Es ist finster und wir scherzen, dass wir uns am Polarkreis befinden, weil die Sonne kaum zu sehen ist. Asche in der Luft ist der Grund. Am Boden auch, man ist am Fegen, was aber einer Beschäftigungstherapie gleicht. Das Resultat ist nicht wirklich befriedigend. Diesmal ist das Zeug „extrafein“, rieselt durchs Fenster, hängt in den Haaren und selbst im Auto liegt mittlerweile eine feine Ascheschicht. Man lässt die Lüftung ja aus, das schwarze Pulver ist aber dennoch drin. Im Prinzip regnet es gar nicht, die Asche hängt vielmehr nebelartig in der Luft. Das ist gut für das Mundgefühl, dass es so fein ist. Zwar knarzt das immer noch zwischen den Zähnen, aber lange nicht so schlimm wie es bei gröberem Material ist. Natürlich tragen wir Maske, aber alles wird eben doch nicht abgehalten. Das macht jetzt so manchem seine Stimmung am langen Wochenende zunichte. Mit über 10.000 Leuten wurde gerechnet, die innerhalb der 3 Tage von Freitag bis zum feiertäglichen Montag mal kurz hier auf der Insel reinschauen wollten um den Vulkan zu sehen. Wer sich nicht wohnsitzmäßig ausweisen kann, der wird schon auf der Ostseite zurückgehalten, weil man ein Verkehrschaos verhindern möchte und man hat extra einen Shuttleservice mit Bussen eingerichtet, damit die Leute vom alten Flughafen unterhalb des Krankenhauses, auf die Westseite zur Kirche in Tajuya gelangen können, das ganze umsonst. Heute am Vormittag war die Straße dann aber dennoch schon tüchtig zugeparkt. Es scheint als ob so heftig gar nicht kontrolliert wird. Bei der lokalen Bevölkerung stoßen die Vulkangucker teils auf heftige Ablehnung. Häufig liegt das aber nicht an der Sensationsgier, die den Leuten aufstößt, sondern an der Tatsache, dass sich da Menschen von den anderen Inseln auf den Weg machen und teils am selben Tag wieder abreisen. Wenn die schon kommen, dann sollen die doch ein paar Tage bleiben und den hier gebeutelten durch Konsum und Mietzahlungen Geld da lassen, hört man auch mal. Das mag natürlich stimmen, aber bis auf Vulkan hat das Aridanetal momentan ja gar nicht so viel zu bieten. So gesehen wäre ein Wochenaufenthalt dann vielleicht schon etwas viel verlangt. Denen, die sich massiv an dieser Art der Kurzzeitgäste stören, bleibt der Trost, dass heute so mancher sicherlich enttäuscht wurde. Optisch war, außer Asche rund um den Kegel, nicht wirklich was zu holen. Selbst die Kamera bleibt da besser eingepackt, der feine Staub ist der Hauptfeind eines jeden Elektrogerätes. Die Tagestouristen haben im Gegenzug vielleicht auch die Erkenntnis gewonnen, dass es sich hierbei nicht nur um eine Attraktion, sondern, unabhängig vom sozialen Drama, eher um eine unangenehme Erscheinung handelt. Heute war so ein Tag, an dem man im Tal nicht vor die Tür wollte. Diejenigen, die sich bereits am heutigen morgen auf der Insel befunden haben, haben dann auch gleich mal ein Erdbeben mit der Magnitude 5,0 erleben dürfen. Da bekommt man dann doch mal ein Gefühl für unseren momentanen Alltag. Wobei die Intensität dieses Bebens mit IV-V eingestuft wurde, wir hatten auch schon mal eine glatte V, bei einer Magnitude von 4,8. Die Reaktionen auf die Beben seitens der einheimischen Bevölkerung haben sich aber streckenweise schon etwas verändert. Die gut spürbaren über Magnitude 4, gehen jetzt ja schon eine ganze Weile und man wird im Umgang entspannter. Magnituderaten hat sich bereits zu einer Art Volkssport entwickelt und die glatte 5,0 von heute Morgen hat man unter der Rubrik „Neuer Rekord“ verzeichnet und wartet gespannt auf den kommenden Höchstwert.
Akustisch war heute den Tag über ein anhaltendes tiefes Grollen zu vernehmen. Immer mal wieder gab es Donner. Und wo Donner ist, da gibt es auch Blitze. Das es elektrische Entladungen am Vulkan gibt, ist wohl selten, kam aber hier immer mal wieder vor. Beim nächtlichen Rauchen habe ich das auch schon mal gesehen. Jetzt hat aber auch der spanische Wetterdienst AEMET hier ganz offiziell ein Vulkangewitter festgestellt und sogar auf der Wetterkarte verzeichnet. Zur Bestätigung hat dann auch noch INVOLKAN ein Foto eines solchen Blitzes veröffentlicht.
Heute Morgen hat die Lava, am südwestlichen Strom fast das Meer erreicht. Blieb aber dann erneut an der Bananenterrasse an der Playa Nueva hängen. Da aber wohl noch genügend Material nachkommt wird das sicher noch werden und zu einem zweiten Delta führen. Diesmal hat man aber seitens des Krisenstabes zumindest keine Angst vor den giftigen Gasen. Rund um die Eintrittsstelle ist alles evakuiert und nur die Arbeiter der Entsalzungsanlagen in Puerto Naos wären in Gefahr. Diese haben aber bereits entsprechende Instruktionen erhalten. Das schnelle vorankommen der Lava hat aber dennoch dazu geführt, dass die Landwirte heute nicht in die Gegend von La Bombilla fahren durften um zu bewässern, eben weil die giftigen Gase zu erwarten sind. Dieser Lavastrom im Südwesten hat aber auch nochmal gezeigt, dass wir weiterhin verwundbar bleiben. Er schaffte es nämlich nicht auf dem bereits halbwegs erkalteten Strom zu bleiben, sondern lehnte sich seitlich daran an. Somit hat sich der Lavafluss weiter nach Süden verbreitert und etliche weitere Gebäude zerstört. Auf den Luftaufnahmen von heute Morgen war zu sehen, wie dieser knapp am Restaurant Mariposa vorbei ging. Das ist eine infrastrukturell ganz empfindliche Stelle im Moment. Genau dort mündet der Camino La Majada auf die LP213 und ist die letzte Verbindung mit der Puerto Naos auch mit LKWs zu erreichen wäre. Noch hält die Stelle. Das Siedlungsgebiet Las Norias war aber heute Vormittag schon in höchster Gefahr.
Beben gab es bis zur Stunde deutlich weniger als gestern, dafür aber eben eine 5,0. Weiterhin sind es recht wenige Ereignisse in der unteren Kammer. Fast alle Beben liegen in einer Tiefe zwischen 10 und 15 km. SO2-Werte gab es heute nicht, weil die Messung nicht möglich war. Olfaktorisch war aber zumindest in El Paso welches war zu nehmen. Da man nicht wirklich sehen kann, was der Vulkan gerade macht, hilft es immer auf den Tremor zu achten, wobei dieser eine mehr oder minder unveränderte Situation aufzeigt.