Absolute Ruhe

Nichts geht heute. Alles ist wie ausgestorben, man muss irgendwie alkoholische Wunden lecken, dem Kater mit Deftigen zu Leibe rücken, oder einfach nur im Bett bleiben. Selbst die Bars, die eigentlich immer offen haben, sind zu, natürlich gibt es da Ausnahmen, so z.B. in Puerto de Tazacorte, oder aber auch die Bars, die vom alkoholbedürftigen Kunden als solchem leben, haben heute auf, der Rest der Wirte pflegt die eigene Restübelkeit und bleibt zuhause. Wir haben es heute familiär in den Maroparque nach Breña geschafft, aber auch da war nichts los. Die Papageien waren also noch nicht sattgefressen und deshalb konnten die Kinder die mit Erdnüssen auf die Schulter locken. Passieren tut gerade auch nichts, deshalb kann man sich dann mal die Neujahrsansprachen der lokalen Fürsten zu Gemüte führen. Clavijo, der Kanarenpräsi, hat das, trotz Parteizugehörigkeit zur Coalicion Canaria gar nicht so schlecht hinbekommen. Zwar hat er das alte Lied der nationalen Einheit, damit sind aber eben keine Spanier, sondern nur Canarios gemeint, gesungen. Wir sollen uns den Widrigkeiten, die die Welt und Wirtschaft gerade so bietet gemeinsam entgegenstellen, dann würden wir das schon irgendwie packen. Also die üblichen leeren Worte, die Politiker zum Jahreswechsel rausposaunen, aber er hatte auch noch eine zweite Botschaft. Bei der ging es um Migration. Hierbei betonte er die spezielle Rolle, die die Kanarischen Inseln haben, schließlich kommen hier nicht wenige Geflüchtete aus dem Senegal, aus Marokko und den angrenzenden Ländern an. Clavijo betonte, dass man seitens Madrid da ziemlich alleine gelassen würde, aber in der Lage gewesen sei, dass man die Menschen gut versorgt habe. Und, gar nicht ganz normal für einen Politiker rechts der Mitte, sei er sehr stolz darauf, dass man auf den Kanaren kaum rechtextremistisches Gebaren haben würde, was uns von den meisten anderen spanischen Regionen unterscheiden würde. Darauf könnten wir stolz sein, so der Präsident. Gleichzeitig betont der Mann, dass diese Menschen über das Meer fahren würden, weil sie ihr Glück suchen würden und mahnt uns zum Verständnis, weil diese eben nicht qua Geburt die selben Privilegien und Möglichkeiten gehabt haben, wie wir.

Insular hat, bereits Vorgestern, der Sergio zu uns gesprochen. Da ging es um Wirtschaft, was dem Mann irgendwie wichtig zu sein schein. Das mit der Wirtschaft alleine, reicht aber nicht. Die Wirtschaft soll wachsen, sonst ist die traurig die Wirtschaft, wenn es kein Schnellerweiterhöher mehr gibt. Da muss man aber laut Sergio schauen, was man da machen kann, alldieweil unsere momentanen wirtschaftlichen Rösser, nicht mehr wachsen könnten und auch an Zugkraft verlieren würden. Gemeint sind Landwirtschaft und öffentliche Verwaltung. Wobei zumindest bei letzterem seine Regierung demonstriert hat, dass man da durchaus noch was optimieren kann. Was da plötzlich an neuen Pöstchen seitens der Verwaltung aus dem Boden gestampft wurde, kann sich durchaus sehen lassen. Ganze fünf neue Inseldirektoren hat man geschaffen, was in der Legislaturperiode in die Millionen geht, weil eben noch einige Freunde und Parteimitglieder gut untergebracht werden mussten. Wenn man das also konsequent zu Ende bringen würde, da hätte man noch Potential. Aber man muss nun nicht gleich wieder in Lästerei verfallen, deshalb nun zu den Bereichen die laut Sergio die Insel und deren Bewohner ganz nach vorn katapultieren sollen:  Zum einen ist das die Geschichte mit der Wissenschaft und den jungen Startups, von denen nicht nur er, sondern in der Vergangenheit wahrscheinlich alle Provinzpolitiker, in allen Teilen der Welt geträumt haben und noch immer träumen. Silikonisland, Universitätsstandort und so weiter, schwebt ihm da vor. Und zum anderen sieht er in Wachstumspotenzial im Bereich Tourismus. Wobei eben er da was sieht, was andere gar nicht erkennen können, schließlich ist die Sache ja nicht so, dass man dies in der Vergangenheit nicht bereits versucht hätte. Die „Ruine“ der Shoppingzentrums in Cancajos steht da als Beispiel. Und Massentourismus ohne Strände, wie sie die kanarische Konkurrenz hat, können wir nun mal nicht aufbieten. Wenn man nun noch davon ausgeht, dass Fliegen in den kommenden Jahren sich wohl erheblich verteuern dürfte, sollten wir vielleicht eher schauen, dass wir unser Niveau halten. Und da ist Flugscham noch nicht mal eingerechnet, sondern nur die Bemühungen seitens der EU, dass der Spaß erheblich teurer werden wird um irgendwelche Klimaziele zu erreichen. Aber genau hier kommt von unverhoffter Seite Unterstützung. Letzte Woche hat die englische Qualitätszeitung „THE SUN“ nämlich fett die palmerische Werbetrommel gerührt und seiner Leserschaft die Vorteile von La Palma näher gebracht. Der Autor des Artikels erzählt von den Naturschönheiten und angenehmen Temperaturen unserer Insel und dass hier quasi nichts los sei. Und dann gibt es noch das Hautargument für das Zielpublikum dieses Mediums. Hier auf La Palma gibt es billigen Rum. Wenn nun also die Engländer mit dem Ziel der der kostengünstigen Druckbetankung hier bald in Scharen aufschlagen, dann bekommt unser Sergio auch sein Wirtschaftswachstum. Unzählige neue Arbeitsplätze werden da nebenbei auch entstehen. Wir brauchen dann nicht nur Leute, die Alkoholika ausschenken, sondern auch Reinigungskräfte, die die Hotellobbys von Erbrochenem befreien.