Mit der Fauna geht es steil bergauf, zumindest bei uns im Garten. Die Indikatoren dafür heißen June und Zlatan. Die beiden Pelzträger machen nämlich gerade Beute im großen Stil. Lange ging da nicht viel, aber nun werden wir mit kleinen und großen Geschenken nahezu überhäuft. Die frisch montierte Katzenklappe vereinfacht das heimbringen der Jagdtrophäen erheblich, die Beute muss nicht mehr mühsam aufs Dach geschleppt, sondern kann nun ebenerdig geliefert werden. 2-3 Eidechsen pro Tag sind Standard, nachts ist das dann aber ergiebiger. Der Gecko wird meist am Leben gelassen und man merkt das schon, weil June laut maunzend nach Hause kommt. Nun gilt es schnell zu sein um den Wandkletterer zu erwischen und sicher nach draußen zu bekommen, weil Zlatan das natürlich auch mitbekommen hat. Schwieriger wird es die Mäuse zu erwischen, die sind schnell und wir müssen dann da familiär zusammenarbeiten um Fluchtwege ab zu schneiden. Die mitgebrachten Vögel, sind aber meist schon hinüber, dafür sieht das dann richtig nach Massaker aus, weil alles voller Federn ist. Man bekommt aber auch seltene Tiere zu Gesicht, wie z.B. Totenkopffalter. Und was den palmerischen Jäger freuen wird, die Kaninchen sind zurück. Da war aber nicht mal der Vulkan wirklich schuld, sondern die Kaninchenpest. In regelmäßigen Abständen rafft dieser Virus fast die gesamte Population dahin. Letzte Woche kamen wir nach Hause und Zlatan, der grad mal 1,5 Kilo wiegt saß vor einem frisch erlegten Jungtier (noch warm), das mindestens die Hälfte seines Körpergewichts hatte. Ich habe das dann gleich zum Müllcontainer gebracht, womit der Kater nicht wirklich einverstanden schien. Das war aber nicht das einzige Karnickel. Gestern Morgen lauerten die zwei Katzen, vor dem Waschbeckenschränkchen. Beim Blick darunter wurde klar, was da los ist. Babykaninchen, und im ersten Moment keine Idee, wie man da nun rankommen könnte, weil das Becken ja mit der Wand verschraubt ist. Also Katzen raussperren, Tür zugemacht und aus dem Garten etwas Grünzeug als Lockmittel besorgt, in der Hoffnung, dass der kleine Mann Hunger haben könnte. Nach 30 Minuten hockte der Mümmelmann aber immer noch unter dem Schränkchen und das Grünfutter war unberührt. Also die rabiate Variante gewählt. Das Vieh muss aus der Ecke raus und so kamen die Star Wars-Laserschwerter der Kinder zum Einsatz. Die leuchten nämlich noch, und da es unter dem Waschbeckenschrank komplett dunkel ist, bringt das einen zusätzlichen Vorteil. Kaninchen lokalisieren und dann mit zwei Laserschwerten (rot und blau), vorsichtig nach vorn schieben. Sohnemann, mit den dürren Armen bekam die Aufgabe das Tier zu packen und keine Hemmungen zu zeigen, dabei auch zur Not rabiat zu sein. Die Situation war schließlich ernst. Nach unendlichen Versuchen, das Tier hat sich immer wieder in eine andere Ecke verzogen, bekam Sohnemann dann ein Kaninchenbein zu fassen und wir konnten das unverletzte Tier nach draußen bringen. Die Zugänge zu Schränkchen haben wir nun mit Pappe und Klebeband verschlossen.
