Der Consejal für Tourismus rechnet. Er rechnet mit Besuchern, die während des Karnevals, zwischen dem 17. Und 26 Februar, hier auf La Palma aufschlagen. Die blanke Zahl der Gäste, die er erwartet lässt wahrlich aufhorchen. Von 73.000 Gästen ist da die Rede, und das klappt so, weil man eine Vollbesetzung der 41 zusätzlichen Flüge und der 27 Fährverbindungen kalkuliert. Ob die Rechnung so aufgeht kann ich nicht wirklich sagen, schließlich müsste man da einfach wissen, wieviel Leute auf die einzelnen Fähren, bzw. in die Flieger passen. Aber dennoch scheint der hirneigene Abakus da unter Umständen einen Hänger zu haben. Der Anteil derer, die die Insel im Laufe der Woche, teils für Verwandtenbesuche auf einer der anderen Inseln, verlassen ist sicherlich auch nicht zu gering. Die Schulen sind Montag bis Mittwoch geschlossen und man hört von den Lehrern, dass auch diese nicht mit einer allzu hohen Besuchsrate im Unterricht, für die beiden verbleibenden Tage rechnen. Wenn dann also Leute nach Teneriffa gehen und am Ende der kommenden Woche wieder zurückreisen, dann kann man die wohl kaum als Besucher, oder gar als Touristen bezeichnen. Wo sollten wir auch 73.000 zusätzliche Leute beherbergen, so viele Betten haben wir einfach nicht. Ein ganz gewaltiger Teil der Besucher, macht dabei auch wirklich einen Besuch. Die Studenten fahren nachhause zu den Erzeugern und bringen vielleicht auch noch ein bis zwei Freunde mit, dass auch die mal in den Genuss der Indianer kommen. Letztlich ist auch Los Indianos, am 20. Februar, die wirklich einzige karnevaleske Besonderheit die wir aufbieten können. Die hat es aber in sich, und taucht regelmäßig in irgendwelchen Listen der besonderen Karnevalveranstaltungen weltweit mit auf. An dem Tag ist die Insel, außerhalb von Santa Cruz, verweist und die Geschäfte schließen bereits, wenn Sie überhaupt öffnen, gegen 12 Uhr, weil die Angestellten sich in weiße Schale werfen müssen, und dem Chef freilich was husten würden, wenn Sie diesen Tag bei der Arbeit verbringen müssten. Morgens schon sieht man Heerscharen von weißbekleideten Menschen zu den Bushaltestellen pilgern um nach Santa Cruz zu gelangen. Der Versuch die Anreise mit dem eigenen KFZ zu bewältigen gilt als sinnlos. In die Stadt selber kommt man eh nicht rein und die Party beginnt schließlich bereits im Bus. Wer da also gerade touristisch auf La Palma weilt, und da mal vorbeischauen möchte, dem sei die Nutzung des öffentlichen Verkehrsmittels ausdrücklich ans Herz gelegt. Weiße Kleidung ist obligatorisch. Wer das nicht macht, bekommt um so mehr Babypuder aufs Haupt gestreut und ist dann sowieso weiß. Fotoapparate sollten gut in Plastik gehüllt sein, weil das feine elektronische Gerät nicht für eine Intensivbestäubung geschaffen ist. Der Hintergrund der Festivität ist die Verhohnepipelung der reich gewordenen Rückkehrer aus Amerika, die dereinst, nach außen gut sichtbar, weiß und gutsituiert bekleidet, in Santa Cruz von den Schiffen gestiegen sind und Ihren Wohlstand mit Panamahut, Zigarre und schwarzer Haushälterin, zur Schau stellten. Diese Ankunft mit der Tomasa Negra, traditionell von einem Mann dargestellt, wird auch im Hafen nochmals nachgestellt und bildet den Höhepunkt und gleichzeitig den Auftakt zur großen Sause. Manch einer wird sich nun eventuell über das Blackfacing empören wollen, aber das ficht hier nicht wirklich jemanden an. Niemand würde es wagen, sich über diese Figur zu beschweren. Was uns natürlich nicht gefällt, ist der Versuch auf anderen Insel, die Puderparty zu kopieren und somit an unserem Ruhm teilzuhaben. Kulturelle Aneignung an Karneval geht nun mal gar nicht und die palmerische Kultur lassen wir uns von irgendwelchen Leuten auf Gran Canaria nicht wegnehmen. Schließlich geht es da auch ein wenig ums Geld und wo kämen wir den hin, wenn andere Orte der Kanaren uns auch nur einen der 73.000 Besucher streitig machen würden. So sieht Raúl Camacho, der insulare Tourismusminister, den Karneval nämlich als einzigartige Chance für den Tourismussektor. „Diese Feste spiegeln unsere Kultur und unser Erbe wider und ziehen Touristen an, die mehr über unsere Geschichte und unsere Wurzeln erfahren wollen, und haben einen großen Einfluss auf die lokale Wirtschaft“, wird er zitiert.