Meine Frau behauptet immer, dass der Vulkan sie zwei Lebensjahre gekostet hat. Der ganze Stress und die Asche hätten Ihr entsprechend zugesetzt. Natürlich ist die Aussage nicht zu überprüfen, weil uns nämlich die Referenz fehlt, wann denn das eigentliche Ableben terminiert ist. Da ich davon ausgehe, dass mein Lebenswandel (Rauchen, Bewegungsmuffeligkeit und schlechte Ernährung) meine Angetraute eh früher oder später zur Witwe machen wird, wage ich da schon mal gar keine Prognose. Allerdings ist es nun tatsächlich so, dass die Wissenschaft gewillt ist sich der Sache an zu nehmen. Natürlich nicht in meinem familiären Umfeld, sondern auf der Insel an sich. Schwerpunktmäßig soll es dabei aber gar nicht um die Langzeitfolgen gehen, sondern um den Ausbruch an sich. Diese Informationen bekommt man aus der Onlinediskussion „La Palma Opinion“. Victor Yanes, der Schriftsteller und Erzähler aus El Paso hat diese Geschichte ins Leben gerufen und hat nun schon die 7. Ausgabe moderiert. Die einzelnen Episoden sind jeweils themenbezogen beschäftigen sich aber immer mit dem Vulkan und seinen Folgen. Diesmal war unter anderen, der Facharzt für Allergologie und klinische Immunologie Antonio García, unter den Teilnehmern und was der Mann zu berichten wusste kann es durchaus in sich haben und unsere Null-Todesopfer-Bilanz, die wir vor uns her tragen in ein anderes Licht rücken. Vorab, es gibt, das betont Garcia ganz klar, derzeit keine wissenschaftlich fundierte Studie zu dem Thema, vielmehr betont er die dringende Notwendigkeit, eben eine solche Studie zu erstellen. Festgestellt wurde nämlich eine signifikante Übersterblichkeit auf der Insel, während des Ausbruchs, die sich, nach dem Ende wieder Normalisiert hätte. Die Rechnung ist relativ einfach zu erstellen. Es wurde der gleiche Zeitraum der letzten 5 Jahre zu Grunde gelegt, und ein Durchschnittswert der zu erwartenden Todesfälle berechnet. Diese Statistik ergab einen Wert von 190 verstorbenen für den Zeitraum der 13 Wochen des Ausbruchs. Faktisch kam es aber zu 260 Toten, was eben signifikant mehr ist. Auch im Vergleich zu den anderen Inseln gibt es Auffälligkeiten. Zwar gab es auf allen Inseln einen Anstieg der Todesrate, dieser war aber auf La Palma doppelt so hoch wie im kanarischen Schnitt. Dieser Informationen wurden von Rafael Cascón aus den Werten des nationalen Statistikinstituts ermittelt und zur Diskussion beigesteuert. Die beiden Wissenschaftler, betonen, dass es derzeit keinen bewiesenen Zusammenhang dieser Sterblichkeitsanomalie und dem Ausbruch geben würde, allerdings würden die nackten Zahlen einen solchen vermuten lassen. Deshalb fordern Sie eben auch eine entsprechende Untersuchung auf wissenschaftlicher Basis. Diese ist bereits bei der Ethikkommission des Universitätsklinikums beantragt, und da auch der kanarische Gesundheitsdienst wohl schon intern kommuniziert hätte, dass eine solche Untersuchung nötig sei, sind die beiden Wissenschaftler guter Dinge, dass diese bald genehmigt wird.
Antonio Garcia geht eben davon aus, dass ein Vulkanausbruch, der länger als zwei Monate geht, unweigerlich Folgen für die Gesundheit der Bevölkerung haben müsste und sieht eben, aufgrund seiner Profession, vor allem Menschen mit chronischen Atemwegserkrankungen gefährdet. Nicht nur die Asche, sondern auch die austretenden Gase, die mit Luft und Feuchtigkeit reagieren, seien, gerade für vulnerable Menschen, mit Vorerkrankungen, potentiell gefährlich. Jetzt gelte es, die Sterbestatistik und auch den Anstieg der Behandlungen in der Notaufnahme, mit dem vulkanischen Geschehen in Einklang zu bringen. Die Daten haben wir ja gesammelt und man kann sehen, wann es wo, wie gegast hat und wie stark der Ascheregen war. Momentan ist die Statistik nämlich nicht aussagekräftig, da wir nur über die Toten auf der Insel sprechen, die Belastung der Luft aber in den einzelnen Regionen höchst unterschiedlich war. Und natürlich ist auch die psychische Komponente dabei nicht zu vergessen. In einer anderen Ausgabe von „La Palma Opinion“ wurde dies schon ausführlich mit Experten besprochen, und wir haben einen klaren Anstieg an diagnostizierten posttraumatischen Belastungsstörungen zu verzeichnen.
Ganz wichtig, damit jetzt keiner verunsichert ist: Die Todesrate hat sich mit dem Ende des Ausbruchs wieder komplett auf einem „normalen“ Level eingepegelt. Wer also nun nach La Palma kommt, der braucht auch nichts zu befürchten. Unsere gemessenen Luftwerte sind, abgesehen von den gesperrten Gebieten, komplett im grünen Bereich, was eben während des Ausbruchs ganz anders war. Die Warnungen, dass Menschen mit Vorerkrankungen möglichst nicht nach draußen sollten, waren allgegenwertig.