Umgekehrt proportional

Generell ist es so, dass wenn irgendwelche Vulkanischen Werte steigen, dann geht die eigene Laune runter. Manchmal bleibt das dann aber gleich, wenn z.B. der So2-Wert hoch ist, dafür aber die Beben rückläufig, dann gleicht sich das prima aus. Das sind aber auch immer so weiche Werte, die Schwankungen können auch immer noch andere Ursachen haben, oder ich versuche mir das zumindest dann so zu erklären. Das klarste Muster gibt es aber bei der Bodendeformation. Leichte Erhöhungen kann ich immer noch psychisch ausgleichen, aber Tendenzen sind da ganz schlimm. Die letzten 2 Tage war es schon so, dass die Beule an der Messstation LP-3 etwas zugenommen hatte. Heute Morgen war dann aber plötzlich ein Klopps zu sehen. Ganze 5cm Hebung im Vergleich zum Vortag. Mit den Tagen davor kamen wir dann auf zusammen 9 cm. Wenn der Boden sich hebt, dann bedeutet, dass, dass eben mehr Magma in die Kammer geflossen ist, als oben zum Vulkan rausging. Meine Laune ist dann eben gleich mal 9 cm in den Keller gerauscht. Jetzt geht das schon wieder etwas besser, weil PEVOLKA bei der Pressekonferenz verkündet hat, dass die Beule wieder abnimmt. Wieviel sehen wir dann morgen. Vielleicht sollte ich es mal mit Buddhismus versuchen um diese ganzen Schwankungen nicht so sehr an mich ran zu lassen. Meine bisherige Strategie mit vermehrtem extensiven Zigarettenrauchen hilft nicht wirklich und ist auch nicht wirklich gesund. Das mit dem schnellen Ende scheint wohl nichts zu werden, solange Magma weiter aufsteigt, obwohl ja die Tendenz im großen Ganzen rückläufig ist. Erdbeben gibt es derzeit etwas mehr als gestern. Die treten aber irgendwie akkumuliert auf. Also immer wieder Serien und dann etwas längere Pausen. Eine gab es zwischen 10:19 Uhr und 13:50 Uhr, also ganze 3,5h ohne Beben und auch jetzt ist das letzte Beben wieder mehr als 3,5h her. Die heute verkündeten SO2-Werte, die ja von gestern sind, gingen nochmals etwas zurück, dafür fließt nach wie vor die Lava recht dünnflüssig und konstant.

In den 62 Tagen, die wir jetzt hinter uns haben, sind mehr als 10 Millionen qm pyroklastisches Material ausgetreten. Also nicht Lava, sondern Asche und Gestein. Deswegen haben die unseren Namenlosen jetzt hochgesetzt. Wir haben jetzt einen Vulkan der Stufe 3 von 8. Als das Ausbruchsgeschehen am heftigsten war, wurde das Teil in Kategorie 2 verortet und wir haben uns gefragt, wieso das so niedrig ist. Der Teneguia war eine 1 und man hat uns am Tag darauf erklärt, dass eine 2 zehnmal höher sei als eine 1. Damit ist der jetzige Ausbruch wohl, falls sich das Muster so fortsetzten sollte 100mal stärker als der des Teneguia. Wohlgemerkt in der Summe des ganzen Ausbruchsgeschehens, das hat uns Carmen Lopéz, bei der Pressekonferenz erklärt, nicht dass wir noch in Panik geraten.

Insgesamt hat sich das Eruptionsgeschehen ja stabilisiert. Am Anfang war der Vulkan ja häufig noch sehr explosiv und hat dann auf Phasen gewechselt, in denen verstärkt Lava ausgetreten ist. Manchmal haben wir zwar noch kleine Druckwellen, dann stopfen wie wieder Bierdeckel in die Fenster. Man sieht auch ab und an große Gesteinsbrocken aus dem Krater fliegen, aber das ist schon viel besser geworden. Dennoch bleibt der Vulkan unberechenbar. Immer noch wird es nicht ausgeschlossen, dass es neue Öffnungen in der Nähe des jetzigen Kraters geben könnte, und die bestehenden Öffnungen haben eben auch keinerlei Konstanz. Plötzlich verbrennt Gas, nach einigen Minuten fliegt Lava und Gestein oben raus, dann qualmt es wieder nur vor sich hin. Wie man uns schon ganz am Anfang erklärt hat, ist dieses unstete Verhalten sehr typisch für einen kanarischen Vulkan. Damit bleibt der eben auch recht unberechenbar und gefährlich. Immer mal wieder kommt es nach Forderungen, dass man nach isländischem Modell die Geschichte für uns nutzbar machen sollte um Touristen an den Krater zu führen. Im Moment ist die Situation aber so, dass selbst die Wissenschaftler, die eine Sondergenehmigung haben und absolute Profis sind, immer wieder kurzfristig abgezogen werden, weil die SO2-Werte so mies sind, dass es lebensgefährlich wäre. Die Sperrzone von zweieinhalb Kilometer bleibt erhalten und ist sinnvoll. Das Geschrei möchte man sich gar nicht vorstellen, dass es geben würde, wenn da jemandem aus einer Besuchergruppe plötzlich ein Lavaklotz auf den Kopf knallen würde. Und wir erinnern uns auch an den Teneguia, wo wir zwei Todesopfer hatten, die einfach zu nahe am Vulkan waren und an den Gasen verstorben sind. Solange also regelmäßig nicht mal die Landwirte nach Puerto Naos zum Bananenwässern dürfen, weil es zu gefährlich ist, dürfen da auch keine Touristen hin. Wir sind hier nicht in Island und unser Vulkan bleibt ein unberechenbarer Drecksack.