Gestern Abend wurden noch weite Teile des Tales „weggesperrt“. Ausgangssperre aufgrund der schlechten Luft. Wir durften weiter raus, die Grenze im Norden war der Fußballplatz von El Paso und verlief bis zum Kreisverkehr am Ortseingang von Los Llanos. Im Süden verlief die Grenze zwischen dem Kreisverkehr beim Sombrero und der Cruz Chica. Wenn man diese Punkte mittels Linien verbunden hat, dann hat das wohl über 2.500 Personen betroffen. Drinnen bleiben und Fenster schließen wurde mitgeteilt. Schuld daran war eine Kombination aus Vulkan und Wetter. Es ist nämlich gerade recht heiß hier, was wir nicht nur dem feuerspeienden Heizpilz zu verdanken haben, sondern es herrscht auch noch ein wenig Calima. Dies hat eine Inversionswetterlage mit sich gebracht, und ich, der ich ja raus durfte, konnte gestern Abend beobachten, wie der Rauch und die Asche des Vulkans runter ins Tal gedrückt wurden. Heute gegen 13 Uhr hat man dann die Ausgangssperre wieder aufgehoben und die Menschen aus Tazacorte, die seit einigen Tagen in ihren Behausungen festsaßen, dürfen nun auch wieder nach draußen. Man hat sich da jetzt bei PEVOLCA auf eine neue Strategie verständigt und möchte individuell auf die Luftveränderungen reagieren und nicht mehr generelle Einschließungen vornehmen. Deshalb immer Augen und vor allem Ohren auf „hab acht“, ob nicht ein Fahrzeug rumfährt und einen, mittels Lautsprecher, zum Aufenthalt im Innenbereich auffordert. Generell bleibt die Luft aber gut, etwas Feinstaub, aber das kennen wir ja bei Calima. Desweitern hat uns, aber das gilt auch für andere Inseln, die kanarische Regierung darauf hingewiesen, dass aufgrund der Wettersituation auch die Gefahr von Waldbränden bestehen würde. Mit einem aktiven Vulkan vor der Nase, kann man so etwas gerade genau so gut brauchen wie Fußpilz.
Der Vulkan selber hat heute etwas an Aktivität zugelegt, das sagt zumindest das Diagramm vom IGN. Heute sind auch einige Explosionen zu vernehmen, aber noch weit weg von dem was wir schon hatten. Solange es hell ist kann man auch nicht richtig etwas erkennen. Oben qualmt es und an der Westflanke strömt weiter flüssige Lava aus. PEVOLCA hat auch bestätigt, dass der neue Lavastrom im Norden mit dem alten zusammengeflossen sei. Allerdings kann man uns nicht sagen, ob das auch so bleiben wird. Das kennen wir aber schon, dass man uns nichts Konkretes mitteilt, ganz einfach, weil das niemand kann.
Südlich der Ausbruchsstelle wackelt die Erde weiter. Die Zahl der Beben nimmt jeden Tag zu und regelmäßig sind da auch ein paar Klopper dabei, die von der Bevölkerung deutlich gespürt werden. Gleichzeitig gibt es aber positives in Sachen Bodendeformation zu berichten. In der Höhe ist das zwar unverändert, aber die Breite des deformierten Geländes ist wohl zurück gegangen. Auch bleiben die Beben wohl auf konstantem Niveau, was deren Tiefe betrifft. PEVOLKA hat deswegen heute bei der Pressekonferenz mitgeteilt, dass, solange die Beben nicht weiter aufsteigen würden, kein wirklicher Anhaltspunkt für eine weitere vulkanische Öffnung, die nicht im Zusammenhang mit der jetzigen stehen würde, zu erwarten sei. Vielmehr sei es so, dass es normal sei, dass das Magma in Bewegung sei, weil die Austrittsstelle dies ermöglichen würde. Erdbeben seien also fester Bestandteil eines aktiven vulkanischen Geschehens. Heute hat dann die Zeitung El Dia veröffentlicht, dass im neuen Kreisverkehr in Puerto Naos, deutliche Risse im Asphalt zu erkennen seien. Ob das nun die Beben waren, die Bodendeformation, oder ob wir wieder von einer Baufirma behumpst wurden, die zu wenig oder minderwertigen Asphalt aufgetragen hat, weiß natürlich keiner. Das sollte, bei der ganzen Zerstörung, die gerade stattfindet aber auch unser kleinstes Problem sein.
Endgültig zerstört wurde heute nämlich auch die Gießwasserverbindung für die Bananen nach Süden, die wundersamerweise tagelang dem Druck der meterhohen Lavamassen standgehalten hat. Jetzt ist man gewaltig am rotieren und es wurde bereits eine mobile Meerwasserentsalzungsanlage bestellt. Das kann aber kaum noch funktionieren. Wenn alles perfekt laufen sollte, dann wäre die Apparatur in 4 Wochen einsatzbereit, das aber nur, wenn auch alles pünktlich geliefert werden sollte. Das Zentrum unserer Landwirtschaft, an dem unzählige Arbeitsplätze hängen, ist somit erst einmal trockengelegt. Diese wirtschaftlichen Folgen, kann man noch gar nicht richtig abschätzen, Betroffen sind dadurch ja nicht nur die großen Plantagen mit ihren Arbeitern, sondern auch sehr viele selbstständige Bananenbauern. Wenn jetzt einer meint, dass die gelbe, wasserintensive Frucht ja eh nicht rentabel und nur durch Subventionen am Leben gehalten wird, dann mag der sicherlich recht haben. Allerdings gilt das für die Landwirtschaft in der gesamten EU und solange eine „Geiz ist Geil“ Mentalität herrscht und man ein Kilo südamerikanische Ausbeuterbananen für weniger als einen Euro in europäischen Supermärkten erstehen kann, die gleichzeitig noch geschmacklich gegen unsere Platano ganz gewaltig abstinken, kann sich so etwas aber auch nicht ändern. Die Platano gehört zu La Palma und ist Teil unseres Selbstverständnisses, genauso wie die Caldera.