Lange haben wir nichts mehr von der Direktorin des Nationalen Geographischen Instituts (IGN) auf den Kanarischen Inseln, María José Blanco gehört. Gestern hat Sie sich mal wieder zu Wort gemeldet. Das vor dem Ausschuss für Wiederaufbau im Inselparlament. Natürlich war da auch die momentane Situation entsprechend Thema. Allen voran die in La Bombilla. Und auch das IGN, in Gestalt von Frau Blanco, kommt zu dem Schluss, dass man da überhaupt keine Prognose machen könnte, wann die Situation sich entsprechend verbessern würde. Eine Prognose hat sie aber dennoch gemacht. Und zwar sei sie sich sicher, dass die jetzige Generation noch einen weiteren Vulkanausbruch auf dem Archipel erleben würde. Die Dynamik sei einfach groß genug, dass man davon sicher ausgehen könnte. Wohlgemerkt ist vom Archipel und nicht von La Palma die Rede. Deswegen muss man nun nicht direkt in Panik verfallen. Der Ausbruch vor dem unseren war ja schließlich unter Wasser vor El Hierro und der entstandene Schaden war irgendwo zwischen gar nichts und gering. Außerdem könne man von Ausbruch zu Ausbruch dazu lernen und habe auch nun wieder einiges erfahren um die Sicherheit der Bevölkerung zu verbessern. Gerade zwischen dem Ausbruch vor El Hierro und dem am Cabeza de Vaca wurden einige Vergleiche gezogen. Während es vor El Hierro Monate gedauert habe, vom Einsetzen der starken seismischen Aktivität, bis zur eigentlichen Eruption, waren es auf La Palma nur wenige Tage. Innerhalb von sechs Tagen seien die Epizentren immer weiter an die Oberfläche gekommen, bis man im Prinzip sagen konnte, dass ein Ausbruch unmittelbar bevorstehen würde. Und das „unmittelbar“, ist nun der springende Punkt. Schon in der Vergangenheit hieß es, dass man am 19. September gewusst habe, dass die Eruption passieren wird. Aber die Vulkanampel, wurde bei der Pressekonferenz, die nur wenige Stunden zuvor stattfand, auf gelb gelassen. Jetzt kann man da natürlich fragen warum die das so gemacht haben? Klar werden da nun Vorwürfe laut, weil ja, hätte die Evakuierung früher stattgefunden, etliche Leute erheblich mehr hätten retten können als ihr nacktes Leben. Wichtig dabei ist, dass, und das hat Frau Blanko betont, von Seiten von PEVOLCA, wo Vertreter der Wissenschaft, aber auch Katastrophenschutz und Politik saßen, im Konsens nach außen kommuniziert wurde. Was bedeutet, dass immer untereinander besprochen wurde, was dann bei der Pressekonferenz gesagt wird. Hintergrund ist, so Frau Blanco, dass man sich beim Ausbruch von El Hierro nicht mit Ruhm bekleckert habe. Gerade die beiden wissenschaftlichen Institutionen INVOLCAN und IGN haben sich da manchmal in der Presse in den Haaren gehabt. Das sollte diesmal unbedingt vermieden werden.
Also stellt sich nun die Frage, warum hat man im Konsens beschlossen, dass die Vulkanampel auf gelb bleibt, obwohl die wissenschaftlichen Institutionen der Ansicht waren, dass es „gleich Rumsen“ wird? Und da wäre eine Antwort schon ganz gut. Wenn man nämlich versucht da eine dunkle Verschwörung, oder politische und wissenschaftliche Unfähigkeit, die in solchen Situationen all zu gern aufkommen, mal bei Seite zu lassen und versucht die Sache von außen zu betrachten, dann kann es für diese Vorgehensweise auch entsprechende Erklärungen geben, die dann rückblickend vielleicht sogar genau richtig waren. Man hat ja in den Tagen zuvor mehrere Infoveranstaltungen abgehalten, in denen die Personen, die in den gefährdeten Gebieten wohnten, auf einen möglichen Ausbruch vorbereitet wurden. Also Tasche mit den wichtigsten Sachen packen und sich auf eine zügige Evakuierung vorbereiten. Die Sammelpunkte wurden benannt und selbst die Urlauber in den Ferienunterkünften hatten mehrmals Besuch von der Polizei, die sie auf einen möglichen Ausbruch und den Ablauf hingewiesen hatten. Bereits am Vormittag, des 19. Septembers waren in der Gegend von Las Manchas plötzlich richtig viele Mitglieder der Guardia Civil an den Kreuzungen postiert und, dass ist wichtig, es wurden bereits Menschen mit Behinderung und Bettlägerige mit Fahrzeugen der Ambulanz evakuiert. Das alles sind also Anzeichen, dass man spätestens am 19. wusste, welch Ungemach unmittelbar bevorstand.
Jetzt kommt also meine eigene, wohlwollende Theorie ins Spiel: Man wusste am Morgen des Ausbruchs, dass eben dieser unmittelbar bevorstehen würde. Da der entsprechende „Eskalationsmodus“ innerhalb weniger Tage erreicht wurde, also gar nicht so, wie vor El Hierro, hat man ganz einfach entsprechend Prioritäten gesetzt. Und diese waren in dem Fall die Rettung von Menschenleben. Hätte man nämlich gesagt, dass es gleich losgehen würde, dann wären vielleicht unzählige Kleinlaster in das Gebiet gefahren um möglichst viel Eigentum zu retten. Selbst bei einer Absperrung der Straßen hätte es unter Umständen über Schleichwege und ähnliches, einen unkontrollierten Zugang gegeben und wenn es ganz doof gelaufen wäre, vielleicht sogar mit einem entsprechenden Verkehrschaos. So hat es aber, im Moment der Eruption, für alle nur noch eine Richtung gegeben, und die ging vom Vulkan weg. Diese Strategie hat ja auch funktioniert, wir kamen da ohne Verletzte und Tote aus der Nummer raus. Und man möchte gar nicht dran denken, was los gewesen wäre, wenn die Leute nicht raus gekonnt hätten, weil der Nachbar noch einen Kühlschrank auf die Camióneta lädt und die Ausfahrt blockiert.
Natürlich kann man zu dem Schluss kommen, dass man die Situation hätte besser lösen können. Das ist im Nachgang natürlich immer entsprechend einfacher. Und auch bei einer späteren Betrachtung des Ablaufes muss man sehen, dass zum einen die genaue Eruptionsstelle nicht wirklich feststand, und auch dass zum anderen die Menge der Lava, die von wissenschaftlicher Seite erwartet wurde, auf 11 Millionen Kubikmeter kalkuliert wurde, also auf ein Viertel der Menge, die der Teneguia ausgespuckt hat. Am Ende waren es dann eben entsprechend mehr und wir alle waren überrascht über die fast 20-fache Menge dessen, was zuvor berechnet wurde. Was jetzt an Vorwürfen im Raum steht, dass könnte man aber natürlich auch wegkommunizieren. Nötig wäre dafür aber, dass Frau Blanco, die ja Sprecherin von PEVOLKA war, erklärt, warum man am Tag des Ausbruchs, im Konsens von Wissenschaft, Katasrophenschutz und Politik, zu dem Entschluss kam, die Vulkanampel auf gelb zu belassen. Man kann die Grundlage der Entscheidung dann im Nachgang durchaus diskutieren und auch kritisieren. Genauso wie das bei Olaf Scholz und den schweren Waffen der Fall ist.