Eine Woche ist nun schon herrliche Ruhe eingekehrt da oben am Cabeza de Vaca. Morgens müffelt er ein wenig nach faulen Eiern, aber wenn die Sonne kommt, dann greift die Termik und die Luft ist klar. Alles auf Entspannung, gut die Bebenserie letzte Woche hat uns noch mal ganz kurz in Alarmbereitschaft versetzt, und ehrlicherweise zucken wir immer noch zusammen, wenn ein LKW am Haus vorbei fährt. Da hat sich in den vergangenen Monaten etwas traumartiges festgesetzt, aber wir lachen da dann eher direkt danach drüber, weil das uns allen so geht und wir ja glauben zu wissen, dass es rum ist. Trotzdem haben die heutigen Daten mal wieder kurz aufhorchen lassen, wobei niemand richtig besorgt war. Man konnte sich das nur wieder mal nicht zusammenreimen, was da los ist. Heute am Morgen hat die Deformation an der Stelle LP3 bei Jedey mal kurzerhand eine Anhebung von 6 cm, im Vergleich zum Vortag ergeben. Messfehler wurde spekuliert und auch Frau Blanco meinte, dass das recht gut möglich sein könnte. Heute am Mittag erfahren wir dann, dass die 6 cm gar nicht die Spitze des Eisbergs waren, gestern gegen 22 Uhr, waren es sogar deren 8. Gleichzeitig vermeldete man, dass die Sache aber von da an rückläufig sei und wir schauen jetzt mal, was das Schaubild morgen sagt. Man hat uns ja gleich zu Beginn des Ausbruchs erklärt, wie die ganzen Sachen miteinander verwoben sind. SO2, Tremor und Deformation bedingen sich gegenseitig, und es sei auch kein Anzeichen für Besserung, wenn da nur ein Wert gut ist, dass muss quasi alles Hand in Hand gehen. Das gilt dann aber eben auch umgekehrt und damit geht uns die Geländehebung gerade sonst wo vorbei, selbst die Übervorsichtigen von PEVOLKA haben da jetzt nicht zur erhöhten Vorsicht gemahnt. Alles ist gut, in wenigen Tagen ist der Spuk auch ganz offiziell rum und großmäulig geben wir uns nun Minimum 50 Jahre bis zum nächste Mal.
Also denken wir hier an unsere Zukunft. Manch einer sieht es ja als toll an, dass unser krummgelbes Wahrzeichen durch den Vulkan ganz gewaltig eine abbekommen hat und wünscht sich ganz dolle dass die Platano hier jetzt die Biege macht. Da kann man aber beruhigt sein. Die Banane ist Identität. Natürlich ist da ein langfristiger Rückgang, irgendwann, einfach aus Mangel an Subvention, wohl eher unvermeidlich, aber die die das bemängeln, könnten ja auch ganz einfach bereit sein, faire Preise für ihr Obst auf den Tisch zu legen. Ohne die Banane und die herrlich hässlichen eingemauerten Plantagen wäre La Palma aber einfach nicht mehr La Palma. Hier ist nicht alles blitzeblank geschleckt, damit der Besucher alles schön hat, sondern ursprünglich funktional. Die Infrastruktur dient zu aller erst der lokalen Bevölkerung, und genau das, dass wir es geschafft haben uns bislang nicht zu verkaufen, macht den wirklichen Charme der Insel aus. Unser touristisches Handeln hat sich bislang prima eingefügt. Ferienhäuser schön über die Insel verteilt, als Ausgangspunkt zum Wandern oder eben einfach um wenige Wochen im Jahr in eine palmerische Normalität ein zu tauchen. Die ganzen Versuche, die Geschichte dicker auf zu ziehen, gingen bislang kläglich schief. Los Cancajos ist da als halbtotes Touristenzentrum ein leuchtendes Beispiel. Aber auch auf der Westseite läuft die Geschichte mit den Hotelunterkünften nicht wirklich rund. Selbst in precovidialen Zeiten hatten das Hotel SOL in Puerto Naos immer mehrere Monate pro Jahr zu, weil außerhalb der Saison da gar niemand hinwollte. Dennoch melden sich gerade wieder die entsprechenden Lager zu Wort, die nun glauben am Wideraufbauprogramm nicht nur Krümelchen ergattern zu können. Antonio Rocha, Architekt und La Palma-Chef der rechtextremen VOX, hätte da schon gerne einen Golfplatz und denkt auch an Hotelbauten. Vielleicht bekommt der ja den ein oder