Dinge, die wir nicht hören wollen

Bei der heutigen Pressekonferenz von PEVOLCA war die Rede von einer „reifen Eruption“, was wohl bedeutet, dass es wahrscheinlich noch eine ganze Weile so weitergehen wird. Wenn man sich die Entwicklung der letzten Woche anschaut, dann kann man das mit der „reife“ vielleicht so erklären, dass der Vulkan sich in seiner Tätigkeit eingependelt hat. Die Kurve, die die Aktivität anzeigt hat kaum noch Ausschläge. Für die Zukunft ist das natürlich nicht so schön, weil man ja irgendwie immer noch hofft, dass die Geschichte alsbald ein Ende finden wird. Irgendwie war uns das aber klar, dass dem wohl nicht so sein wird, aber man möchte das ja gar nicht von wissenschaftlicher Seite bestätigt bekommen. Allerdings hat so ein stabiles Verhalten auch Vorteile. Die Lavaautobahn zum Meer funktioniert gerade sehr gut, und läuft mitten auf der Lavazunge, die an ihrer stärksten Stelle 1.250 m Breit ist. Die grüße „Auflagefläche sorgt aber eben nun dafür, dass nicht noch viel mehr zerstört wird. Gerade auf der Nordseite machen sich die Menschen immer noch Sorgen um La Laguna. Die Beben gehen immer noch weiter, allerdings waren es heute erheblich weniger als gestern wobei es da eben auch extrem viele waren. Und schon wieder keimt etwas Hoffnung auf, dass es dann vielleicht doch nicht so lange gehen wird, wie wir alle befürchten. Man nimmt gerade jeden Strohalm.

Mittlerweile hat der gemeine Berg soviel Material an die Oberfläche befördert, wie der San Juan und der Teneguia zusammen. Das Ganze hinterlässt gewaltige Narben auf der Oberfläche des Aridanetals und man darf sich schon Sorgen machen, wie das danach aussehen wird. Vor allem die gekappte Verbindung in den südlichen Teil des Tales wird die dringlichste Aufgabe, wenn wir hier verhindern wollen, dass Porte wie Las Manchas, Jedey, El Remo und Puerto Naos langfristig zu Geistersiedlungen werden. Natürlich kann man das alles noch über den Süden erreichen, und wer schon mal auf La Gomera war, der kennt die mühseligen und zeitaufwendigen Wege von einem Tal ins andere. Allerdings sind das ja gewachsene Strukturen, hier wohnen eben viele Leute in Las Manchas, die in Los Llanos zur Arbeit gehen. Die Voraussetzungen sind damit komplett anders. Das Tal ist als eine Einheit zu sehen und eine Trennlinie mittendurch ist da schon heftig. Für einen Urlaub mag das vielleicht gar nicht so schlimm sein, man hat da ja auch etwas Zeit und wenn man dann statt nach Los Llanos, eben nach Santa Cruz fährt zum Einkaufen, dann geht das ja auch irgendwie. Wer nach Puntagorda geht, hat ja zeitlich ähnliche Hürden zu nehmen um in die Zivilisation zu gelangen. Aber hier auf der Insel, und das macht La Palma ja auch besonders, ist die Infrastruktur vor allem auf den Bedarf der einheimischen Bevölkerung ausgerichtet. Für viele ist ja genau das auch ein wichtiger Grund hier Urlaub zu machen. Wenn man einen Kaffee oder ein Glas Wein in der Dorfkneipe zu sich nimmt, dann macht man das in mitten von Palmeros. Spätestens beim dritten Besuch wird man dann vom Wirt und anderen Stammgästen schon begrüßt. Kaum einer schaut hier verächtlich auf Touristen, im Gegenteil, hier wissen so gut wie alle, dass die Urlauber eben auch ein Interesse an der lokalen Bevölkerung haben und das freut hier jeden, weil man sich dadurch wertgeschätzt fühlt. Ich selber bekomme jeden Tag unzählige Mails von Urlaubern, die seit vielen Jahren eine Verbindung zu dieser Insel haben und mit den Betroffenen gerade mitleiden. Und ganz viele, die gerade Ihren Urlaub stornieren, wollen sobald es geht dennoch ins Aridanetal kommen, um den Menschen hier auch zu zeigen, dass es weitergeht. Letztlich ist das neben den zahlreichen Spenden der beste Weg hier zu helfen und man hat sogar noch einen Urlaub. Klar ist aber auch, dass es nicht mehr so sein wird, wie in den vergangenen Jahren. Selbst wenn die direkte Verbindung in den Südwesten wieder stehen sollte, bleibt da immer noch ein riesiger Lavakoloss mitten durch. Diese Veränderung ist dann sicher gewöhnungsbedürftig, aber vielleicht hat das für den ein oder anderen sogar etwas Attraktives. Mich hat die letzten Tage eine Zuschrift erreicht in der über die „Vernichtung der Natur“ geklagt wurde. Im ersten Moment dachte ich, dass das stimmt. Aber das ist gar nicht so. Was wir gerade erleben, ist die größte Renaturierung der Geschichte der Insel. Nicht, dass ich versuchen würde, der ganzen Geschichte etwas Positives ab zu gewinnen, das ist es nämlich nicht. Der Verlust von Haus, Heimat und Zukunftsperspektive kann so etwas niemals sein, aber wenn diese riesigen Ströme durch nicht besiedeltes Gebiet gegangen wären, dann hätten viele sicherlich von einer zusätzlichen Touristischen Attraktion gesprochen. Im Moment kann das sicher kaum einer so sehen, auch für die Urlauber, Todoque ist ja ein Knotenpunkt gewesen, ist das gerade nicht wirklich vorstellbar, aber das Aridanetal ist nicht komplett zerstört, nur eben anders.