Die Lichter gehen aus

Wir drehen morgen die Lampen aus. Zwischen 22 Uhr und 23 Uhr ist das auf der ganzen Insel der Fall. Die öffentlichen Gebäude werden nicht mehr angestrahlt und auch die Bevölkerung wird dazu aufgerufen, die Beleuchtung runter zu fahren. Das hat nichts mit Stromsparen zu tun, sondern mit Tradition. Seit vielen Jahren wird das schon gemacht. Hintergrund ist unser Sternenhimmel. Kaum einen Ort in Europa gibt es, an dem man so schick die Sterne schauen kann, wie hier bei uns und wir haben sogar eigene Gesetzte gegen die wahllose Ausleuchtung des nächtlichen Himmels. Schön düster soll es sein, damit wir unseren Standortvorteil in der Astronomie behalten können. In der Tradition wird nun also das Licht ausgeknipst und die Bevölkerung soll damit natürlich auch für das Thema Lichtverschmutzung sensibilisiert werden. Glücklicherweise läuft das hier nicht mit einer sozialen Kontrolle ab. Wenn also in der Stunde es trotzdem aus der eigenen Behausung rausleuchtet, dann juckt das hier nicht wirklich jemanden. Wer sich nun trotzdem unter Druck gesetzt fühlt, der kann ja einfach die Läden schließen, dann bekommt niemand mit, dass da immer noch Licht brennt.

Mittlerweile zieht hier auch die Politik Parallelen zwischen den Coronaleugnern und den Gasleugnern aus Puerto Naos und La Bombilla, was die Fronten weiter verhärtet. So hat der Inselpräsident Zapata die Guardia Civil aufgefordert, entsprechend gegen die vorzugehen, die sich wiederholt nicht an die dortigen Zugangsbeschränkungen halten würden. Er spricht offen von einer „Gefahr für die Gesellschaft“, wenn Teile nicht bereit sind, wissenschaftliche Erkenntnisse anzuerkennen. Was der Mann dabei außer Acht lässt, dass die mal vorsichtig ausgedrückt, „mäßige“ Kommunikation seiner Verwaltung dort eben auch für Unmut gesorgt hat. Dass die Leute die Schnauze voll haben ist durchaus nachvollziehbar. Die Rückschlüsse derer, die versuchen die Wissenschaft in Misskredit zu bringen, dann halt nicht. Dass Zapata, der der rechtskonservativen PP angehört, inhaltlich recht hat, mag stimmen, auch wenn ich Politikern der PP ungern bis selten recht geben mag. Ob die harte Schelte taktisch clever ist, steht auf einem anderen Blatt. Wie man argumentieren soll, nehme ich mir nicht raus zu wissen, da hätte man vielleicht früher dran sein müssen. Bei vielen rationale Argumente nicht mehr an und mittlerweile ist jede Art, die Wissenschaft, hier die Vulkanologen, in Misskredit zu bringen, willkommen. Neuerdings läuft durch die sozialen Netze, dass es sich bei INVOLCAN gar nicht um ein wissenschaftliches Institut handeln würde, sondern um ein Unternehmen. Formal gesehen stimmt das natürlich, dass INVOLCAN tatsächlich juristisch eine Aktiengesellschaft ist. Hier in Spanien handelt es sich um die Bezeichnung S.A.. Der Aktienwert von INVOLCAN beläuft sich auf nominell 60.200,- € und ist seit dessen Gründung im Jahre 2010 unverändert, weil die 620 Aktien, die da ausgegeben wurden, allesamt der ITER S.A. gehören. ITER S.A. wiederum ist ebenfalls rein formal eine Aktiengesellschaft gehört aber zu 100% der Inselverwaltung von Teneriffa und steht für Instituto Tecnológico y de Energías Renovables. Das INVOLCAN das vom dortigen Inselparlament gegründet und finanziert ist, gewissermaßen ITER als Tochtergesellschaft zugeschlagen wurde, hat einfach nur etwas mit der Organisationsstruktur zu tun, und unter Umständen auch damit, dass man sich verspricht, mittels Geothermik an saubere Energie zu kommen. Damit haben die beiden Institute eine gravierende gemeinsame Baustelle. Jedenfalls geht es bei denen nicht mehr um Geld, als bei anderen wissenschaftlichen Instituten. Für alle werden Forschungsgelder von der entsprechenden Verwaltung gebilligt. Spannend ist nun auch zu sehen, dass zu Beginn des Ausbruchs über die „Unfähigen“ des IGN gelästert wurde, die nicht in der Lage gewesen seien, die Bevölkerung entsprechend zu warnen Schließlich war ja Frau Blanco die Vorsitzende von PELVOLCA, der wissenschaftlichen vulkanischen Eingreiftruppe und eben gleichzeitig Chefin des Nationalen Geologischen Instituts (IGN). Auch beim Ausbruch vor El Hierro wurde das IGN massiv kritisiert und stehts behauptet, dass die Wissenschaftler von INVOLCAN die besseren seien. Nun ist INVOLCAN federführend bei den Gasmessungen in Puerto Naos und bei den wissenschaftlichen Empfehlungen, die da an die Politik abgegeben werden, und zieht nun seinerseits den Unmut auf sich. Und natürlich kann man auch wissenschaftliche Arbeit kritisieren. Das sollte dann aber auf inhaltlicher Ebene passieren und man wird auch das Gefühl nicht los, dass Deutschland zwar über 82 Millionen Bundestrainer und genauso viele Virologen verfügt, wir hier aber über rund 65.000 Vulkanologen.