Es ist gerade etwas komisch hier auf der Insel. Wir haben ja eigentlich Hauptsaison. Es sind aber im nicht wirklich Urlauber vor Ort. Klar die Gründe sind vielfältig. Da geistert noch der Covid rum, obwohl das gerade auf den Kanaren und auch auf La Palma massiv besser wird, und da ist natürlich noch unser Vulkan. Aber eigentlich ist der ja aus. Das sollte doch niemanden daran hindern nach La Palma zu kommen. Immer wieder wird man gefragt, wie den die Situation ist, ob man hier eigentlich ins Tal kommen kann, oder ob da alles in Sack und Asche liegt. Im Sack ist das Tal nicht und die Ascheansammlungen lösen sich gerade Stück für Stück auf. Tatsächlich haben wir gerade wieder eine Normalität erreicht, die allerdings in La Laguna endet. Weiter südlich, also ab Las Manchas ist die Sache noch im Argen. Da hat es noch massig Asche, die Aufräumarbeiten beginnen gerade erst, Wasser und Strom werden wohl im Laufe des Februars geregelt werden. Das Problem bleibt die Straßenverbindung ins Tal, aber selbst hier wird mit einer Piste in den nächsten 2 Monaten zu rechnen sein. Zwischen dem Süden und dem Aridanetal gibt es eine 3 Kilometer breite schwarze Narbe, die tut weh, und die verschwindet auch nicht wieder. Trotzdem nimmt man gerade bei ganz vielen Menschen eine Art Aufbruchstimmung wahr. Jetzt geht es weiter, wir machen sauber, bauen das Zerstörte wieder auf, und wir sind als Gesellschaft stärker als der Vulkan. In der Bevölkerung spürt man nicht wirklich eine Opferhaltung obwohl es sehr viele Menschen gibt, deren gesamte Existenz vernichtet wurde. Auf politscher Ebene ist das ein wenig anders. Natürlich ist man da gerade am Klagen. Das muss man auch, so ist das System, wenn man an Gelder gelangen will, die dem Wiederaufbau dienen. Die machen das genau richtig, nicht weil das eine kalkulierte Sache ist, sondern weil das Geld eben wirklich bitterlich benötigt wird. Die ganze Geschichte geht aber noch weiter. Der Ausbruch hat für die Insel massive wirtschaftliche Folgen. Wir haben zum einen die Landwirtschaft, die wegen der Asche starke Ernteausfälle hat, von den komplett zerstörten Anbauflächen muss man gar nicht reden. Und dann ist da noch das touristische Loch, das entstanden ist, und das sich, trotz Beendigung des Ausbruchs, nicht wirklich zu schließen scheint. Viel unserer Infrastruktur an Ferienhäusern auf der Westseite wurde zerstört, Puerto Naos bleibt nicht erreichbar, und auch die Wanderrouten im Südwesten sind gerade nicht nutzbar. Und viele scheuen sich gerade, aus im Prinzip edlen Motiven, hier her zu kommen. Man möchte den Wohnraum nicht weiter verknappen, bei Aufräumarbeiten im Weg stehen und hat vielleicht ein ungutes Gefühl am Strand zu liegen, während andere Menschen nicht wissen wie es weiter gehen soll. Das alles ist durchaus verständlich. Aber wenn die Urlauber nicht bald zurück kommen, dann folgt eben auf die Naturkatastrophe die soziale Katastrophe. Die Gäste sind es nämlich, die uns hier das Geld auf die Insel bringen. Wir geben das dann wieder zurück, in dem wir Produkte aus den Entsendeländern kaufen. Wir selber stehen gerade gar nicht so schlecht da mit unserer Firma. Viel verdienen können wir gerade nicht, aber irgendwie scheint es gerade so zu sein, dass viele andere gar nichts haben. Die Flieger die hier anlanden sind so gut wie leer und Eurowings hat, wegen mangelnder Auslastung, auch schon kurzfristig wieder Flüge gestrichen. Und wenn dass so weiter geht, mit den wenigen Gästen, dann wird sich das Problem im nächsten Jahr verschärfen. Die Fluggesellschaften richten Ihre Pläne nämlich nach der Nachfrage aus. Wenn nun niemand fliegt, dann ist die Versuchung entsprechend groß, dass man den nächsten Winter die Verbindungen nach La Palma weiter ausdünnt.
Aber auch wir auf der Insel verhalten uns gerade etwas ungeschickt. Es braucht nur eine kurze Meldung, dass ja im März und April wieder einige Flieger landen werden, und schon meinen hier etliche, dass man die Preise für die Unterkünfte mächtig erhöhen kann. Es gibt ja nun viel weniger Angebot. Dabei wird dann aber vergessen, dass es gerade auch im Prinzip kaum eine Nachfrage gibt. Das ist nicht wirklich weitsichtig gedacht.