anderen Bauauftrag ab. Gute Beziehungen ins Rathaus von Los Llanos dürfte der noch haben. Schließlich war er früher Mitglied der nur halbrechtsextremen PP und saß als Stadtrat für Bau in der Verwaltung. Die ganzen Millionen die wir nun aus Madrid bekommen sollen ja eigentlich sinnvoll verwendet werden. Das mit dem sinnvoll ist aber die große Frage. Als erstes würde mir persönlich eine Art Freilichtmuseum im Gebiet des ehemaligen Todoque einfallen. Dann ein hübsches Besucherzentrum dazu, wo man den Ort sehen kann, wie er früher aussah. Danach einen Rundgang nach draußen, Infotäfelchen an die aus der Lava ragenden Dächer und Schornsteine gemacht und den Schwerpunkt auf das soziale Drama des untergegangenen Dorfes gelegt. So eine Art neuzeitliches Pompei. Das hat niemand auf den Kanaren zu bieten und auch den Inselbewohnern und jahrelangen Stammgästen wäre mit so einem Erinnerungsmuseum sicherlich geholfen. Den ganzen Rest der Lavaströme möge man dann bitte wieder freigeben, damit, falls das möglich ist, die Leute wieder zurückkönnen und dort Bananen pflanzen. Gar nichts ändern, wäre mein Vorschlag. Wer nicht zurück in die Lava möchte kann ja vielleicht das ein oder andere Feriendomizil dort aufbauen. Wir hatten hier ja bisher auch schon Häuser im Gebiet des San Juan, die genau deswegen attraktiv waren.
Viel Vertrauen habe ich aber nicht, dass hier nicht versucht wird am großen Rad zu drehen. Allerdings habe ich gewaltiges Vertrauen darin, dass wir so etwas dann nicht auf die Kette bekommen. Das war in der Vergangenheit ja auch schon so, und dass ist das ja auch irgendwie das Schöne, würde genau unserer Identität entsprechen. Auch hier muss man einfach nur nach Los Cancajos schauen oder einen bewundernden Blick auf den Hafen von Tazacorte werfen. Groß klappt hier nicht, das bekommen wir einfach nicht hin. Und natürlich könnte man sich über das verprasste Geld für die ein oder andere Fehlinvestition und Bauruine, die wir vielleicht jetzt ins Leben rufen, aufregen. Auf der anderen Seite, wäre das aber auch ein Zeichen, dass La Palma auch weiterhin in der Lage wäre dem Massentourismus zu widerstehen und bestätigt dann so manch einen Stammurlauber darin, warum er seit vielen Jahren immer wieder auf die Insel kommt.
Grundsätzlich geht es ja darum zu schauen, wo die touristische Reise in Zukunft hingehen wird. Wenn man da dann mit den Fachleuten aus der Reisebranche in den Entsendeländern redet, dann meinen die am ehesten, dass wir hier eigentlich mit dem Ferienhauskonzept ganz gut aufgestellt sind. Massenhotels werden sich viel schwerer vom Coronaknick erholen können, die kämpfen alle richtig. Außerdem wird es gezwungener Masen in Zukunft wohl einen touristischen Rückgang geben. Nicht nur weil die Fliegerei teurer werden wird, generell geht die Sache Richtung Nachhaltigkeit. Also weniger Urlaube, dafür dann eben länger. 4 Wochen Hotelbunker sind da nicht die attraktivste Wahl. In einem Ferienhaus sieht das dann aber ganz anders aus. Es gibt hie tatsächlich gar nicht wenige, die meinen, dass wir gar nichts machen müssen. Wir haben einen Bekanntheitsgrad erreicht, der sich gewaschen hat und in den nächsten Jahren kommen sicherlich einige auf die Insel, die sich davor nicht hätten blicken lassen. Die schauen sich dann den Vulkan an, und gehen wieder. Unter denen, die uns nun aber auf den Schirm bekommen haben sind vielleicht auch einige, die bei dem einen Besuch, von unserer unkitschigen Ursprünglichkeit begeistert sein werden und dann zu neuen Stammgästen werden, weil man auf La Palma schon beim ersten Besuch etwas finden kann, das man nicht erwartet hat, einen aber sofort mitnimmt. Normalerweise lesen das was ich schreibe Menschen, die eine Verbundenheit mit der Insel haben, und die wissen wahrscheinlich genau, was damit gemeint ist.