Er qualmt und ascht vor sich hin

Wenn der ganze Spaß vorbei ist, dann muss ich dringend zu Optica Naranja in El Paso. Ich benötige dringend neue Brillengläser. Das Sichtfeld ist mittlerweile sehr eingeschränkt, weil die blöde Vulkanasche auf dem optischen Hilfsgerät fiese Kratzspuren hinterlassen hat. Das beweist, dass die Asche ungesund ist, Brillengläser sind ja immerhin robuster als die gemeine Netzhaut und man kann diese, dank Optikerfachgeschäft, wenigsten austauschen. Aber erst, wenn es keine Asche mehr gibt, solange muss das jetzt noch so gehen. Die Maske und der eigene Atem verschärfen das Problem ohnehin, weil die Brille ständig anläuft und dann schmirgelt man beim Saubermachen, mit Asche am T-Shirt dran rum. Nachdem es gestern recht wenig von dem schwarzen Pulver war, kam es heute richtig heftig. Am morgen war Los Barros hinter einem dunklen Vorhang verschwunden, kurz meinte man, dass es sich um Regenwolken handeln würde, aber man konnte die Aschepartikel flimmern sehen, die es da geregnet hat. Als wir dann kurz in Los Llanos waren hat es dort auch Asche geregnet und die Autos haben den feinen Staub richtig aufgewirbelt. Andere Menschen scheinen schlauer, bzw. uneitler zu sein, als wir, und liefen mit Schirmen umher. Ich mag keine Regenschirme und verweigere diese bei ganz normalem Regen. Mittlerweile überlege ich aber, meine Haltung zu revidieren. Als wir nach ca. einer Stunde wieder nach El Paso gefahren sind, war der Ascheregen in Los Llanos weg. Dafür hat es dann eben in El Paso schwarzes Pulver geregnet, was bis ca. 14 Uhr angehalten hat. Also exakt solange, wie nötig war, dass es einen beim Abholen der Kinder aus der Schule nochmal gut erwischt. Die Wolke ist dann in die höheren Regionen von El Paso, Richtung La Rosa gewandert. Der Vulkan scheint eine Art Gerechtigkeitssinn zu entwickeln, immerhin hat er seine staubige Hinterlassenschaft heute einmal quer über das ganze Tal verteilt. Wobei selbst aus dem Nordwesten der Insel heute Meldungen eingingen, dass genug herunterkam, um den Boden schwarz zu färben. Die Motivation, das Zeug vom Dach zu fegen, ist derzeit gleich null. Obwohl ja Regen angekündigt ist, bleibt das erst einmal so. Die Regenprognose wurde auch mittlerweile wieder abgeschwächt, was uns alle ein wenig beruhigt, weil wir ja schon vor dem ersten Starkregen etwas Bammel haben, bei den ganzen Aschebergen, die da oben am Hang liegen. Wenn es jetzt nur ein wenig regnet, dann geht das wohl gut. Problematisch könnte das jetzt allerdings für die Bananengewächshäuser werden. Diese Foliengebilde haben jetzt über Wochen eine Ascheschicht gesammelt und da kann man ja nicht einfach draufklettern um das runter zu fegen. Man hat die Bananenarbeiter jetzt zur Vorsicht aufgerufen, weil da jetzt eben auch recht wenig Wasser ausreichen kann, dass die Konstruktionen kollabieren.

Heute laufen nun wieder die Wetten, ob morgen Schule sein wird oder nicht. Bisher wurde noch nichts abgesagt, aber mit der Asche in der Luft glaubt da so richtig niemand dran. Man geht am besten nämlich gar nicht nach draußen. Es wird ja empfohlen nur in dringenden Fällen raus zu gehen, und dann mit gut sitzender FFP-Maske. Die Maske hält aber nicht wirklich alles ab, und die Teile, die in der Schule an die Kinder verteilt wurden, sind eben auch für Erwachsene gedacht. Die Masken und Brillen stehen rundrum über, das mit dem gut sitzen bleibt da ein Wunschdenken. Ich persönlich halte das mit der Schule aber für einen dringende Geschichte. Gar nicht so sehr wegen dem verpassten Stoff, der Leistungsgedanke mit den guten Noten ist mir da fremd, sondern weil es für die Kinder gut ist, in so einem Ausnahmegeschehen Struktur und Normalität zu haben und wenigstens ein paar Stunden pro Tag nicht mit den am Rad drehenden Erzeugern konfrontiert zu sein, die mit den Nerven runter sind. Der Großteil der Lehrer äußert sich genauso. Klar darf man die Gesundheit der Kinder nicht gefährden, aber die psychische Gesundheit ist eben gerade nicht zu vernachlässigen.

Mittlerweile hat die Lava an einer dritten Stelle den Atlantik erreicht. Die Eintrittstelle am Playa El Charcón liegt noch etwas südlicher als die an der Playa Nueva. Allerdings wächst das alles zusammen. Man kann also eigentlich gar nicht mehr von einem „Delta“ sprechen, sondern eher von einem Streifen der, nun knapp 41 ha groß, an der Westseite La Palmas angebaut wurde. Ansonsten gibt es zu gestern nicht wirklich großen Veränderungen. Gefühlsmäßig liegt der Vulkan im Sterben. Der Tremor bleibt schwach und die Bebentätigkeit genauso. Etwas mehr Gas heute, dafür ist die Bodendeformation wieder etwas zurückgegangen. Von der Logik her ist das auch unser bester Wert, weil der Rückgang aussagt, dass weniger in die Magmakammer reinfließt, als oben zum Vulkan rauskommt. Die Vorstellung, dass das irgendwann einmal wirklich vorbei sein könnte, ist mittlerweile fast befremdlich. Man muss sich dann erstmal an die neue Realität, ohne Vulkan gewöhnen. Dann dürfen sogar die beiden noch verbliebenen Katzen wieder raus. Und selbst das wird spannend. Nach all den Wochen Hausarrest, haben die sich an ihren begrenzten Radius richtig gewöhnt und drängen gar nicht mehr Richtung Tür, wenn man nach Hause kommt. Hoffentlich wollen die dann wieder raus, wir hätten nämlich sehr gern wieder das Katzenklo abgeschafft. Bei einem der Pelzträger mangelt es nämlich gewaltig an Treffsicherheit und, meist beim Essen, muss einer von uns, durch Scharrgeräusche aufgeschreckt, los spurten um einen Katzenhintern in die Kiste zu drücken.

Ungewohnt anschmiegsam ist der sonst eher disozial gestörte Botox. Das darf auch nur ich mit ihm machen. Im innerfamilären Katze-Mensch-Verhältniss, haben wir uns gegenseitig auf Platz Eins gesetzt. Weil meine Frau manchmal von ihm eine gelangt bekommt (ich auch ab und an), steht er bei Ihr nicht so hoch im Kurs. Aber immerhin trifft Botox das Katzenklo.