Der Boom, mit dem hier viele rechnen, weil wohl Gott und die Welt unseren medial in den Vordergrund gerückten Vulkan sehen will, den wird es erstmal nicht geben. In den nächsten Jahren darf da nämlich keiner hin, das ist noch heiß und gefährlich. Und wenn es dann soweit ist, dann ist unser Vulkan auch wieder vergessen und überhaupt, Vulkan ist doch Lanzarote, dann kann ich ja auch da hin. Aus Madrid haben wir Geld bekommen für den touristischen Wideraufbau. Man fährt auf die nationale Touristenmesse und präsentiert sich dort. Anschließend klopfen sich der Tourismusverband und die zuständigen Politiker in Sachen Tourismus, zeitungswirksam so heftig gegenseitig auf die Schulter, dass massive Haltungsschäden im körperlichen und im übertragenen Sinn zu erwarten sind. Gutscheine werden auf den anderen Inseln verteilt, die einen Rabatt für einen Aufenthalt für La Palma von € 250,- beinhalten und die Werbekampagne mit den tausend Gründen, warum La Palma eine schöne Insel bleibt ist gut gemacht, wird dann aber stümperhaft mit Google in andere Sprachen übersetzt, dass man sich schon wundern muss. In den letzten Jahren hat man hier verstärkt auf den nationalen Tourismus gesetzt, was wegen Covid nur folgerichtig war. Im Sommer gab es dann auch tatsächlich reihenweise Buchungen. Immer 3-4 Tage und dann die nächste. Alle schön über eines der beiden monopolistischen Buchungsportale gemacht, und häufig dann am Tag vor der Ankunft wieder storniert. Booking bietet das nämlich gerade an, dass man bis 24 h vor Anreise kostenlos stornieren kann. Offiziell wegen der Pandemie. Allerdings ist denen ja pupsegal welche Unterkunft letztlich gebucht wird, und deshalb tragen die auch mit, dass man parallel 5-6 Unterkünfte bucht und dann einfach alle bis auf eine wieder storniert. Das ist nicht kundenfreundlich, sondern das ausspielen einer Marktmacht, die man mittlerweile hat. Man könnte ja so etwas einfach unterbinden. Die Rechenmaschinen von denen sind ja groß genug um festzustellen, dass das immer die selbe Person ist, der 6 Sachen auf einmal bucht.
Aber auch über booking und Konsorten kommt gerade nicht viel. Weder aus dem Restspanien noch aus dem Ausland. Und bei den ganzen Geschichten, die die Touristenverbände gerade machen, hat man den Eindruck, dass die Gäste, die der Insel in den letzten 20 Jahren treue Urlauber waren, etwas aus dem Blickfeld geraten sind. Dabei wäre es doch vielleicht ganz ratsam, dass man sich zuerst um diese bemüht, bevor man zu neuen Ufern aufbricht. Unter denen herrscht nämlich Verwirrung, auch weil in der Tagesschau, obwohl die Reporter vor Ort einen tollen Job gemacht haben, die Sprecherin bei der Anmoderation etwas von giftger Asche und Schutzkleidung redet. Die Asche ist aber gar nicht giftig und die Schutzkleidung sind Brille und Atemmaske und das eben auch nur wenn man beim Ascheschaufeln ist und nicht wenn da ein wenig auf dem Boden rumliegt. Viele Menschen, die La Palma gut kennen sind verunsichert, wie die Situation hier ist, und im Prinzip ist es aber so, dass die Situation normal ist, die Narbe ist noch da und die bleibt auch. Aber La Palma ist immer noch La Palma.
Mathias Siebold hat schon vor Wochen geschrieben, dass der richtige Zeitpunkt La Palma zu besuchen jetzt sei. Ja, es gibt nach wie vor Einschränkungen, man kann nicht nach Puerto Naos oder nach El Remo, um bei Sonnenuntergang Fisch zu essen, und Todoque gibt es einfach nicht mehr. Und natürlich ist das verständlich, wenn manch einer nicht mehr kommen möchte. Für viele waren bestimmte Lokale oder Ferienhäuser fester Bestandteil des alljährigen Urlaubs und Teil der zweiten Heimat. Wenn das aber so weitergeht, dann gibt es eben auch irgendwann keine Fischrestaurants in Tazacorte mehr, die haben nämlich gerade so gut wie keinerlei Einnahmen. Ein Urlaub auf der Insel hilft gerade allen. Und, das ist ganz wichtig, hat auch nichts mit Almosen zu tun. Das Gegenteil ist der Fall. Man erhält eine Leistung, auf einer wunderschönen Insel mit überwiegend tollen Menschen. Das ist besser als jede Spende und vor allem zeigt es auch, dass es hier weitergehen kann. Nein, La Palma ist kein Katastrophengebiet und die Menschen freuen sich über jeden Gast.
Hoffentlich war der Text jetzt nicht zu jammerig formuliert. Um ehrlich zu sein, sieht es bei uns ja im Februar und März auch ganz gut aus, wobei wir eben auch nur noch die Hälfte der Häuser von vor dem Vulkan haben. Dennoch, wenn Sie buchen, dann machen Sie das doch lokal. Also bei einheimischen Hausbesitzern, bei lokalen Agenturen, das muss ja nicht bei uns sein, und auch ein Fahrzeug lässt sich lokal mieten.