Noch 8 Tage

Zwei haben wir hinter uns, oder wenn man es genau nimmt 44 Stunden. Die Situation hält. Kein Tremor, oder wenn man es so haben will, quasi keinen mehr, und mittlerweile ist auch der SO2-Wert in sich zusammen gesackt. Es hieß mal, dass wir mehrere Tage unter 100 t dieses Eierstinkgases bräuchten, um von einem möglichen Ende zu sprechen. Die 5 t von gestern sind da klar drunter. Die Geschichte läuft also auch. Das IGN hat nun heute bei der PEVOLKA-Pressekonferenz ein Datum für die Vorsichtigen unter uns genannt. Wenn der Berg 10 Tage ohne Zwischenfälle Ruhe gibt, dann sind die Wissenschaftler bereit einen offiziellen Knopf an unseren Vulkanausbruch zu nähen. So gesehen wäre also am 23.12. punkt 21:00 Uhr, die Sache dann rum. Wir wollen natürlich nicht so lange warten und mit jeder Stunde, die vergeht wird so eine Reaktivierung unwahrscheinlicher. Letztlich läuft das aber dann natürlich für alle auf eine ganz individuelle Geschichte raus wann man sein persönliches Ausbruchsende bestimmt. Mir selbst ist das auch egal. Nach feiern ist mir generell nie, Sekt verabscheue ich, und ein Tropical-Bier kann ich auch mal anlasslos trinken. Heute war die Stimmung hier im Dorf schon wesentlich entspannter. In den letzten Wochen hat man die Menschen hier nie so fröhlich und fast schon erleichtert gesehen. Hinter den Masken ist das Lächeln schwer zu erkennen, aber die Fältchen um die Augen verraten eben auch was. Und es wird gelacht und in den Arm genommen. Dennoch traut sich kaum einer sich festzulegen. Zu groß ist die Unsicherheit. Familienintern habe ich das gestern schon teilweise gemacht. Heute habe ich mich schon großkotzig festgelegt, dass da nichts mehr nachkommen wird. Hier im Blog werde ich das freilich nicht tun. Den vorletzten Satz habe ich also nie geschrieben, auf so dünnes Eis möchte ich mich nicht begeben. Dennoch ist es erstaunlich. Vor einigen Monaten hätte ich nicht gedacht einmal im Leben einen Vulkanausbruch in einer solchen Nähe zu erleben. Vor wenigen Wochen war es dann soweit, dass ich phasenweise nicht mehr dran geglaubt habe das Ende eines solchen zu erleben. Jetzt scheint selbst das noch zu klappen.

Unterdessen haben sich die ersten Wissenschaftler heute auf den Weg gemacht, den Krater zu erklimmen. Diesmal nicht per Drohne, sondern zu Fuß. Sie merken, die haben offensichtlich auch keine Angst, dass denen gerade was um die Ohren fliegen könnte. Und Frau Blanco vom IGN spricht auch schon an, wann die Evakuierten zurück könnten. Hier wurde Vorsicht angemahnt, nicht wegen einer möglichen Reaktivierung, sondern wegen den Gasen. In Puerto Naos haben die Messungen in Tiefgaragen durchgeführt und was sich da an giftigen Dämpfen gestaut hat, war erschreckend. Einige der Leute dort klagten direkt über Schwindelgefühle und mussten aus der Zone evakuiert werden. Deswegen hieß es, dass eine Rückkehr in absehbarer Zeit stattfinden könnte, aber noch nicht bald. Ein Konzept könnte sein, dass jeder erst einmal in Begleitung von Sicherheitskräften nach Hause geht um dort kontrolliert zu lüften. Erst wenn alles sicher ist kann dann die Normalität zurückkehren.

Jetzt wo der Bursche gerade nicht so viel macht, kann man sich also wieder den anderen ärgerlichen Dingen zuwenden. Da war ja noch so ein Thema, dass uns die letzten beiden Jahre beschäftigt hat. Wir versuchen ja als Ferienhausvermittler unser Geld zu verdienen. Wobei durch Covid das versuchen mehr im Vordergrund steht als das Vermitteln und das Verdienen ist ganz weit weg. Durch den Vulkan war das erstmal alles egal geworden, es kam verständlicherweise erstmal kaum ein Gast auf die Insel, und mit Asche und Erdbeben ist auch nicht so gut Urlaub machen. Das Gemeinste an der ganzen Covidsache war ständig, dass die Wellen auf den Kanaren und im touristischen Entsendeland Deutschland nie parallel verliefen. Immer wenn es hier gut war, dann war es in Deutschland mies. Umgekehrt natürlich genauso, aber zumindest wir auf La Palma kamen bislang recht gut durch. Allerdings werden wir hier mit den anderen Inseln nach wie vor in einen Topf geschmissen, wenn es um eine Bewertung der covidialen Situation geht. Und da es zumindest in Deutschland gerade wieder was die Neuinfizierten angeht, etwas besser aussieht, sind wir hier gerade mächtig am loslegen. Stattliche 1.207 Neuinfizierte (davon 9 auf La Palma) an nur einem einzigen Tag auf den Kanaren wurden heute vermeldet. So viele waren es noch nie. Und da hat man dann ganz schnell eine Inzidenz von über 200, die dann wieder reicht, dass das RKI uns zum Hochrisikogebiet stempeln könnte. Auf La Palma haben wir eine Inzidenz von 82,7 und sind damit hinter La Gomera ganz gut im Rennen. Der Ansatz jetzt, weil man ja irgendwann mal wieder normal Arbeiten möchte, ist, dass die Welle, die sich auf den Inseln gerade aufbäumt, bis zum März wieder abgeebbt ist. Die Fluggesellschaften haben wegen dem ollen Vulkan bis dahin eh die meisten unserer Verbindungen gekappt. Wenn es gut läuft, gibt es dann vielleicht auch schon wieder eine Möglichkeit, relativ stressfrei nach Puerto Naos zu gelangen.