Angel Victor Torres Chef der Sozialisten, die eher wie Sozialdemokraten daher kommen, zieht um. Bis vor kurzem war er noch Präsident der Kanaren, und in den letzten Monaten nun Oppositionsführer im neuen Parlament. Nun geht der Mann nach Madrid, weil Pedro Sanchez ihn in sein Kabinett berufen hat. Nichts mehr mit Las Palmas de Gran Canaria, sondern jetzt das ganz große Rad. Minister für Territorialpolitik und Demokratisches Gedächtnis wird er, und wer nun denkt, dass das irgend so ein unwichtiger Job ist, der täuscht sich. Schließlich ist Spanien ja auch föderalistisch strukturiert und das noch mit erheblich größeren Unterschieden als es zwischen den Bundesländern in Deutschland gibt. Das Ministerium führt das alles Zusammen und kümmert sich auch Verwaltungstechnische Fragen im Generellen. Ein wenig Innenministerium, ohne den Aspekt der inneren Sicherheit, würde die Geschichte auch treffen. Das mit dem Demokratischen Erbe/Gedächtnis war in der vergangenen Legislaturperiode dem Ministerpräsidenten unterstellt. Nun hat Sanchez das an Torres ausgelagert. Das ist tatsächlich kein Pappenstiel, diese Aufgabe zu meistern, schließlich ist in Spanien die Demokratie ein paar Jahre jünger als im Rest von Westeuropa und man ist eben auch den Weg der Aussöhnung gegangen. Das hat nun zur Folge, dass man hier immer noch die Sache mit dem Francismus an der Backe hat, und nicht wenige Straßen oder Plätze trugen die Namen von Franco selbst oder irgendwelchen Schergen. Erst in den letzten Jahren hat die Regierung in Spanien massiv angefangen da entsprechende Namensänderungen vorzunehmen und die Umbettung des großen Spanischen Führers, weg von seinem Denkmal hin zu einem Friedhof für Normalsterbliche, treibt etliche Spanier, die sich an nach ruhmreichen nationalen Zeiten sehnen, ganz gewaltig um. Die aktuelle Situation, mit den Protesten in Spanien, die sich gegen das Amnestiegesetz für die abtrünnigen Katalanen richten, zeigt ebenfalls, wie sehr die Sache noch im Argen liegt. Die, die am lautesten brüllen, hatten nie ein Problem mit den amnestierten faschistischen Tätern der Francodiktatur, brüllen aber nun, dass die Demokratie, die sie am liebsten selber abschaffen würden, in Gefahr sei. Der größte Teil der Demonstranten ist nämlich gar nicht der Bürger der besorgten Art. Da wird gerne mal das ein oder andere faschistische Kampflied vor der Parteizentrale der PSOE geschmettert, und die Vertreter der konservativen Volkspartei PP, die aus der Partei Francos hervor ging, sind auch öffentlich eher über den schlechten Eindruck besorgt, den die vielen zum Gruß gereckten Arme erwecken, als dass man sich von denen distanziert. Die ganze Geschichte wurde in den letzten Tagen dadurch getoppt, dass über 50 pensionierte Armeeoffiziere ein Pamphlet veröffentlicht haben, in denen Sie die Armee dazu aufrufen, den demokratisch gewählten Ministerpräsidenten abzusetzen. Also der Aufruf zu Militärputsch. Auch hierbei gab es nicht wirklich einen öffentlichen Aufschrei, schon gar nicht von denen, die gerade lautstark behaupten, dass Sanchez die Demokratie abschaffen würde, weil er mit den Katalanen auf Entspannung setzt. Der Aufruf wurde auf der Seite der AME (Asociación de Militares Españoles) veröffentlicht. Von der AME gibt es mehrere. Das „A“ für Asociación und das „E“ für España ist gesetzt. Das „M“ steht dann im Wechsel für Meteorologen, Metalgrafica (Dosengersteller) und, am freundlichsten, Montessori. Da sich aber mit Holzspielzeug schlecht putschen lässt, sind hier sind die Militaristen gemeint und die erklären in ihrem Selbstverständnis, dass Vaterlandsliebe ganz wichtig sei, wenn man bei Ihnen mitmachen möchte, und man möge sich an die Verfassung halten und die bitteschön verteidigen. Dann so einen Aufruf zum Militärputsch zu veröffentlichen und das noch am Vorabend der bislang größten Demonstration, ist schon recht happig. Die Verfasser des Putschaufrufes sind teilweise auch nicht wirklich unbeschriebene Blätter. Einige fabulierten in den letzten Jahren schon öffentlich davon, dass es an der Zeit sei, einen großen Teil der Bevölkerung zu erschießen und man nun bitte endlich damit anfangen soll. Solchen Leuten passiert aber nicht wirklich was, weil über den Faschismus hier das Schweigemäntelchen gelegt wurde. Deswegen ist das hier in Spanien also eine ernstzunehmende und wichtige Aufgabe, sich um das demokratische Erbe zu kümmern, und der Herr Torres hat da gewaltig Arbeit vor sich.