Die Sache mit dem Tourismus läuft nicht wirklich gut. Die Flieger aus Deutschland sind regelmäßig nur halbvoll und gabeln deshalb. Wahlweise mal nach Lanzarote, Fuerteventura oder Gran Canaria. Wenn es ganz doof läuft, dann werden sogar die Passagiere in Deutschland über Düsseldorf umgeleitet und können nicht mal ihren gebuchten Direktflug antreten. EasyJet hat als erstes reagiert und die Flüge von Berlin im Sommer komplett eingestellt. Für das Winterhalbjahr steht dann nur noch ein Flieger pro Woche auf dem Plan. Letztes Jahr waren es noch deren zwei. Dass die Fluggesellschaften die La Palma – Flüge reduzieren ist ja auch logisch. Wenn der Vogel nicht voll wird, dann ist das eben die Konsequenz. Dass nun gerade im Sommer einfach weniger Gäste kommen als wir das gewohnt sind ist aber auch logisch. Schließlich kommen da auch ganz gern die Familien mit Kindern im schulpflichtigen Alter. Und die wollen einen Strand haben. Hier auf der Westseite gibt es gerade aber nur Puerto de Tazacorte und da ist voll. Wir haben also ein Infrastrukturproblem. Die Kritik derer, die hier auf der Westseite an der touristischen Nadel hängen, geht aber gar nicht an die Gäste, die gerade verständlicherweise nicht kommen mögen, sondern an die Verantwortlichen im Cabildo Insular, die gerade keine Anzeichen machen sich um eben diese Art von Gästen zu kümmern. Der mitteleuropäische Urlauber ist ja schließlich ein Wiederholungstäter. Der „normale“ La Palma Besucher kommt jedes Jahr, hat seine festen Gewohnheiten und hat auch eine Beziehung zur Insel und zu den Menschen hier. Und wenn man ganz ehrlich ist, kann man sich da gar keine besseren Gäste vorstellen. Wichtig zu erkennen wäre nun aber, dass die momentane postvulkanische auch für ganz viele Urlauber und Teilzeitpalmeros nicht einfach ist. Nicht nur, weil man seinen alten Gewohnheiten nicht nachgehen kann, für viele ist es tatsächlich schmerzlich, das zu sehen, was hier passiert ist. Schaut man sich an, wie die entsetzten Reaktionen während des Ausbruchs und auch danach waren, die uns hier auf der Insel erreicht haben, dann sollten wir uns hier glücklich schätzen und geehrt fühlen, dass so viele Menschen Anteil an unserer Katastrophe genommen haben und dies immer noch tun. Ich weiß ganz genau, dass allein unsere Stammgäste mehrere tausend Euro gespendet haben, und dass sind nur die, von denen ich es sicher weiß. Das Geld kam nicht, weil irgendwelche Menschen in Not waren, sondern weil das auf La Palma geschehen ist und die Gäste einen Bezug haben. Dass gerade viele abgeschreckt sind zu uns auf die Insel zu kommen ist auch nachzuvollziehen. Da setzt man nun vielleicht einfach mal ein Jahr aus. Da kommt nun aber dazu, dass wir ja nun schon vom zweiten Jahr reden, weil der letzte Herbst komplett in den Krater gefallen ist, und wir uns im Januar und Februar auch komplett um uns selbst gedreht haben. Die Folge sind Ausweichziele, und da wir letzten Jahr Ende Dezember 4 Tage auf La Gomera waren, haben wir da doch tatsächlich mehrere Stammgäste entdeckt, die es da drüben auch ganz nett fanden. Auch Madeira steht gerade bei vielen hoch im Kurs, andere gehen nach Griechenland zum Wandern. Wenn man ehrlich ist, dann sind wir ja nicht der Nabel der Welt und es gibt viele schöne Ecken die es urlaubstechnisch mit uns aufnehmen können. Auch wenn ich persönlich der Ansicht bin, dass Gomera da nicht drunter fällt, weil viel zu touristisch von der Infrastruktur und komplett überlaufen. Aber ich lebe ja auch nicht umsonst da wo ich lebe. Nach der wirklich ernst gemeinten Lobhudelei an den gemeinen La Palma Urlauber jetzt zurück zum Problem: Von den Verantwortlichen sieht sich niemand in der Pflicht, genau diese Gäste anzusprechen und zu vermitteln, dass man diese zum einen wertschätzt und dass La Palma, trotz der hässlichen schwarzen Narbe, immer noch La Palma ist. Man versucht vielmehr neue Wege zu gehen und neue Klientel zu bekommen. Das erste war der „Bono Bonito“ den man installiert hat. Hier