Jeder sagt was dazu

Nach der Inflation kommt die Deflation. Zumindest was die Bodendeformation angeht war das heute so. Ca. 17cm ging die Messung an der Kontrollstelle LP3 in Jedey von Vorgestern auf Gestern nach oben, heute wieder um 10 cm runter. Warum das passiert ist, weiß man nicht. Zumindest trauen die Wissenschaftler nicht sich dazu verlässlich zu äußern. Messfehler meinten viele und das wurde auch nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Bleibt aber in der Summe immer noch ein Anstieg von rund 7 cm, was immer noch ganz ordentlich ist. Solche Sachen sind dann immer ein gefundenes Fressen, für die Erklärbären, die alles ganz genau wissen, oder noch besser, schon im Vorfeld gewusst haben. So ein Internet ist da auch ganz prima für geeignet seine eigene Meinung in die Welt zu entlassen. Vorwürfe an die hier tätigen Vulkanologen, von Unfähigkeit, bis hin zur bewussten Manipulation der Bevölkerung durch die Bekanntgabe von frisierten Daten werden da regelmäßig in die Welt hinausposaunt. Das Ganze gipfelte dann sogar darin, dass in der geographischen Darstellung der Erdbeben ein Muster entdeckt wurde, was als Beweis angesehen wurde, dass diese Beben nicht echt seien oder eben menschengemacht. Solche Verschwörungsgeschichten sind ja dann doch ganz amüsant und die nimmt man mit Humor. Die Durchgeknallten sollen ruhig auch etwas zu tun haben.

Allerdings gibt es auch Äußerungen, die einen eher ratlos machen. Lava umlenken ist so eine Sache. Das so etwas technisch möglich ist, ist bekannt, und das wurde auch für hier natürlich frühzeitig bereits diskutiert, dann aber verworfen. Wenn dann aber immer noch Leute kommen, die laut fragen, warum das denn nicht gemacht werde, und den Verantwortlichen Untätigkeit und gar Mitschuld an dem ganzen Drama zu zuschustern möchten, dann werde zumindest ich langsam etwas sauer. Ein Inselfürst von Nebenan fordert gar ein Bombardement des Vulkanes, damit da endlich Ruhe einkehren werde. Die Gedanken sind Brei!

Munter weiter geht die Geschichte, wenn es um die Zeit nach dem Ausbruch und den Wiederaufbau gehen soll. Das einige hier mit dem Gedanken spielen, die Lavaflächen zu bearbeiten und wieder bebaubar zu machen, sorgt ebenfalls für Diskussionen. Ob das geht oder nicht, welches Gerät dafür benötigt werden würde, oder nicht, das sollen die Experten bitte klären. Scheinbar fühlt sich aber mancher direkt als solch einer und gibt dann entsprechend jetzt bereits seinen Senf dazu. Das geht soweit, dass man fordert, das momentane Geschehen als Chance zu betrachten und den gesamten Südwesten der Insel umzusiedeln. Die Betroffenen scheinen das aber wohl gar nicht zu wollen, sondern würden gerne zurück in Ihre Heimat, die häufig eben das Barrio ist, in dem man aufgewachsen ist. Die Leute sind ja auch nicht weichgespült in der eigenen Denkmurmel und haben genau auf dem Zettel, dass sich das momentane Drama durchaus wiederholen könnte. Der Berufszyniker möge bitte gleich schweigen und ihren Gedankengang, dass sich dann aber auch niemand beklagen möge, für sich behalten. Lustigerweise kommen solche Vorschläge sogar von der Ostseite der Insel, von der anderen Seite der Cumbre Vieja. Also da, wo es gerade bebt und wo ein Ausbruch genau so gut drohen könnte. Letztendlich bedeuten solche Forderungen, dass man den gesamten südliche Teil der Insel abschließen müsste und anschließend den Schlüssel im Atlantik versenkt. Für große Teile der anderen Kanaren kann man das dann auch gleich machen, da kann es ja auch mal zu einem Ausbruch kommen. Aber man kann die Sache auch weiterdenken. Ich plädiere für die sofortige Abschaffung der Hansestadt Hamburg. Jeder weiß, dass die Elbe da irgendwann mal wieder gewaltig über die Ufer treten wird. Die Niederländer sollen schon mal ihre Wohnwägen satteln und sich auf die Reise gehen Süden machen. Das Wasser wird kommen. Ein zurück danach kommt freilich nicht in die Tüte, rein statistisch werden sich solche Ereignisse ja wiederholen. Neapel wird auch abgeschafft, Norditalien wegen der Erdbeben entvölkert, die Karibik zu Geisterinseln erklärt, und so weiter und so fort. Zu den Menschen im Ahrtal möchte ich nichts sagen, schließlich ist es ja nicht schön, jemandem der gerade arg gebeutelt ist, mit guten Ratschlägen auf den Wecker zu gehen. Wo die Vertriebenen hin sollen sagen die Profis natürlich dann nicht. Wenn aber jetzt die Menschen aus dem Südwesten La Palmas umgesiedelt werden sollen, dann sicher nach Puntagorda und Garafia. Das sind die Ideen, die so manch vermeintlich kluger Mensch jetzt laut sagt. Von was die dann leben? Tja, keine Ahnung, vielleicht irgendwas mit Internet oder so. Oder Aktien kaufen? Die Krise als Chance sehen wird da oft gesagt. Man muss eben flexibel sein, und wer das nicht hinbekommt, der hat dann eben Pech gehabt. Hatte ja jeder die Chance was Entsprechendes aus seinem Leben zu machen. Jetzt rumjammern geht ja wohl gar nicht.

Sie merken, ich habe heute schlechte Laune. Gut, ich habe auch Zahnschmerzen. Außerdem arbeitet der Vulkan ja weiter vor sich hin und man darf gerade auf keinen Fall vergessen den Bierdeckel in die Tür zu quetschen, weil der Bursche gerade wieder einige Druckwellen aussendet. Die Lava im Süden, die durch den südöstlichen Schlot austrat, ist von gestern auf heute nicht weiter gekommen. Im Norden passiert auch nicht wirklich was, aber solange sich der Vulkankegel permanent umgestaltet ist der Nordteil von La Laguna nicht aus dem Schneider. Die Luft ist gut in El Paso, der Wind hilft da gerade gewaltig mit. In Los Llanos wurden aber die Grenzwerte heute wieder mehrfach gerissen. Ebenso in Puntagorda, wo wir ja zeitnah alle wohnen werden. Oder geht das jetzt auch wieder nicht? Darf man sich dann noch über eine etwaige SO2-Vergiftung beim nächsten Ausbruch beschweren, oder hat man das vorher gewusst und hat zu schweigen? Wenn da irgendjemand einen klugen Ratschlag hat, dann raus damit!