommen wird, aber nach wie vor gibt es keine Anzeichen für eine direkt bevorstehende Eruption. Nach wie vor wird aber noch mit einer Zunahme Intensität der Beben gerechnet. Die Erdverschiebung hat mittlerweile 10 cm erreicht und die Wissenschaftler sagen, dass man daraus errechnen könne, dass ca. 11 Millionen qm Magma von unten drücken würden. Das hört sich erstmal gewaltig an, muss aber korrekt eingeordnet werden. Der allgemeinen Beunruhigung, die durch das Internet wabert hat „canariasahora“ heute einen ganz interessanten Artikel entgegengesetzt, der sich mit den Vulkanausbrüchen, seit der „Entdeckung“ der Inseln, aus historischer und wissenschaftlicher Sicht, befasst. Der ganze Artikel ist sehr verständlich geschrieben und kann bei der Einschätzung der momentanen Lage, ganz hilfreich sein.

In den Aufzeichnungen finden sich 16 Ausbrüche, verteilt auf 4 Inseln, La Palma liegt hier in Front mit insgesamt 7 Eruptionen. Alle dies Ausbrüche fanden im Gebiet der Cumbre Vieja statt, also genau da wo es gerade wieder rumpelt. 5 weitere gab es auf Teneriffa, 2 auf El Hierro und auch 2 auf Lanzarote. Wovon eine 5,5 Jahre andauerte und mehr als 1.000 Millionen qm Lava an die Oberfläche beförderte. Hier spuckte der Timanfaya ab 1730 mehr als 2.000 Tage lang Feuer, und war damit einer der am längsten anhaltenden Ausbrüche Europas. Dagegen steht der kürzeste Ausbruch von nur 5 Tagen des Siete Fuentes auf Teneriffa aus dem Jahr 1703. Der letzte Ausbruch auf den Inseln ist jetzt gut 10 Jahre her und fand unter Wasser, vor der Küste von El Hierro statt, hier brodelte es 147 Tage lang. Der letzte auf La Palma, der Teneguia im Jahr 1972 dauerte 24 Tage.

Der Teneguia dient auch recht gut um die 11 Millionen qm, die wir momentan haben, entsprechend ein zuordnen. In den 24 Tagen des Ausbruchs wurden 43 Millionen qm Gestein an die Oberfläche befördert. Also fast die vierfache Menge.

Die Ausbrüche auf den Kanaren haben laut Aufzeichnungen insgesamt 24 Menschenleben gekostet. Allein 16 durch ein einzelnes Erdbebenereigniss im Zusammenhang mit einer Ausbruchsserie auf Teneriffa, Anfang de 18. Jahrhunderts. Der Ausbruch des Teneguia forderte auch 2 Todesopfer, allerdings kamen diese, wohl selbstverschuldet, im Laufe des Ausbruchs zu nahe an den Vulkan und haben giftige Dämpfe eingeatmet. Zu einer weiteren dokumentierten Vergiftung kam es im Jahr 1677 auf Teneriffa. Bleibt also eine Lücke von 5 Personen, bei denen es keine entsprechende Dokumentation gibt.

Jetzt kann man sagen, dass sich die Situation ja entsprechend geändert habe. Im Falle eines Ausbruches der Cumbre Vieja wären entsprechend mehr Menschen gefährdet, als in der Vergangenheit, ganz einfach, weil die Besiedlung um ein Vielfaches dichter ist. Allerdings haben wir natürlich ein mittlerweile erheblich besseres wissenschaftliches System um eine akute Gefährdung früh genug zu Erkennen und entsprechende Maßnahmen in Gang zu setzten. Auf El Hierro wurden vor 10 Jahren 370 Bewohner aus La Restinga evakuiert. Beim Ausbruch des Teneguia wurden 1.500 Personen aus Fuencaliente in Sicherheit gebracht.

Die Aussage, dass die Vulkanausbrüche auf den Kanarischen Inseln ungefährlich sind, kann man aber dennoch nicht so stehen lassen. Die unmittelbare Gefahr für Leib und Leben ist, wenn man die Daten der letzten paar hundert Jahre betrachtet sicherlich eher gering. Die Beeinträchtigungen die so etwas auslösen könnte sind aber unter Umständen doch gravierend. Die Lava ist, wenn Sie den Hang herunterkommt nicht besonders schnell, aber Sie sucht sich dann eben doch den Weg, der ihr am geschicktesten erscheint. Deswegen könnte die Sache eben von quasi folgenlos (südlich von El Remo und nördlich von Las Indias), bis verheerend (Puerto Naos) ausgehen. Als Beispiel dient hier der Hafen von Garachico auf Teneriffa, der, damals noch der wichtigste Hafen der Insel, komplett zugeschüttet wurde. Bei Puerto Naos sollte man auch nicht vergessen, dass es genau eine Straße dorthin gibt. Wenn diese verschüttet wird, dann sind die Bewohner sicherlich zuvor evakuiert worden, man kommt dann aber nicht mehr so einfach dahin zurück. Dasselbe würde dann auch für El Remo gelten.

Andere Schäden können natürlich in der Landwirtschaft entstehen. Und es gibt eben einen Aspekt der sicher auch nicht zu vernachlässigen ist. Beim letzten Ausbruch auf La Palma kamen noch kaum Flieger auf die Insel. Die Asche in der Luft könnte natürlich auch wieder ein Wörtchen mitreden und dem gerade wieder etwas auf die Füße kommenden Tourismus, in die Suppe spucken. Auf El Hierro war das ja unter Wasser und deshalb gab es keine großen Beeinträchtigungen. Der Nord-Ost-Passat ist dabei aber vielleicht dann auch wieder hilfreich und treibt das Zeug raus auf den Atlantik. Der Vergleich mit dem unaussprechlichen Isländer hinkt da aber, hier ist nicht mit einer solchen Aschewolke zu rechnen. Da kann man sich eher am Aetna auf Sizilien orientieren.