Flugzeuge und Sachen zu Ende denken

Langsam wird das schon zur Normalität. Jeden Monat verkündet man uns, dass viel weniger Menschen unseren Flughafen nutzen, als im Jahr zuvor. 124.368 Passagiere zählte der Flughafen im Juli, das sind 8,5% weniger als im Vorjahr. Allerdings reden wir hier von Passagieren und nicht von Ankömmlingen. Da muss man die Zahl noch durch Zwei teilen, um die Summe der Ankömmlinge zu bekommen. Und natürlich muss man die ganzen Einheimischen, die ihrerseits von Insel zu Insel fliegen, da auch noch rausnehmen. Wenn der Palmero im Sommer dieses Jahres genauso oft urlaubt, wie letztes Jahr, dann haut der Rückgang von 8,5% noch mehr ins Gebälk. Man kann nun zum hundertsten Mal die Gründe runterbeten, warum das so ist, aber das bringt einen nicht weiter. Die schlechten und teuren Verbindungen aus Mitteleuropa tragen da genauso dazu bei, wie die beinahe Unverschämten Preise der Iberia für die Sommermonate. Aber auch andersrum muss man die Sache betrachten. Wir sind gar nicht mehr so gefragt, wie wir uns einbilden, und ja, Puerto Naos fehlt, das ist aber noch nicht alles, sondern betrifft, wenn, dann nur die Stammgäste. Unsere Hotels sind leer, da brauchen wir das Sol gar nicht. Man muss sich also wirklich fragen, wie man auf die geniale Idee kommen kann, noch mehr Hotels zu bauen. Im Angebot ist ja grad genug, nur die Nachfrage fehlt. Deswegen dann das Angebot zu erhöhen, scheint mir da, auch als Kapitalismuskritiker, wirtschaftlicher Unsinn zu sein. Wir sind für diese Art des Tourismus nicht geschaffen, weder mit unserem Angebot an Infrastruktur, wie Strände und Sangriabars, noch mit unserer Mentalität. Das Problem sind dabei aber unsere Tourismusexperten, die schlicht eine andere Denke haben. Man blickt eben auf die nackten Zahlen am Flughafen und auf die Anzahl der Übernachtungen. Das ist gar nicht als Vorwurf gemeint, sondern hängt mit der Wahrnehmung von Tourismus zusammen. Hier geht man auch eher mal für zwei Tage ins Hotel, und süffelt irgendwelche Cocktails. Bei uns findet das nicht statt und die Schlussfolgerung lautet, dass hier wohl gar keine Touristen da zu sein scheinen. Nicht mal im Winter werden diese wahrgenommen. Die sitzen ja brav und zurückhaltend in irgendwelchen Ferienhäusern oder wandern selbstständig durch die palmerischen Wälder. Der gemeine Einheimische kann auch gar nicht unterscheiden, ob es sich bei den hellhäutigen die man im HiperDino trifft nun um Touristen oder um wohlhabende Rentner handelt, die ihren Ruhestand halbjährlich hier verbringen. Dabei lassen ja genau diese Touristen das Geld auf der Insel. Man ist Selbstversorger und kauft lokal ein. Wenn man Essen geht, dann machen das unsere Gäste auch so, dass Sie die lokale Wirtschaft stützen. Die Rechnung darf also gar nicht sein, wieviel Übernachtungen stattfinden, sondern wieviel Geld, pro Urlauber und Tag wirklich auf der Insel bleibt. Da kann manchmal weniger eben erheblich mehr sein. Am meisten nützt das ankommende Geld dann auch noch, wenn es nicht die Reichen bekommen, sondern es gut verteilt wird. Dann wird es nämlich gleich wieder ausgegeben. Der Taler muss wandern, damit die Volkwirtschaft was davon hat. Auf einem Bankkonto nützt er der Gemeinschaft nicht viel. Und trotzdem plant man dann auch der Insel immer wieder den großen Wurf, während auf anderen Inseln die Einheimischen unter der touristischen Last zusammen zu brechen drohen. Ein wenig mehr geht hier sicherlich auch noch, aber auf La Gomera erzählen mittlerweile nicht wenige, dass man sich verkauft hätte. Das Image der Aussteigerinsel gibt es vielleicht noch bei einigen alten Stammgästen, von den Gomeros gört man aber auch kritischere Stimmen. Die sind teilweise nicht davon begeistert, wenn halbnackte Osteuropäer grölend hinten auf dem offenen Jeep stehend, durch die Rabatten fahren. Das tolle hier auf La Palma ist, dass wir immer wieder große Pläne haben und dann die Geschichte