Reihenhaus

Der Enrique hat gestern mal wieder den Teufel an die Wand gemalt. ER ließ sich dazu hinreißen zu behaupten, dass quasi ein zweiter Ausbruch begonnen hätte, während der momentane noch andauern würde. Die Bodenhebung, die wir gestern an der LP-3 Station hatten war der Grund dafür. In Verbindung mit den Bebenserien kam er zu dem Schluss, dass da gerade große Magmamengen hochgepumpt werden. Allerdings ist die Verformung ratzfatz wieder verschwunden und es ist jetzt nicht wirklich sichtbar mehr Lava ausgetreten. Was es allerdings gab, war ein erhöhter Gasausstoß. Jetzt nicht unbedingt von den Werten gemessen, die waren gestern wieder leicht rückläufig, sondern optisch und auch akustisch wahrnehmbar. Das Düsenflugzeug war heute Vormittag gut hörbar wieder am Kegel aufgetaucht, was eben dafür spricht, dass mehr Gas, wie durch einen voll aufgedrehten Schweißbrenner herauskam, und eher nicht damit zusammenhing, dass der Flughafen komplett dicht war und die Flieger deshalb zu uns auf die Westseite gedüst sind. Das Geräusch ist mittlerweile weg, man hört und sieht gar nichts. Der Vulkan liegt aber auch komplett in einer Regenwolke gehüllt. Bis es wieder was zu sehen gibt, wird es sicher dunkel sein.

Es bleibt also weiter dabei, der Vulkan macht was er will. Auch wenn die offizielle Wissenschaft, also nicht der Facebook-Enrique, ebenfalls davon gesprochen hat, dass es zu einer erhöhten vulkanischen Aktivität kommen würde, und wir uns also auf eine Zusatzrunde einstellen müssten, sieht es im Moment wieder ganz anders aus. Das ist schon erstaunlich. Tagelang wird von einer Stabilisierung gesprochen, dann bebt die Erde und der Tremor geht hoch und man teilt uns mit, dass man sich wohl doch getäuscht hätte, und der Vulkan nochmals nachladen würde. Als Beweis galt die Bodenhebung, die jetzt wieder verschwunden ist. Dabei sieht es mit den aktuellen Werten derzeit rosig aus, wie noch nie. Keine 30 Beben zur Stunde, das stärkste mit einer Magnitude von 4,3 und der Tremor verabschiedet sich im Moment aus dem Schaubild nach unten.

Unterdessen gibt es langsam etwas Polemik, was den Wiederaufbau betrifft. Eine von vier Bürgerplattformen hat zusammen mit dem Architekten Sergio González-Jaraba jetzt südlich von Jedey einen Plan vorgelegt, wo über 500 neue Wohnungen entstehen sollen. Das Ganze soll durch Subventionen und Kaufinteressenten finanziert werden. Eine Schule, ein Gesundheitszentrum und anderes, wie Supermarkt sind ebenfalls geplant. Problem dabei ist allerdings, dass das ganze ebengeschütztes Gebiet ist. Hier wurde vor 20 Jahren mal ein Golfplatz geplant und die Sache scheiterte an den Umweltauflagen. Geplant ist die Siedlung, die den Namen Cumbre Nueva tragen soll, aber schon jetzt als „Neutodoque“ tituliert wird, auf einer Fläche von 400.000 qm. Die Initiatoren fordern nun, dass das Land möglichst schnell umgewandelt wird, aber natürlich nicht nur die 400.000 qm, sondern die ganzen 1,3 Millionen qm, die, und nun wird es etwas pikant, immer noch den selben Großinvestoren gehören, die damals mit den Golfplänen gescheitert sind. Die Idee, dass man Land neu und möglichst unkompliziert neu deklariert, damit die Vertriebenen möglichst in räumlicher und zeitlicher Nähe zum Verlorenen neu anfangen können ist ja auch komplett richtig. Wenn man sich aber das Konzept so anschaut, dann hätten die Landbesitzer sich vielleicht ein wenig mehr Mühe geben können um den Rest an der Nase herum zu führen und einen Schnitt zu machen. Todoque war eine Fleckensiedlung. Was bedeutet, dass um das eigene Haus immer auch ein wenig Land war, wahlweise mit Kartoffeln, Hühnern oder auch Ziegen. Die jetzt geplanten Häuser sind aber Reihenhäuser, auf einer Landfläche von 200 bzw. 500 qm. Vielleicht sehe ich, als jemand, der in einem Reihenhaus aufgewachsen ist und seitdem eine gewaltige Aversion gegen so etwas hat, die Sache nicht wirklich objektiv. Aber von all den Palmeros die ich kenne, die Ihr Haus in Todoque verloren haben, sehe ich niemanden, der in ein Reihenhaus ziehen möchte. Kann sein, dass ich mich da täusche, und sicher wird es da den ein oder anderen geben, aber die Sache riecht doch verdammt komisch. Dazu kommt ja auch noch, dass es wesentlich mehr Ländereien gibt, wo theoretisch noch gebaut werden könnte und die sind dann eben noch näher am alten Todoque dran, als der verhinderte Golfplatz.