Verlorenes Wissen

Meistens ist es ja so, dass Wissen gar nicht verlorengeht, sondern irgendjemand das schon noch auf der Gedächtnisspfanne hat und das dann irgendwann wieder ausgräbt und auf den Tisch legt. Die Reaktionen sind dann immer entsprechend und Ottonormalmensch zeigt sich erstaunt. Manchmal werden da dann Dinge ausgebuddelt, die einen wirklich erstaunen. So präsentiert nun die Stadtverwaltung von Santa Cruz eine Feierlichkeit, für den 3. Januar, die sich mit unserer Geschichte befasst und für einige dann doch neu erscheint. Historiker und Gutbelesene wissen das natürlich, aber in weiten Teilen der Bevölkerung war das vergessen, dass die da drüben auf der Ostseite in Sachen Demokratie eine spanienweite Vorreiterrolle eingenommen haben. Wobei man natürlich da wiederum langsam machen muss. In der vom Rathaus von Santa Cruz veröffentlichten Presseerklärung steht natürlich eine Ansicht der Dinge, die die eigene ist. Gut möglich, dass andere spanische Gemeinden da anderer Ansicht sind und behaupten, dass sie noch früher dran waren. Gefeiert werden soll, dass Santa Cruz de La Palma für sich in Anspruch nimmt, die erste Stadt Spaniens gewesen zu sein, die Ihre Stadtverwaltung demokratisch gewählt hat. Und dieses Ereignis jährt sich nun zum 250. Mal. Am 2. Januar 1773 haben die dort nämlich einen Gemeinderat gewählt und damit das System der Vererbung der Ratssitze abgeschafft. Maßgeblich wurde die Geschichte, so heißt es, durch den irischen Kaufmann Dionisio O’Daly und den Anwalt aus Garafía, Anselmo Pérez de Brito forciert und so wurde Santa Cruz de La Palma zu einer der fortschrittlichsten Städte Spaniens.

Deshalb hat die Gemeindeverwaltung nun eine Veranstaltung ins Leben gerufen, um diesem Ereignis Rechnung zu tragen. Der Bürgermeister von Santa Cruz, Juan José Neris Hernández, betont, dass dies „eine der ersten vordemokratischen Wahlen in Spanien und eine der deutlichsten Vorläufer der Verfassung von Cádiz von 1812 war. Wir standen an der Spitze der demokratischen Kultur in Spanien, und das verdient es, dass man sich daran erinnert und es wertschätzt.“

Am 3. Januar wird nun der offizielle Teil der Feier begangen, was sicherlich auch damit zusammenhängt, dass Neujahr eben auf einen Sonntag fällt und wir deshalb in Spanien unseren Feiertag am 2 Januar nachholen. Um 18 Uhr wird eine außerordentliche Sitzung des Gemeinderates einberufen auf der das Protokoll der Plenarsitzung von vor 250 Jahren verlesen werden wird, mit der sich das gewählte Stadtparlament damals konstituiert hat. Und natürlich sind auch überregional Vertreter bei der Gedenkveranstaltung zu gegen. So werden auch hochrangige Vertreter des Spanischen Gemeinde- und Provinzialverbands (vergleichbar mit dem deutschen Städtetag) und auch des Kanarischen Gemeindeverbands (Fecam) anwesend sein. Im Anschluß wird es dann auf der Plaza de España eine „dreidimensionale Projektion“ eines musikalischen Werks von Diego Arrocha auf den öffentlichen Brunnen, durch die Studenten Kunstschule Manolo Blahnik geben. Der Abend endet dann mit einem Auftritt des lokalen Komikers Petit Lorena.