nicht umgesetzt bekommen. Auf den ersten Blick scheint das vielleicht doof zu sein, macht die Insel aber lebenswert und auf eine eigene, unromantische Art, ursprünglich. Dass diese Unfähigkeit touristisch gesehen unser größtes Kapital ist, das müssen wir nur immer wieder in die eigenen Köpfe bekommen. Die palmerische Normalität ist unser Trumpf und hat uns in den vergangenen Jahrzehnten eine, im Verhältnis kleine, aber wertvolle Zahl an Gästen auf die Insel gebracht. Man muss auch gar nicht gegen den Fortschritt sein. Auch eine funktionierende Infrastruktur ist immens wichtig und auch die Touristen freuen sich über sowas. Straßenbau ist also gar nicht das Problem. Dennoch hatte ich gestern eine, wenn auch kurze, aber spannende Unterhaltung mit Omar Hernandez, unserem Consejal für Tourismus. Obwohl ich nicht verstehen kann, wie man sich zum Diener einer solch populistischen Partei machen kann, halte ich wirklich richtig viel von dem Mann. Zum einen ist der wirklich engagiert und macht sich Gedanken, zum anderen ist der aber auch ein sehr netter Mensch und gehört, trotz falscher Partei, zu den Guten. Ich habe gestern versucht aus Omar raus zu locken, wie dass Rathaus zur Umgehungsstraße von El Paso stehen würde. Er hat sich meine Argumentation angehört, mit aber auch gesagt, dass es einige geben würde, die das komplett anders sehen würden. Letztlich meinte er, dass das eine Sache des Inselplanes sei, das also gar nicht im Zuständigkeitsbereich des Rathauses von El Paso liegen würde. Der Hinweis, dass die alte sozialistische Bürgermeisterin sich vor 10 Jahren so auf die Hinterfüße gestellt hatte, dass das Thema dann vom Tisch war, ging freilich ins Leere, ich muss auch nicht zwecks dem Gewinnen diskutieren, deshalb sei das parteipolitisch geschenkt. Aber der Mann ist ja der Tourismuschef von El Paso und sollte deswegen auch ein Interesse daran haben, dass der Laden hier einigermaßen läuft. Wenn wir uns die touristische Infrastruktur hier auf der Insel anschauen, dann wurde da einiges zerstört. Stichwort Todoque und La Laguna. Dort waren im Tal die meisten Touristen untergebracht. Viele Stammgäste haben den Schlag nicht verpackt und kommen nicht mehr. Andere sind in den Norden, oder ins verbleibende Tal ausgewichen. Der normale La Palma Freund hat auch gar kein Problem damit, dass gerade an allen Ecken und Enden gebaut wird. Das Gegenteil ist sogar der Fall. Aufgrund der emotionalen Verbundenheit mit der Insel und deren Bewohner freuen sich viele aufrichtig, zu sehen, wie es hier nach dem Vulkan weitergeht. Dennoch tun sich viele schwer und auch die Touristen müssen sich an die neue Situation gewöhnen. Wer nun sagt, dass die sich hintenanstellen sollen, hat die Rechnung nicht ohne den Wirt, sondern ohne den Gast gemacht. Ohne zahlenden Gast kann der Wirt nämlich seinen Laden abschließen und schreibt dann gar keine Rechnungen mehr. Und deshalb sollte man sich, ganz unabhängig davon, ob man so eine Umgehung sinnvoll findet oder nicht, auch Gedanken darüber machen ob das sinnvoll wäre, im letzten Teil des Tales, wo es noch Touristen, weil heilgebliebene Unterkünfte gibt, eine mehrjährige Großbaustelle hochzuziehen. Wenn die Straße dann mal fertig sein sollte, dann kommen die Leute auch nicht zurück. Der Anteil des Geldes, dass durch den Tourismus auf die Insel gebracht wird, wird gemeinhin unterschätzt. Eben weil das Geld schnell wieder in Umlauf gebracht wird, profitieren da alle von. Vom Handwerker bis zum Barbier. Wenn also der Omar, den ich ja zu den Guten rechne, daran Interesse hat, dass es in El Paso weiterhin Tourismus gibt, weil wir hier eine funktionierende Infrastruktur haben, dann könnte er ja mal bei seinem Exchef, dem Sergio, anrufen, und dem sagen, dass die Geschichte, auch wenn Sie zu Entlastung der Bewohner des Dorfes sinnvoll ist, ich wohne selber an der Straße und es ist schon laut, am Ende vielleicht erheblich mehr Schaden anrichten könnte.