Der Gasstreit geht in die nächste Runde

Wie zu erwarten war, kommt nun die Reaktion von Involcan zu den Vorwürfen die gestern von Aldo Gonzales Brito, bei „canariasahora“ erhoben wurden, bei eltime.es. Ohne namentlich den Mediziner von der Universität La Laguna und seinen Beitrag zu benennen, gehen die Wissenschaftler auf einige Dinge ein. So streiten Sie zum Beispiel ab, dass es in den vergangenen 25 Jahren zu diffusen CO2-Austritten in dieser Qualität im Gebiet von Puerto Naos gekommen sei. Schließlich würden diese Messungen von ihnen ja dort seit 25 Jahren durchgeführt werden. Vor allem sei es wichtig zu wissen, dass hier nicht die Politik alleine die Entscheidungen treffen würde, sondern es eine gemeinsame Arbeit der endgültigen Entscheidungsträger und der Wissenschaft sei. Deutlich wird man dann, wenn es um die erhobenen Daten geht. So liegen die Messwerte der CO2-Konzentration im Außenbereich bei unter 5000 ppm, was einem prozentualen Wert von 0,5 entspricht. Normalerweise hat die Luft im freien ist ein Wert von 400 ppm oder eben 0,04%. In Innenräumen wurden aber Werte von über 250.000 ppm gemessen, zugegebenermaßen aber in Bodennähe. Gleichzeitig lag der Sauerstoffgehalt bei einer Messung nur noch zwischen 13 und 14%. Normalerweise wären dies 20%.  Was mir bei der Sache nun etwas rätselhaft bleibt, ist die Forderung von Herrn Brito, nach einer Analyse von Medizinern, die über die Gefahr dieser Werte zu entscheiden hat. Man kann sich ja einfach mal durch das Internet suchen, welche Werte als gefährlich eingestuft werden. Diese sind internationaler Standard und basieren eben auf wissenschaftlichen Grundlagen. So gibt es z.B. die Empfehlung des Umweltbundesamtes, dass der Anteil von Raumluft nicht über 1.000 ppm liegen sollte. Es wird klar empfohlen, dass regelmäßig aktiv gelüftet werden soll, um diese Werte erreichen. Natürlich geht von Werten über 1.000 ppm keine unmittelbare Gefahr aus, allerdings können auch hier schon Konzentrationsschwierigkeiten und Müdigkeit auftreten. In Sachen Arbeitsschutz gibt es einen festgeschriebenen Grenzwert von 5.000 ppm, dem ein Arbeitnehmer, in Ausnahmefällen bis zu 8 Stunden am Tag ausgesetzt werden darf. Dies allerdings nicht am Stück. Wirklich spannend sind aber die richtig hohen Werte, also die, die teilweise in den Innenräumen von Puerto Naos gemessen wurde. Ab 100.000 ppm können, auch bei kurzzeitigem Aufenthalt, Zittern und Bewusstlosigkeit einsetzten. Werte ab 250.000 ppm gelten als tödlich, auch weil sich dadurch die CO2-Konzentation im Blut, so massiv erhöht, dass es direkt toxisch wirkt. Manche Quellen setzten die Werte deutlich tiefer an. Wenn man also die Messwerte zur Hand nimmt, und das ins Verhältnis zum bisherigen vorsichtigen verhalten seitens der Verantwortlichen setzt, ist die Entscheidung, dass derzeit niemand dort hindarf, irgendwie logisch. Man male sich mal aus, was los wäre, wenn da einer umfällt und liegen bleibt.

Spannend ist aber auch, was Involcan zu den Ursachen sagt. Das böse Zeug schlummert wohl auch in der Kanalisation. Nach Ansicht der Forscher ist eine Flutung dieser aber nicht die Lösung des Problems, sondern würde das Dilemma noch verstärken. Wenn die Rohre mit Wasser gefüllt werden, erhöht sich der Druck im inneren, die Folge sei dann ein noch viel höherer CO2-Anteil in der Luft. Die Frage ist nun aber, wie die das Zeug rausbekommen wollen. Allerdings erklärt das vielleicht auch ein wenig, warum Seitens Involcan nicht gewollt ist, dass da die Anwohner und Geschäftsleute zum Saubermachen hingehen und kollektiv schauen ob die Klospülung noch funktioniert.

Auch auf die Kritik von Herrn Brito, über die Ungenauigkeit der Alkalifallen, gehen die Leute von Involcan ein. Diese seien zwar nicht so genau, wie die Messstationen, die überall in dem Gebiet aufgestellt sind, nützen aber zusätzlich um die Ausbreitung des CO2 genauer zu lokalisieren. In Japan würden diese Fallen seit den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zuverlässig eingesetzt, und seien für jedes Sicherheitsprotokoll unerlässlich. Und wenn man nun genau hinschaut, dann fällt einem noch etwas Spannendes auf. Wenn Herr Brito die Kompetenz der Vulkanologen anzweifelt, über die gesundheitlichen Risiken von CO2 zu urteilen, dann wirkt es aber komisch, wenn er, als fachfremder, gleichzeitig die Messmethoden der Fachleute auf dem Gebiet kritisiert. Die aktuellen Messwerte gibt es hier.

Auf die ganze Geschichte wurde gestern auch „Laly“ Villalba, Besitzerin von Lalys Bar und Präsidentin der Bürgerplattform der Anwohner und Geschäftsleute aus Puerto Naos, im Interview bei Radio La Palma 7.7 angesprochen. Zu dem Zeitpunkt kannte sie den Beitrag von Herrn Brito noch gar nicht. Allerdings bemängelte Sie erneut, dass es derzeit unmöglich sei, für die Bewohner und Geschäftsleute nach Puerto Naos zu kommen um nach der eigenen Wohnung oder dem Geschäft zu schauen. Viele Mitglieder der Vereinigung würden sich vergessen fühlen, was die Unterstützung angehen würde. Und natürlich ist die Situation nicht wirklich mit denen zu vergleichen, die Ihr Zuhause an die Lava verloren haben. Puerto Naos steht eben noch, gleichzeitig weiß niemand wie es weitergehen soll. Die Frage, wie man damit umgeht, und wann der Punkt erreicht ist, wo der Einzelne einen Schlussstrich zieht und den Ort abhakt, muss natürlich individuell beantwortet werden. Allerdings wird unter der Hand, so hört man immer wieder, schon gesagt, dass es für die Betroffenen vernünftiger sei, sich anderweitig zu orientieren. Die negativsten Einschätzungen gehen mittlerweile eher in Richtung von 10 Jahren. Nüchtern betrachtet würde das bedeuten, dass Puerto Naos ganz objektiv als verloren eingestuft werden müsste. Solange es aber keine ernsthafte Einschätzung der Entwicklung gibt, wird das erstmal nicht passieren. Das Problem dabei ist, dass die Wissenschaftler klar sagen, dass sie gar nicht in der Lage sind, solch eine Einschätzung zu geben.