hat man den potentiellen Gästen der anderen Inseln einen Gutschein in die Hand gedrückt, den man für Unterkünfte, aber auch für einige Restaurants benutzen konnte und der den Aufenthalt entsprechend verbilligt hat. Große Gewinner dieser Geschichte sind die Hotels auf der Ostseite der Insel. Diese Gäste kommen nämlich nur kurz zu uns rüber und bleiben dann ein verlängertes Wochenende. Auf die Westseite kommen die dann auch. Hier wird der Reisebus bestiegen und man fährt zum Tajuya Kirchlein, um Vulkan zu schauen. Wenn man mit den Gastronomen redet, dann beschweren die sich ebenfalls. Man kommt um etwas zu trinken und bestellt und, weil Speiserestaurant, zu viert das kleinste Gericht auf der Karte, weil man ja noch 1,5 Stunden absitzen muss, bis die geführte Tour weiter geht. Die Restaurants in Tazacorte sind wiederum von feiernden Festländern und Nachbarinslern überlaufen, die laut sind. Mitteleuropäische Urlauber sind frustriert, weil es so laut ist und die Kellner so schlechte Laune haben, weil die nur gescheucht werden und schon wissen, dass da zumindest kein Trinkgeld hängen bleibt. Wenn man mit den einheimischen Wanderführern spricht, die gerade die Touren zum neuen Vulkan machen, dann kommt eine ähnliche Rückmeldung. Im Moment hat man mit den Touren richtig zu tun und verdient auch gut Geld. Die Leute kommen wegen dem Vulkan. Allerdings meint auch mein Freund Enrique, dass das maximal noch bis nächsten Sommer so gehen wird, dann ist der Feuerberg aus dem Sinn. Auch kommt da die Rückmeldung, dass sich die Gäste nicht für La Palma, oder die Menschen interessieren, man möchte nur den Krater sehen und tackert dann sein Instagram damit voll.
Von den beinahe größenwahnsinnigen Plänen, die Insel als Ziel für internationale Anlaufstelle für Geschäftsmeetings zu etablieren, abgesehen, kümmert man sich gerade nur um den nationalen Tourismus. Nun hat unser oberster Reiseleiter Raul Camacho, 40 Vertreter nationaler Reisebüros eingeladen um denen hier einen Urlaub zu gönnen, in der Hoffnung, dass diese La Palma als Reisedestination weiterempfehlen. Eine Agencia de Viaje verkauft aber gerne Pakete, also Pauschalangebote. Zwar stimmt es auch, dass TUI und andere Anbieter auch Ferienanlagen im Programm haben, im Wesentlichen werden da aber Hotelurlaube verkauft. Sowas schafft zwar den ein oder anderen unterbezahlten Arbeitsplatz, die Gewinne der Hotelketten fließen aber von der Insel ab. Und für normalen Pauschaltourismus, eignet sich die Insel ja auch gar nicht. Die Hotels haben sogar immer im Sommer zu gemacht, um Kosten zu sparen. Los Cancajos, als Tourismusort konzipiert, ging auch komplett in die Hose, und die Reihenhäuschen, ursprünglich für Urlauber konzipiert, werden nun von Palmeros bewohnt, die in Santa Cruz arbeiten. Der Tourismusverband spielt dieses Spiel aber mit, schließlich sind da ja vor allem die Lobbyisten der Hotels vertreten. Das sollen die aber gerne nochmal versuchen, dass wird nicht klappen, mit der Pauschal-Insel. Und eben weil das nicht klappt, hat La Palma ein komplett anderes Publikum. Genau deshalb kommen die Leute doch. La Palma ist eben nicht nur schöne Natur, sondern auf eine ganz bestimmte Art normal und ursprünglich. Und damit sind nun nicht die Trachtengruppen gemeint. Der Unterschied ist, dass diese Gruppen auf La Palma für die Einheimischen tanzen und nicht aus Marketinggründen. Das wäre im Prinzip eine touristische Identität und ein Verkaufsargument, dass wir ganz weit hochhalten sollten. Deswegen kommen doch die Stammgäste und das nicht nur aus Mitteleuropa, sondern auch vom Festland, und deswegen ist La Palma und auch seine Bevölkerung für diese Gäste wichtig. Anstatt, dass man sich nun rühmt den irischen Billigheimer mit einer Verbindung nach Bergamo zu haben, sollte man sich vielleicht eher um den verlorenen Berlinflieger kümmern und den bisherigen Gästen vermitteln, dass man sie wertschätzt und La Palma immer noch La Palma ist. Auch wenn man gerade nicht nach Puerto Naos kann.