Marsmännchen und Schulanfang, der zweite Versuch

Wir lechzen nach Veränderung und alles was ein wenig positiv sein könnte, wird aufgesogen. Heute gab es dann auch tatsächlich ein paar Anzeichen eines eruptiven Schwächeanfalls, zumindest was die Amplitude, also die Bebentätigkeit im Umkreis um den Vulkan angeht, die uns zeigt, wieviel Material dort ankommt. Gegen Abend hat der Bursche sich dann doch wieder ordentlich erholt. Die generelle Erdbebentätigkeit bleibt auch auf dem selben Niveau, wie gestern. Man sucht aber tatsächlich alles, was irgendwie positiv gedeutet werden kann. Ob es der rein subjektive optische eigene Eindruck ist, dass gerade gar nicht soviel Lava herauskommt, oder die einzelnen Explosionen, die eher verhalten sind. Genau das hat er auch an dem Tag, an dem er Ruhe gegeben hat so gemacht. Wenn man dann noch auf der Seite des IGN sieht, dass seit fast 2 Stunden kein Erdbeben gemessen wurde, macht man sich Hoffnungen auf den Anfang vom Ende. Die 3 Beben die dann innerhalb von 10 Minuten erfolgen holen einen dann wieder zurück in die Realität.

Wir warten immer noch darauf, dass die Lava Baden geht. Aber der Nordstrom zieht sich zäh und langsam, man rechnet aber mit den frühen Morgenstunden. Dann wird wieder angebaut an die Insel. Der Abzweig am Camino Cumplido scheint nicht wirklich weiter zu kommen. Uns fehlt das Kartenmaterial, das, das wir haben, ist komplett von gestern. Aber bei der Pressekonferenz heute hieß es, dass er noch aktiv sei, sich aber verlangsamt habe. Die neue Öffnung im Süd-Osten, die aus alten Zeiten stammen soll, zeigt kaum noch Aktivität. Diese gilt zwar noch als aktiv, hat aber den Betrieb weitestgehend eingestellt. Lava kam dort aber wohl keine heraus, sondern Asche, Gas und Wasserdampf. Eine Änderung bei der heiligen Dreifaltigkeit aus Deformation (kaum Änderung), Erdbeben (unverändert) gibt es aber doch. Vor 3 Tagen wurde die geschätzte Menge an ausgestoßenem SO2 auf 17.700 Tonnen geschätzt. Heute belief sich dieser Schätzwert auf 8.500 Tonnen. Ziel sind lumpige 100 Tonnen pro Tag, dass man davon sprechen kann, dass dem Namenlosen die Puste ausgeht. Grob gerechnet war das aber eine Halbierung in 3 Tagen. Taschenrechner raus und losgerechnet. 6- bis 7-mal halbieren muss man das, dann ist man bei der 100. Das Ergebnis dann mit 3 multipliziert, und wir sind zwischen 18 und 21 Tagen verbleibender vulkanischer Restlaufzeit. Diese Rechnung ist natürlich ausgemachter Blödsinn, aber das zeigt ganz gut wie wirr der eigene Kopf gerade ist.

Den Tag über ging die Kurve etwas runter. Wir dachten schon, er würde schlapp machen, er hat sich aber wieder prächtig erholt

Mittlerweile regt sich bei vielen hier immer mehr der Unmut, weil man sich schlecht informiert fühlt. Die verantwortlichen Wissenschaftler haben für die Bevölkerung von Tazacorte eine Infoveranstaltung abgehalten. Einzelne Gemeindeteile, wie San Borondón, stehen nämlich auch noch auf der potentiellen Evakuierungsliste. So etwas zu hören verunsichert natürlich und man hätte die Vorhersagen gern etwas konkreter, ob das eigene Heim nun bedroht ist oder nicht. Das Problem ist aber, dass man nichts Verlässliches sagen kann. Jeder, der hier gerade den Vulkan unter die Lupe nimmt, würde wohl nichts lieber tun, als eine konkrete Aussage zum Verlauf der Lava, oder noch besser zur Dauer des Ausbruchs machen. Wenn man aber bedenkt, dass die Zahl der Verletzten oder gar Toten immer noch bei Null liegt, muss man sagen, dass die wohl doch einiges richtig machen. Die Wissenschaftliche Dichte hier ist gerade enorm. Aus allen Ecken der Welt ist mittlerweile Fachpersonal angereist um Lava, Asche und das ganze Drumherum zu erforschen. Vielleicht wissen wir beim nächsten Mal dann mehr.

Keine Marsmännchen, sondern die Wissenschaft bei der Arbeit. Foto: INVOLCAN

Für den Nachwuchs im Tal soll morgen aber wieder die Normalität beginnen. Die dürfen wieder in die Schule. Im Prinzip muss man die ganze Geschichte auch nochmals neu beginnen, zwischen den Sommerferien und dem Vulkan lagen gerade einmal einige Tage. Man hat nun FFP2-Masken und Schutzbrillen besorgt, dann kann man nämlich auch covidgerecht lüften. Ich stelle mit das gerade in Deutschland vor, wo einfache Stoffmasken schon zu Diskussionen führen. Zwei Schulen existieren gar nicht mehr und weitere sind im Evakuierungsgebiet. Für die einen hat man ganz neue Räume gefunden, andere müssen die Schule wechseln, bleiben aber in Ihrer Klassenstruktur erhalten. Letztlich wird auch hier nur das Gebäude genutzt. Ob der Schulbesuch nun gleich verpflichtend ist, weiß ich gar nicht. Einige evakuierte Familien sind irgendwo im hohen Norden, andere gar nicht auf der Insel. Da aber in vielen Familien die Situation gerade angespannt ist, ist das für die Kinder eine prima Sache wieder etwas Struktur zu erhalten.

Heutige Aschenspur: Katze (nicht mehr ganz frisch)