Lüften hilft…

Zumindest ein wenig. Das Problem ist aber, dass das noch nicht ausreicht. INVOLCAN hat das nämlich, in Zusammenarbeit mit einigen Bewohnern aus La Bombilla gemacht und danach die Werte in den Häusern gemessen. Zwei Stunden alles offen stehen lassen und danach mal geschaut wieviel CO2 da dann noch zu finden ist. Das Resultat war, dass es bedeutend weniger war, was, wenn man die eigene Bude auf Durchzug stellt, eben auch nicht verwunderlich ist.  10 Wohnungen, bei denen eben zuvor die Werte arg im Argen lagen hat man getestet. Die Spitzenwerte waren, vor Fenster auf, bei 183.900 ppm. Nach zwei Stunden hat man die schlimmsten Werte auf 14.200 ppm runter bekommen. Die besten Werte lagen bei 1.050 ppm. Wichtig sei dabei, so INVOLCAN, dass in etlichen europäischen Staaten die von den Gesundheitsbehörden empfohlenen Werte für Wohnräume bei 1.000 – 1.200 ppm liegen, um eine Gesundheitsgefährdung auszuschließen. Da wären ja die 1.050 locker noch im Rahmen, allerdings steigen die Werte ja auch wieder, in dem Moment, in dem man das Fenster wieder schließt. Von den 14.200 muss man da gar nicht reden. Außerdem bleiben die Werte ja generell nicht konstant, das Gas wabert, wie es ihm gerade passt, ja einfach hin und her, damit können Wohnräume, die einmal eine geringe Belastung haben, bei einer anderen Messung plötzlich jenseits von Gut und Böse liegen. Allerdings gibt es Messtechnisch auch erfreuliches. Was die Konzentration von Schwefelwasserstoff anbelangt, haben 9 von 10 Behausungen den Test bestanden, nur eine Wohnung hat den Grenzwert minimal gerissen. Auch der Quecksilberwert wurde gemessen, weil, so erklären die Macher der Untersuchung, Vulkane fleißige Emissoren von Quecksilber in die Natur seien.

Wie das mit dem CO2 abläuft, und warum das gerade dort unten auftritt, das habe ich gestern in der ARTE-Mediathek erfahren. Die haben nämlich eine 50-minütige Reportage aufgelegt mit dem Titel „Der Vulkan von La Palma – Die Rückkehr des Lebens“. Ausgestrahlt wird das am 1.10. ist aber noch bis 17.12.22 in der Mediathek abrufbar. Hier wurden die Wissenschaftler vom ersten Tag des Ausbruchs an über mehrere Monate begleitet. Da aber eben nicht nur Vulkanologen, sondern auch Geologen, Biologen und vieles mehr. Die Sache mit dem Gas wird da an einer Stelle erklärt. Kurz zusammengefasst, haben sich eben Risse im Boden in Ost-Westrichtung aufgetan, was zu der zusätzlichen Ausbruchstelle im Dezember geführt hat, bei der Teile von Las Norias verschüttet wurden. Und obwohl da zwar kein flüssiges Material mehr austrittentweichen dort immer noch Gase, weil der Druck in der Magmakammer einfach höher ist, als an der Erdoberfläche. Wenn diese Risse dann noch die alten Lavaröhren, von vergangenen Ausbrüchen anknacksen, dann sucht sich das Gas einfach den leichtesten Weg, welcher dummerweise eben nach La Bombilla und Puerto Naos führt.

Generell ist die Reportage ganz spannend anzuschauen, weil man, als jemand, der den Ausbruch auf der Insel und die damit verbundene soziale Katastrophe miterlebt hat, ein wenig verstehen kann, wie solche Wissenschaftler ticken. Auf den ersten Blick mag man sich wundern, wenn die aufgrund des massiven Ausbruchsgeschehens in Begeisterung ausbrechen, aber die sind eben da um solch eine Geschichte zu erforschen und zu dokumentieren. Die Berufswahl hat man ja auch nicht umsonst so getroffen und damit ist solch eine Begeisterung natürlich auch verständlich und auch legitim. Wenn man die Kurve hinbekommt, dass die Leute ihren Job machen, für den Sie brennen und manchmal ein Leben lang darauf warten, vor Ort bei einem solchen Ereignis dabei zu sein, dann kann man vielleicht auch das häufig kritisierte, weil sehr sachliche Beschreiben, bei den Pressenkonferenzen dessen, was da gerade passiert, anders einordnen. Das sind Vulkanologen und keine Psychologen oder Sozialarbeiter, die einfach nur ihrer Berufung nachgehen. Auch die Biologen die in der Reportage begleitet werden, und anhand von sehr alten Lavafeldern erklären, wie das pflanzliche Leben da Stück für Stück zurückkommt und irgendwann, in tausenden von Jahren, einen fruchtbaren Boden hinterlassen wird, wirken für die Leute hier vielleicht etwas befremdlich. Die wollen ihre Avocados und Bananen eher zeitnah anpflanzen. Aber wir hier auf der Insel sind eben auch nicht die Zielgruppe dieser Arte-Reportage und deswegen bleibt die Geschichte eine gute und sehenswerte Sache. Allerdings weckt dieses Hintergrundrauschen und Fauchen, dass man da die ganze Zeit vom Feuerberg her hört, ganz böse Erinnerungen. Zumindest mir macht das, jetzt erst ein Jahr danach, einen der massivsten Stressfaktoren, denen wir ausgesetzt waren, klar. In Verbindung mit den Nachtaufnahmen, bei denen man die Lava leuchten sehen kann, geht das. Bei einem Interview mit einem Wissenschaftler, mitten am Tag, ohne Vulkan im Bild, ist dieses Fauchen aber eine sehr widerliche Geschichte.