Nach der Wahl ist vor der Wahl

Von einem Rechtsruck bei den Regionalwahlen in Spanien schreibt die internationale Presse. Und das durchgängig und fast überall. Wobei man einzelne Rathäuser da immer etwas rausnehmen muss. Da ist es üblich, dass man eher die Person, als die Partei wählt. Jedenfalls haben die Rechten, vor allem die Partido Popular, im ganzen Land ordentlich dazugewonnen. Auf europäischer Ebene laufen die unter Volkspartei, also konservativ. Aber in Spanien selber haben die nie Anstrengungen unternommen sich nach merkelschem Prinzip als „Partei der Mitte“ zu präsentieren. Die sind eher noch rechts von Friedrich Merz, was man auch daran merkt, dass die keinerlei Hemmungen haben, mit der rechtsextremen VOX zu koalieren. Einer Partei, die nicht nur offen ausländerfeindlich ist, sondern auch eheliche Gewalt wieder legalisieren möchte. VOX ist fast überall in die Regionalparlamente eingezogen und man muss die nun als politische Kraft auf dem Zettel haben. Das kommt aber auch nicht von ungefähr. Die Partei Ciudadanos, die irgendwo zwischen den beiden rechten Kräften stand, hat sich, wegen attestierter Unfähigkeit, selber zerlegt und ist aus allen Parlamenten geflogen, was eben für die beiden verbliebenen rechten Kräfte den entsprechenden Stimmengewinn brachte. Falls Sie sich wundern, warum der Text sich bislang überhaupt nicht auf die Kanaren oder La Palma bezieht, das liegt einfach daran, dass die gestrige Wahl für das ganze Land Konsequenzen hat. Unser Ministerpräsident Pedro Sánchez, von der arg gebeutelten PSOE hat nämlich am heutigen Vormittag kurzerhand Neuwahlen für das spanische Parlament ausgerufen. Wir hätten eh noch dieses Jahr gewählt, aber eben erst im Dezember. Nun ist der Urnengang aber auf den 23 Juli vorgezogen. Im ersten Moment fragt man sich natürlich, was das soll. Schließlich hat die politische Konkurrenz gerade Oberwasser und Rückenwind. Wenn man der große Verlierer ist, braucht man doch Zeit, um sich zu präsentieren. Aber der Sánchez ist ja nicht dumm. Die haben das sicher schon so in der Schublade gehabt. Und mein Nachbar Javier meinte gerade, dass man die Geschichte nicht durch die deutsche Brille begutachten darf, sondern die spanischen Gegebenheiten betrachten muss. Die Wunde, die die linke gerade zugefügt bekommen hat, ist frisch und schmerzt. Hier sind die politischen Lager aber starrer als in Deutschland, und die Rechten, so behautet Javier, gehen disziplinierter zur Wahl, während die Linken schon mal an den Strand gehen, wenn das Wetter passt. Da lässt der Brexit grüßen. Er sieht darin nun die Idee, dass die Rechten nun eher siegestrunken daheimbleiben, und die Linke versuchen wird, alles zu mobilisieren, damit nicht nochmal das gleiche passiert.  

Hier auf den Kanaren hat die Linke auch ordentlich Federn gelassen und die Prognosen gewaltig Lügen gestraft. Victor Angel Torres von der PSOE hat zwar die meisten Stimmen erhalten, aber das Blumenbündnis, das bislang hier regiert hat, aus PSOE und kleineren linken Kräften ist von der knappen Mehrheit, die vorausgesagt wurde, meilenweit entfernt. Zusammen kommen die gerademal auf 29 Sitze, hätten aber 36 gebracht um eine Mehrheit zu stellen. Auf der anderen Seite würde dann eine Koalition aus der Partido Popular und der Coalición Canarias stehen. Die haben aber auch nur 35 Sitze, was auch nicht reichen würde. Das wird also ziemlich spannend, wer da mit wem ins Bett geht.

Dagegen ist die Sache auf La Palma klar. Schon bei der letzten Wahl war die Coalicion Canarias stärkste Kraft wurde auf von der PP und der PSOE aus der Regierung koaliert. Nun haben sie aber mit dem Bürgermeister aus El Paso, Sergio Rodriguez, die absolute Mehrheit geholt und stellen 11 Abgeordnete. Die PSOE kommt auf 5, ebenso wie die PP. La Palma bildet, mit nur 3 Parteien im Inselparlament traditionell eine Ausnahme auf den Kanaren. Sergio, der durch Skandale (Notarztwagen im Einsatz umparken) und Ausraster (Schiedsrichter bedrohen), genauso wie durch seine stetige mediale Präsenz, schwer an Boris Palmer erinnert, ist also am Ziel. Und, eben abgesehen von einer mittelprächtigen Studentenstadt im Südwesten Deutschlands wo sowas auch klappt, zeigt das sehr deutlich, dass man sich hier den ein oder anderen Skandal leisten kann, die Geschichte aber einfach abperlt. Und man muss natürlich auch anerkennen, dass Sergio die Sache mit dem Vulkan recht gut gemacht hat. Nirgends lief die Hilfe so schnell an wie in El Paso und dann vergisst man eben auch ganz schnell, dass die ganzen Projekte, die hier im Dorf angekündigt wurden, wie Sprachschule, Hallenbad, Hotelschule oder das Interpretationszentrum auf der Plaza, nichts geworden sind. Woran das immer liegt, steht auf einem anderen Blatt, aber das Muster ist eben, dass man das Versprechen erstmal raushaut und der Wählerschaft scheint das zu genügen. Ebenso hat Sergio ja auch vehement die Wiedereröffnung der LP2 nach Las Manchas gefordert, obwohl Techniker und Wissenschaftler, bislang gesagt haben, dass es momentan keinen Wert hätte. Es ist ja nicht so, dass die anderen Parteien das nicht auch machen wollten, aber die haben eben gesagt, dass man das nun erstmal nochmals prüfen muss, ob man das Projekt angehen kann, während Sergio das einfach mal verspricht.

Hier nun mal etwas Überblick:

Kanaren: (70 Sitze)

PSOE: 27,2% (23 Sitze)

CC: 21,8% (19)

PP: 19,4% (15)

Nueva Canarias 8,1% (5)

VOX 7,9% (4)

ASG (nur auf Gomera) 0,7% (3)

AHÍ (nur auf El Hierro) 0,1% (1)

Dass Parteien mit so minimalem Stimmanteil ins Parlament einziehen können, liegt am Wahlsystem. Jede Insel hat, je nach Einwohnerzahl eine feste Anzahl, von Parlamentssitzen.

La Palma: (21 Sitze)

CC: 46,84% (11)

PSOE: 20,60% (5)

PP: 20,18% (5)

Wer das ganze nun noch genauer anschauen will, auch wie es in den entsprechenden Gemeinden ausgegangen ist, der findet hier einen Link. Da kann man sich mal durchklicken.