Es hört einfach nicht auf

Gestern Nacht ist uns der Schrecken in die Glieder gefahren. Beim abendlichen Letzten Blick auf den Vulkan, war plötzlich eine neue Lavazunge zu erkennen. Der kleine Seitenkrater ist ein wenig kollabiert und oberhalb trat Lava aus, die in einem Bogen nach norden schnell Richtung Tal floss. Beim Blick auf den Livestream von TVLaPalma war dann gleich noch eine weitere Öffnung zu erkennen, ebenfalls im Norden gelegen, aus der Haufenweise gelbe Lava heraus kam. Die Macher des lokalen Senders, der nur über das Netz läuft haben in dem Moment mit Angeles, der Conseja für Soziales der Gemeinde El Paso gesprochen. Diese fing an zu weinen, weil klar war, dass diese neue Zunge weiteres bebautes Gebiet erreichen wird.

Am Morgen waren dann die beiden Öffnungen an der Flanke nicht mehr zu sehen. Dafür gibt es nun eine völlig neue Eruptionsstelle, ca. 600-700m vom Hauptkegel entfernt. Und ebenfalls im Norden gelegen. Aus zwei Öffnungen, sehr dicht beieinander strömt glühendes Gestein in Richtung Atlantik. Die Angst vor einer neuen Front im Norden ist immens. Nicht umsonst wurde La Laguna schon am Tag des Ausbruchs weitestgehend evakuiert. Wenn die Heiße Masse durch das Industriegebiet fließen würde, dann ist wegen der Topografie des Geländes, die große Gefahr, dass die Lava über den Camino Cumplido bis ins Zentrum von La Laguna laufen könnte. Die letzten Videos und Fotos haben aber dann alle wieder etwas beruhigt. Die Chancen stehen ganz gut, dass die Lava sich bereits weiter oben an den besherigen Strom anhängt und diesen weiter verbreitert. Allerdings wäre das die Hiobsbotschaft für alle Häuser, die am nördlichen Ortsrand von Todoque bisher davongekommen sind.

Hier ist die neue Öffnung zu sehen. Foto: INVOLCAN

Die Zerstörung ist gewaltig. Der Vulkan hat bereits mehr als 1.000 Gebäude beschädigt, wobei mehr als 90% komplett zerstört. Zum jetzigen Zeitpunkt wurden über 80 Millionen Kubikmeter Material ausgestoßen. Das ist das doppelte wie damals der Teneguia und das in der Hälfte der Zeit. Da es im Süden weiterhin zu Erdbeben kommt, glaubt auch so niemand daran, dass das morgen vorbei sein wird. Wir wissen nur, dass da unten nach massig Magma ist, die in Bewegung ist. Wieviel davon noch raus will, können wir nur abwarten und dabei hoffen, dass nicht noch mehr zerstört wird.

Bei der heutigen Sitzung hat der Krisenstab verkündet, dass man die neue Öffnung beobachten werde und die Bevölkerung informieren würde, bevor eine Gefahr ausgehen würde. Über den Hauptstrom erreicht die Lava weiterhin das Meer und es gibt keine Nachrichten über das Geschehen im Süden, was erstmal gut ist, da es gestern noch hieß, dass sich die Lava da kaum noch bewegen würde. Auch die Luftqualität sei weiterhin gut. Allerdings lag heute über weiten teilen des Tales ein dicker Schleier und der Geruch war unangenehm. Mittlerweile ist aber wieder ein leichter Wind von Osten zu bemerken und der Dunst zieht langsam nach Westen auf den Atlantik ab.

Zum Schluss heute noch eine Geschichte, die mich stolz macht auf die Menschen unserer Insel. José Andrés, Starkoch und Gründer der NGO „World Central Kitchen“, die seit 2010 in Katastrophengebiete geht, um dort die Betroffenen mit Essen zu versorgen, hat, so berichtet eltime.es, auf La Sexta ein Interview gegeben, nachdem er mit anderen der Organisation vor einigen Tagen nach La Palma gekommen war. Letztlich meinte er, dass die Menschen hier im Prinzip auch ohne ihn zurechtkommen würden. Er würde „auf Empathie in Hülle und Fülle hinter jeder Ecke“ treffen. Ein weiteres Zitat lautet: “Die Menschen hier zeigen eine Solidarität, wie ich sie nirgendwo sonst auf der Welt gesehen habe.“ Diese Solidarität ist tatsächlich spürbar. Auch schon wärend des Feuers vor einigen Wochen, war dies der Fall. Junge Menschen fuhren mit dem Auto durch die betroffenen Gebiete und schauten wo sie mit anpacken konnten. Andere haben, auf eigene Kosten, die Wasservorräte der Supermärkte leergekauft, um die Menschen, die mit Eimern und Schläuchen, bei über 40 Grad am schwitzen waren, zu versorgen.