Der Blick geht nach Osten

Im Osten rumpelt es derzeit unter der Erde. Nicht auf der Ostseite der Insel, sondern auf Teneriffa. Da gibt es gerade unter dem Teide Schwarmbeben. Zwar hat die Wissenschaft direkt reagiert und versichert, dass kein direkter Ausbruch auf der großen Insel zu erwarten sei, aber gebrannte Kinder sind da gerade etwas vulnerabel und deshalb schaut man nun schon etwas gebannter in Richtung große Schwester. Um gleich mal etwas Dampf raus zu nehmen, das IGN hat erklärt, dass es in den letzten Jahren mehrfach zu solchen Ereignissen gekommen sei und das auf Vulkaninseln entsprechend normal sein würde, aber gut. Die Argumentation, die da gestern angebracht wurde lautete, dass die freigesetzte Energie von 450 kleinen Beben noch nicht mal einem Beben der Stärke von 2,0 mbLg gleichkommen würde (schließlich verläuft das System ja nicht linear und man kann die kleinen Erschütterungen nicht einfach addieren), aber die Sache mit der Beruhigung klappt nicht so einfach, vor allem, wenn die Beben die gestern und heute aufgetreten sind, zwar in der Anzahl geringer, aber dann eben doch ein wenig stärker sind. Und da wird dann die Erschütterung von 2,0 mbLg, die davor nicht mal als Summe aufgetaucht ist, plötzlich als Einzelbeben auf der Karte des IGN sichtbar. Jetzt darf man sich von sowas natürlich nicht verrückt machen lassen. Erdbeben sind auf vulkanischem Gelände ganz normal. Auf Teneriffa sind es im Schnitt 1.000 pro Jahr, wobei der Schnitt eben nur ein Schnitt ist und es in verschiedenen Jahren Spitzen gab, die eben ein Vielfaches betragen haben, so erklärt das Itahiza Domínguez, Seismologin am Nationalen Geographischen Institut (IGN). Zwar würden auf Teneriffa wissenschaftliche Daten zu Vulkanausbrüchen fehlen, aus den historischen Aufzeichnungen gehe aber hervor, dass die Eruptionen der Vergangenheit stehts mit Beben verbunden waren, die deutlich von der Bevölkerung gespürt wurden. Auch wenn man die Vergleiche zu El Hierro, oder jetzt La Palma ziehen würde, seien klare Unterschiede zu erkennen. Dort gab es bereits Jahre zuvor klare Anzeichen durch aufsteigende Schwarmbeben. Auch seien auf Teneriffa keinerlei anderen Indikatoren, die auf eine Eruption hindeuten würden, zu erkennen, so gebe es keinerlei Bodendeformation die auf aufsteigendes Magma hindeuten würde. Derzeit gebe es keinen Grund zur Beunruhigung, aber man beobachte das geschehen weiterhin. Letztlich seien solche seismischen Ereignisse etwas mit dem wir auf den Kanaren einfach leben müssten. Ebenso müsse man klar haben, dass es irgendwann auch auf Teneriffa zu einem Vulkanausbruch kommen könnte, wichtig sei, dass man darauf vorbereitet sei. Am wahrscheinlichsten sei, dass es gerade um einen Entgasungsprozess unter der Westflanke des Teide kommen würde.

Der Vulkan auf La Palma macht gerade nicht viel, bewegt aber dennoch bei dem ein oder anderen die Gemüter. Wir kommen bei der Namensgebung gerade etwas weiter, und wie versprochen, darf sich die Population nun an dieser per Onlinewahl beteiligen. In der ersten Tagen des Ausbruchs ging es ja schon los, die Idee, dem Burschen einen Namen zu geben, der zur Insel passt, kam ja direkt auf, und nein, dass mit der Cumbre Vieja als Namen klappt nicht, weil die Cumbre eben das ganze Gebilde von Funcaliente bis zum Birigoyo darstellt. Schnell kam dann der Name Tagojaite oder Tajogaite ins Spiel, vor allem forciert von den nationalistisch denkenden schon immer Palmeros, weil so ein Guanchenname natürlich Identitätsstiftend ist. Einige sind dann ganz schnell vorgeprescht und man konnte sich auch nicht wirklich des Eindrucks erwehren, dass es bei der Namensfindung auch darum geht, dass der Tajogaite der gleich aufkam, zur Stärkung des eigenen Egos dienen soll. In der Öffentlichkeit treten nämlich vor allem die lautstark auf, die diesen Namen ganz zu Anfang in den Ring geschmissen haben. Da drängt sich bei manchem, dem der Name gar nicht so wichtig ist, schließlich haben wir durch den Vulkan gerade ganz andere Sorgen, der Verdacht auf, dass es den Verfechtern auch darum geht, als „Taufpate“ in die Geschichte einzugehen. „Tajogaite“ bezeichnet wohl das Gebiet, in dem der Vulkan entstanden ist. Die Bedeutung des Begriffs bleibt aber unklar. Tagoja wird, laut der Universität von Gran Canaria am ehesten mit einem Farngewächs in Verbindung gebracht, dass in diesem Gebiet vorkam und dass zur Herstellung von Gofio diente. Gaite wiederum wird, zumindest auf Teneriffa mit dem Wort Kuchen in Verbindung gebracht. Somit ergibt sich eine Art Gofiokuchen daraus. In der Vergangenheit gab es für dieses Gebiet eben diese Bezeichnung. Auch existiert eine Käserei mit diesem Namen. Im Alltag heutigen nannte man das Gebiet aber dann aber eher „Cabeza de Vaca“, was ja auch unter den Namensvorschlägen ist. Mir ist das kulturelle Identitätsgetue jedenfalls etwas fremd. Natürlich haben „Guanchengebräuche“ sich hier gehalten, und wenn es nur der Verzehr von Gofio ist. Auch schlummert Guanschenblut in den Venen des ein oder anderen. Wesentlich mehr Blut hat die Bevölkerung aber von den spanischen Eroberern in sich, die den Ureinwohnern gar nicht wohlgesonnen waren, sondern die Kultur mir Kreuz und Schwert ausradiert hatten. Sich nun, anstatt sich mit diesem geschichtlichen Aspekt, an dem eben auch die eigenen Vorfahren einen gewaltigen Anteil haben, zu beschäftigen, erklärt man sich als nativer Guanche und schafft eigene Identität. Sowas könnte man kritisch betrachtet auch als Geschichtsklitterung bezeichnen, aber das ist ja unter Nationalisten recht weit verbreitet. Vielleicht ist am Ende die Namensgebung völlig egal. Im Alltag ist man ja eher pragmatisch. So hat man sich hier in El Paso geweigert, den neuen Namen des San Martin Supermarktes an zu erkennen. HiperCentro hieß der offiziell. Alle, aber wirklich alle, sind weiterhin zum San Martin gegangen um ihre Einkäufe zu erledigen. Erst als dann der Dino den Laden gekauft hat, haben wir uns flexibel gezeigt, weil Hiperdino in unserem Alltag, durch die anderen Filialen auf der Insel, schon existent war. So kann es gut sein, dass der offizielle Name des neuen Berges sich von dem Alltagsnamen unterscheiden wird. Ein Beispiel hierfür ist auch der Volcán Tacande, der zwar hochoffiziell so heißt, im Alltag aber häufiger „Montaña Quemada“ genannt wird.