Mut machen

Gestern Abend wurde es für kurze Zeit recht still am Vulkan. Man hat kaum noch Lava erkennen können und es gab nur vereinzeltes Grollen. Im Livestream hat RTVC sogar auf den Lavastrom weiter unten umgeschwenkt, weil die Ausbruchsstelle gar nicht mehr genug hergegeben hat. Vielleicht lag das aber auch an den dicken Qualmwolken, die den Feuerberg umschlossen hatten. Nach 20 min. ging das dann auch schon weiter. So komisch das klingen mag, man war irgendwie beruhigt. Solange da Lava rauskommt, ist das alles wieder „normal“. Man hat uns ja gesagt, dass es schier unmöglich wäre, dass das Geschehen jetzt schon endet. Alles was dann unvorhergesehen ist, wirkt dann wieder beunruhigend. Ständig denkt man, dass der Vulkan wieder etwas ausheckt. Da an der ganzen Geschichte niemand die Schuld zu geschoben werden kann, versuchen wir hier mittlerweile ein persönliches Ding mit dem Vulkan daraus zu machen. Wenn er laut wird, dann schnauzt meine Frau ihn schon mal an, dass er doch die Klappe halten möge. Unzählige Male habe ich inzwischen, wegen der fortschreitenden Zerstörung den Vulkan innerlich verflucht und mit diversen Schimpfwörtern belegt, immer mit der Aufforderung verbunden, die „Scheiße“ endlich bleiben zu lassen. Dabei haben wir ja im Vergleich zu vielen richtiges Glück. Der Mangel an Schlaf und die Situation der Firma sind ja ein Klacks, im Vergleich zu dem was hier viele andere erleben müssen. Das Haus in dem wir wohnen ist weit genug weg und die Lava fließt ja nicht den Berg hoch. Dennoch sind alle ziemlich mit den Nerven durch, und man wundert sich wie heftig das Geschehen ist. So hat man sich die Geschichte nicht wirklich vorgestellt. Auch die Wissenschaftler haben mittlerweile zugegeben, dass Sie gewaltig von der Heftigkeit überrascht wurden, da die Berechnungen, die aufgrund der Datenlage im Vorfeld, angestellt wurden, die Sache nicht in diesem Ausmaß hergegeben haben. Im Internet melden sich dann gleich wieder diejenigen, die das ja schon immer behauptet hätten und schimpfen über die Leute des IGN in INVOLCAN. Das ist schon happig, da scheint es doch tatsächlich Leute zu geben, die bei der ganzen Katastrophe, auch noch stolz verkünden, dass sie recht gehabt hätten. Aber eigentlich möchte ich mich gar nicht darüber aufregen müssen. Vielleicht muss man ab und an auch einfach weniger im Netz rumstöbern, ich bin ja auch selbst schuld, wenn ich mich in solche Spielwiesen begeben.

Die Lava fließt indes weiter und man teilt uns auch mit, dass die bisherigen Ströme durchaus auch wieder aktiv werden könnten. Das Hauptaugenmerk liegt aber gerade auf dem relativ kleinen Strom im Camino Cumplido. Der hat wohl direkt bei Monta Rent a Car die Straße verlassen und fließt weiter nach Westen und es sieht so aus, als ob er sich mit dem „Strom vom Spar“ wieder vereinen könnte. Es bleibt also die Hoffnung, dass er nicht bis in die Dorfmitte gelangen wird, aber bisher wurden eben alle unsere Hoffnungen wieder enttäuscht. Grafcan hat hierzu eine recht gute Karte veröffentlicht. Allerdings muss man sich da etwas durcharbeiten und in der Kartenliste auf den Vulkanausbruch klicken. Die Sache scheint aber recht aktuell zu sein, und man kann sehr nahe ran zoomen um sich zu orientieren. Die Bebenzahl hat heute, im Vergleich zu gestern stark abgenommen, aber gestern waren es ja auch mehr als vorgestern. Die Deformation an der Messstelle LP3 ist auch leicht zurückgegangen, dafür hat die an der Station LP4 zugenommen.

Gestern hat unser kanarischer Präsident Ángel Victor Torres im Parlament eine Rede gehalten, die über alle Parteigrenzen hinaus Beachtung fand. Der Mann wirkt total uneitel und hat ein großes Talent die richtigen Worte zu finden. Er sprach davon, dass dieser Ausbruch, was die Schäden betreffen würde, der schwerste in den letzten 100 Jahren in Europa sei, und das die Behebung dieser Schäden weder schnell noch einfach zu bewerkstelligen seien. Sowohl er als Präsident, wie auch das Parlament werden bei dieser Aufgabe Fehler machen, aber für ihn sei klar, dass am Ende niemanden vorgeworfen werden kann, dass er nicht gekämpft habe. Er rief zur Einheit aller politischen Parteien auf, was eben auch notwendig ist, da auf den verschiedenen Ebenen, von der Regierung in Madrid, bis hinab zu den Rathäusern, Vertreter unterschiedlicher Parteien sitzen, die sich in normalen Zeiten spinnefeind sind. Von der Opposition kam dann natürlich die Zusage, dass man zusammenarbeiten werde, aber auch, dass man die Geschichte immer gut im Auge haben würde. Man darf gespannt sein, wie lange diese Einheit halten wird. Zu etwaigen Hilfen aus der EU kann man derzeit, laut Torres, noch nicht viel sagen. Die Bürokratie verlangt hier nämlich, dass es eine Kalkulation der Schäden gibt, was, solange der Ausbruch anhält, ja einfach nicht machbar ist. Man hat aber schon in Brüssel angeklopft und wird dann später offiziell um finanzielle Hilfe bitten. Die abschließenden Worte von Torres waren: „Wenn man sich La Palma nähert, atmet man Kummer, Traurigkeit, Trostlosigkeit und Angst vor der Zukunft. Aber auch Mut, Kühnheit und Hoffnung. Die Palmeros und Palmeras werden nicht aufgeben„. Mut machen ist etwas, das ein Regionalpräsident können muss. Unserer wirkt dabei wirklich authentisch.